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Das Schlangenmaul

Titel: Das Schlangenmaul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Fauser
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Zufahrt zur Garage war verschlossen, auch die schmiedeeiserne Tür in der niedrigen Mauer, die das Grundstück umgab. Ein diskretes Namensschild: N. S.-S. Die einzigen Geräusche, die zu hören waren, Vogelgezirpe, das Grummeln des Verkehrs auf der B 217, vergrößerten nur die Stille. Ich drückte auf den Klingelknopf neben der Sprechanlage. Ich mußte ungefähr eine halbe Minute warten.
    »Ja, bitte?«
    »Harder aus Berlin.«
    »Oh, kommen Sie doch rein.«
    Sie betätigte den Öffner. Von nahem gesehen schien der Garten etwas vernachlässigt, Geräte lagen herum, verfaultes Obst, Blumen hätten geschnitten werden müssen, und einige der Platten, die zur Haustür führten, waren lose. Die Haustür ging auf, ein schwarzer Hirtenhund begrüßte mich begeistert, und die Frau, die da stand, war bestimmt nicht die Haushälterin.
    »Ich finde es toll, daß Sie gleich gekommen sind«, sagte Nora Schäfer-Scheunemann, nachdem der Hund, den sie Sascha nannte, sich etwas beruhigt hatte.
    »Ich hatte den Eindruck, daß die Sache eilt«, sagte ich, nachdem ich meine Stimme einigermaßen unter Kontrolle hatte.
     
    »Wie sind Sie auf die Idee mit dem Bergungsspezialisten verfallen, Herr Harder?«
    Wir saßen in dem Zimmer mit der Fensterfront. Zimmer klingt zu mickrig. Es war ein großer Raum, mindestens 150 Quadratmeter, der in verschiedene Bereiche aufgeteilt war, eine rustikale Eßecke, eine mit Bücherregalen abgegrenzte Fernsehecke, eine Sitzecke, deren Mittelpunkt eine SofaDiwan-Kombination aus verschiedenfarbigen Leder- und Stoffteilen abgab, dazu noch bequeme alte Ledersessel und ein niedriger Glastisch. Die Teppiche hatten das sachte Glühen alter Perser, die Bilder an den Wänden waren Abstrakte, die an die 50er Jahre erinnerten, in dem offenen Kamin lagen noch Holzscheite vom letzten Winter, der Blick durch die Fensterfront war bestimmt viel Geld wert. Aber der auf Nora Schäfer-Scheunemann war besser.
    »Ich wollte mal etwas anderes machen, etwas Ausgefallenes, berufsmäßig Exotisches«, erklärte ich. »Aber nicht in der Heide als alternativer Heidschnuckenschäfer oder Gold schmuggeln in Fernost, sondern etwas, das schon noch mit meinem Beruf zu tun hat. Nur viel direkter in der Ausführung.«
    Sie runzelte die Stirn, und sie war eine Blondine, die sich das erlauben konnte, ohne dümmlich zu wirken. Nora Schäfer-Scheunemann war fast so groß wie ich, und ich bin einsachtzig, schlank, aber nicht mager, hatte eine modisch strähnige Frisur und ein schmales, nicht ganz symmetrisches Gesicht mit weit auseinanderstehenden blaugrünen Augen, einen vollen Mund, der am besten aussah, wenn sie kurz mit der Zunge über die Oberlippe fuhr, einen makellosen Teint und lange Beine. Auf den ersten Blick konnte man sie für eine von den typisch hannoverschen Blondinen aus gutem Haus halten, die so unantastbar aussehen, als ob sie auch auf dem Höhepunkt der Lust nur reinstes Hochdeutsch sprechen; aber wenn man die Augen und den Mund lange genug betrachtet hatte, kam man zu dem Schluß, daß die Höhepunkte, die sie versprachen, völlig anders sein würden. Ich schätzte sie auf Ende Dreißig, Anfang Vierzig, aber sie konnte auch zehn Jahre jünger – oder zehn Jahre älter sein. Sie trug etwas Weißes und Cremefarbenes aus Seide, das ihren Körper umfloß, eine Andeutung von Parfüm, und außer einem Ring nur eine Perlenkette, die so simpel aussah wie alles, was wirklich seinen Preis wert ist. Um die Nase mit den zwei Steilfalten, die sie gar nicht erst mit Make-up zu verdecken suchte, lag eine Härte, die seltsam kontrastierte mit dem Schleier, der ihr Gesicht zu verhängen schien – und ich glaube nicht, daß der von der Herbstsonne im Zimmer kam oder von meinem Anblick. Eher schon von dem, was ich gesagt hatte.
    »Das müssen Sie mir etwas genauer erklären, furchte ich.« Sie beugte sich in ihrem Sessel vor. »Was haben Sie beruflich bisher gemacht?«
    »Ich war Journalist«, sagte ich, »habe von der Pike auf gelernt, habe dann vor allem Serien gemacht, aber dazwischen auch andere Sachen, Werbung, PR …«
    »Journalist!« Die Kerben um ihre Nase vertieften sich. »Dann machen Sie das womöglich nur, um hinterher einen Artikel zu schreiben?«
    »Auf keinen Fall, Frau Schäfer-Scheunemann. Ich arbeite nicht mehr als Journalist. Nur schadet dieser berufliche Background bei dem Job nicht.«
    Sie sah mich schweigend an, wie eine Ware, die man sich per Katalog ins Haus geholt hat, und nun weiß man nicht, was man damit

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