Der Abgrund Kommissar Morry
strahlte grell weißes Licht auf die Anwesenden. Der Mann, der in der Mitte der fünf Personen gestanden hatte, war kein anderer als Alec Grangas.
*
Das Lebensschiff dieses Mannes schien gestrandet zu sein, vielmehr, es drohte in den Wellen der Ereignisse unterzugehen. Ein gemeiner Mord war verübt worden. Sieben Messerstiche hatten das Leben Philip Dales ausgelöscht. Der mutmaßliche Täter war festgenommen worden, er wartete nun auf seine Vernehmung durch den Untersuchungsrichter. Innerhalb kurzer Zeit hatte Kommissar Robberts viel belastendes Material zusammengetragen, das ausreichte, um seine weiteren Schritte in diesem Fall rechtlich zu begründen.
Auch die beiden Konstabler, Jeff Tresscot und Tomy Harper, mußten einsehen, daß hier wohl nichts anderes zu tun gewesen war, daß sie sich in ihrer Annahme eben geirrt hatten.
„Wir haben uns wohl zu sehr von menschlichen Gefühlen leiten lassen!“ stellten sie abschließend fest — und machten sich am die ihnen von Kommissar Robberts aufgetragene Arbeit.
Träge schlich für die beiden Männer dieser Vormittag dahin. — Als sie jedoch gegen Mittag ins Headquarter zurückkehrten, erlebten sie eine sensationelle Überraschung...
„Kommissar Morry erwartet euch in seinem Zimmer. Er scheint ganz schön in Fahrt zu sein...“ wurde ihnen schon bei Betreten des weitläufigen Gebäudes von New Scotland Yard durch den Auskunftsbeamten mitgeteilt.
„Mal sachte, Freundchen!" hatte Jeff Tresscot zwar dem Manne erwidert, war aber dann doch schleunigst mit seinem Kollegen zum Zimmer des eigentlichen Leiters des I. Dezernats geeilt.
Als sie das Office ihres Chefs betraten, bemerkten sie sogleich, daß der Kamerad mal wieder gewaltig übertrieben hatte.
Ohne die geringsten Anzeichen einer Verärgerung saß der Kommissar hinter seinem Schreibtisch und sah seinen beiden besten Tecks freundlich entgegen.
„Nun, ihr beiden, habt ihr den Galgen für Grangas schon errichtet?“ fragte er nach kurzer Begrüßung. Er sah seine beiden Männer fragend an.
Wenn er wirklich auf eine Antwort gewartet hätte, würde er nun eine Enttäuschung erleben. Seine beiden Tecks enthielten sich nämlich vorerst einer Meinungsäußerung und sahen sich stumm an.
Daher fuhr Morry, daß Thema erörternd, fort: „Nun, ihr braucht ja auch nicht euren Namen unter die Ermittlungsberichte zu setzen. Dafür ist ja Morry da. — Aber diesmal werde ich es mir noch reiflich überlegen. Kommissar Robberts habe ich es inzwischen schon wissen lassen, daß er selbst verantwortlich für diesen Fall zeichnen soll. — Er hat es anscheinend krumm genommen und sich beim Chef darüber beschwert. Ich warte auf den Ruf zum Chef."
Noch hatte Kommissar Morry den letzten Satz nicht ganz ausgesprochen, als auch schon das Telefon auf seinem Tisch zu läuten begann. Der Herr Sektionspräsident war persönlich am Apparat.
„Yes, Sir!" war Morrys ruhige Erwiderung, als der Chef des Yard ihn zu einer Besprechung auf sein Zimmer bat.
Als der Kommissar den Hörer wieder auf die Gabel zurückgelegt hatte, wandte er sich noch einmal an seine beiden Mitarbeiter.
„Jungens, ich kann mir schon denken, was man nun von mir verlangen wird. — Schafft daher schon inzwischen alle Unterlagen des Falles Grangas herbei. Studiert sie eingehend, ich möchte bei meiner Rückkehr eure Meinung darüber wissen!"
Was Morry erwartet hatte, traf ein. Wenige Minuten später saß er dem Sektionspräsidenten in dessen Office gegenüber.
„Morry, ich habe soeben eine mir sehr unangenehme Unterredung mit einem Herrn Ihres Dezernates gehabt", begann der Sektionspräsident nach kurzer Einleitung, auf den Kern der Sache kommend.
„Nennen wir das Kind ruhig beim Namen, Sir. — Mein bisheriger Vertreter, Kommissar Robberts, hat meine Weigerung, die an die Staatsanwaltschaft abgehenden Schriftstücke zu unterzeichnen, als eine, sagen wir, Unfähigkeitserklärung aufgefaßt“, nahm der Kommissar sogleich das Thema auf.
„Hm! — Ist es denn nicht so?"
„Keineswegs, Sir! — Ich habe Robberts lediglich zu erkennen gegeben, daß er den Fall selbst weiterleiten soll. Das heißt, er soll seinen Namen unter die von ihm geführten Ermittlungen setzen. Ich bin zwar der Leiter des Dezernats, habe aber infolge meiner Abwesenheit keinen Einblick in diesen Fall nehmen können."
„Zugegeben, Morry! — Sie wollen Ihren Namen aus den von Ihnen angegebenen Gründen heraushalten. Dieses Recht steht Ihnen zu. — Aber, da Sie sich doch
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