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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Die eigentliche Lorana, die in den Bergen des Karsh-Landes entsprang, war bis zur Einmündung rein wie eh und je. Nach dem Zufluss aber führte sie brackiges, stinkendes Wasser. Selamy allerdings roch nichts davon. Die Rüstung schirmte ihn ab.
    Nach einer Weile vernahm er seltsame Geräusche, die durch die Wälder am Fluss hallten. Sie klangen wie rhythmisches Hämmern.
    Der Schmied begann sich zu fragen, wer in der Einsamkeit der Grafschaft Quanbes wohl mit einem solch hörbaren Eifer am Werk war. Gleichzeitig erwachte in ihm die Neugier, denn die Geräusche kamen unzweifelhaft aus der Richtung der Blutquelle. Sie wurden lauter, je mehr er sich näherte.
    Deutlicher hörte er jetzt das Klirren von Meißeln auf hartem Fels. Und dann erschrak er. Die Quelle lag inmitten einer sandigen Lichtung, die von uralten Bäumen umgeben war. Selamy verharrte im Schatten des Waldes.
    Karsh! dachte er.
    Waren sie dem offenbar vom Himmel gefallenen Stein gefolgt, der die Größe eines kleineren Hauses besaß und beim Aufprall einen tiefen Krater in den weichen Boden geschlagen hatte? Hinter alledem steckte zweifellos die Macht des Bösen.
    Der Krater schien sich bis an die Pforten der Erde zu erstrecken, denn aus ihm quoll jenes schweflige Gebräu hervor, das die Lorana zur Kloake werden ließ. Schäumend ergoss es sich in die Blutquelle und vergiftete das dort entspringende Wasser.
    Duprel Selamy bemerkte nicht, dass mehrere Karsh sich von den anderen absonderten und unweit von ihm im Wald verschwanden.
    Dicke Seile lagen überall herum. Mit ihnen schienen die Angehörigen eines der wilden Bergstämme den Stein, der vom Himmel gefallen war, an die Oberfläche der Erde zurückgeholt zu haben. Es war ein runder Brocken ohne viele Vorsprünge oder gar scharfe Kanten. Überhaupt sah er so aus, als habe ein unwahrscheinlich heißes Feuer ihn geschmolzen. Gläsern wirkende Flächen schienen mitten in der Bewegung erstarrt zu sein. Und überall waren Karsh mit Hämmern und ellenlangen Meißeln damit beschäftigt, diesem Felsen eine neue Form zu geben. Was sie schufen, waren die Linien eines Gesichts. Obwohl die Arbeiten noch nicht weit gediehen waren, erkannte Selamy schon jetzt eine stark gekrümmte Hakennase sowie tief in den Höhlen liegende Augen.
    Täuschte er sich, oder war der Blick der steinernen Pupillen stechend auf ihn gerichtet? Der Schmied wollte sich abwenden, aber er brachte den Willen dazu nicht auf. Eisige Schauer liefen seinen Rücken hinunter. Wen immer der Kopf einmal darstellen sollte, solche geradezu unheimlichen Empfindungen konnte nur ein Dämon hervorrufen.
    Selamy war so in seine Betrachtungen versunken, dass er die leisen Schritte nicht wahrnahm, die sich ihm von rückwärts näherten. Erst als es schon zu spät war, wurde er aufmerksam und wirbelte herum.
    Vier Karsh standen hinter ihm, die Schwerter gezückt. Ein fünfter hielt sich abseits, richtete aber drohend Pfeil und Bogen auf ihn. »Komm mit!« forderten sie ihn auf.
    Selamy nahm sich die Freiheit, ihrem Befehl nicht sofort Folge zu leisten. Er vertraute auf die Rüstung, jedoch nicht in dem Maße, dass er sich absolut sicher gefühlt hätte.
    Die Karsh trugen Umhänge aus Bärenfell. Ihre Helme waren einfach und auf gewisse Weise abschreckend: die bleichen
    Schädelplatten von Bergziegen, mit denen noch die Geweihe verbunden waren. An ihren Gürteln hingen primitive, fellbespannte Holzschilde, die wohl keiner guten Klinge zu widerstehen vermochten. Allerdings bildeten ihre Waffen einen krassen Gegensatz dazu. Sie waren eindeutig caerischer Natur.
    »Du sollst gehen«, sagte einer der Karsh.
    »Wohin?« fragte Selamy.
    »Oghan wird entscheiden, was mit dir geschieht.«
    Offenbar zögerte er zu lange, denn der Karsh ließ sein Schwert auf ihn herabsausen. Die doppelt geschliffene Klinge glitt an dem Harnisch ab, ohne in dem Eisen auch nur einen Kratzer zu hinterlassen. Dröhnend hallte es durch den Wald.
    Schon wollten die anderen ebenfalls angreifen, als eine Stimme laut wurde: »Haltet ein!« erklang es hart und befehlsgewohnt.
    Duprel Selamy wandte sich dem Mann zu, der so unverhofft erschienen war. Im nächsten Augenblick meinte er, sein Herz müsse aufhören zu schlagen: Ein Caer-Priester stand vor ihm.
    Sein Gesicht schien so starr wie Obsidian. Auf den Schmied wirkte es unmenschlich, wie eine Fratze des Bösen. Er wusste, dass dieser Mann besessen war.
    Also waren auch die anderen Caer. In ihrer Verkleidung hatten sie unbemerkt in Ugalien

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