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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hochgeschwender
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liberal-aufgeklärten Weltanschauung, die eine aggressive Dynamik zu entfalten vermochte und gegenüber sämtlichen traditional legitimierten Partikularismen eine in hohem Maße militante Unduldsamkeit an den Tag legte. So ist es kein Zufall, daß der moderne, territorial vereinheitlichte Nationalstaat wesentlich als das Produkt von Kriegen und Bürgerkriegen angesehen wird, wie es neben dem amerikanischen Bürgerkrieg etwa der Schweizer Sonderbundskrieg, die deutschen und italienischen Einigungskriege sowie die bürgerlichen Revolutionen der Zeit nach 1789 nahelegen. Ähnliches gilt für die innenpolitischen und gesellschaftlichen Konflikte des 19. Jahrhunderts, die endlosen Streitigkeiten zwischen Liberalen und Konservativen, Katholiken, Sozialisten, Juden und Freimaurern, die alle eines gemeinsam hatten: Sie galten mit Blick auf den liberalen Einheitsstaat als unsichere Kantonisten, als Verfechter einer scheinbar obsolet gewordenen Partikularität. In den Vereinigten Staaten wurde die gerade im Hochimperialismus global feststellbare rabiate Aggressivität des liberalen Kapitalismus noch durch die früh einsetzende Fundamentalpolitisierung der gesamten Gesellschaft ab etwa den 1820er und 1830er Jahren, die Radikalität des evangelikal-apokalyptischen Enthusiasmus derselben Jahre und dem daraus resultierenden Moralismus der Diskussionen über die brennende Sklavenfrage inmitten einer durch industrielle Modernisierungsprozesse prekären gesamtgesellschaftlichen Situation erheblich angeheizt. Angesichts der damit verbundenen Unfähigkeit, Uneindeutigkeiten und gesellschaftliche Abweichungen zu ertragen, war das konservativ-revolutionäre Experiment der Freiheit und Gleichheit weißer Männer, als welches die junge Republik in Gestalt einer konföderativen Union begonnen hatte, bereits frühzeitig zum Scheitern verurteilt. Im Scheitern der Tradition aber zeigte sich dann die relative Funktionstüchtigkeit der bürgerlich-kapitalistischenDemokratie und des Nationalstaates, der nach dem Bürgerkrieg allmählich an die Stelle der republikanischen Union des späten 18. Jahrhunderts trat. Das bedeutete gleichwohl weder, daß der liberale Nationalstaat die einzige, noch daß er eine vollkommene Alternative zum überkommenen System gewesen wäre. Insbesondere konnte er gerade im Fall der USA nicht den hehren ethischen Ansprüchen gerecht werden, mit denen er angetreten war. Dies lag sowohl an gesellschaftlichen und konstitutionellen Widerständigkeiten, die einen vollständigen Übergang zum nationalen Einheitsstaat auf egalitärer Grundlage verhinderten, als auch an dem inhärenten Streben des liberalen Nationalismus nach Expansion und Marktkontrolle, das schließlich in den Ersten Weltkrieg mündete. Für die 1830er bis 1870er Jahre war dies indes noch nicht absehbar. Vielmehr drehte sich das Geschehen im Bewußtsein der Zeitgenossen um die Suche nach einer Form von staatlicher Organisation und sozioökonomischer Ordnung, die den Strukturbedingungen der Zeit mitsamt ihrem rapiden Wandel angemessen erschien. Ohne Konflikt aber war der Wandel angesichts harscher gesellschaftlicher Widersprüche und wirtschaftlich machtvoller Opposition offenbar nicht zu bewältigen. Diesem tragischen Transformationsprozeß, der gleichermaßen global wie national war, will der vorliegende Band nachspüren.

I. Ein unvermeidbarer Konflikt:
Die Vorgeschichte
1. Das geteilte Haus: Strukturunterschiede zwischen Nord und Süd
    Wann immer zwischen den Jahrzehnten um 1780 und 1870 ausländische Beobachter einen Blick auf die Vereinigten Staaten warfen, fielen ihnen zwei zentrale Punkte auf: der Wandel der Lebensverhältnisse und die Differenz zwischen Nord und Süd. Ein Zeitreisender aus dem Mittelalter hätte kaum Probleme gehabt,sich in der amerikanischen Gesellschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts zurechtzufinden. Die USA, wie weite Teile Europas und des Rests der Welt, waren weiterhin ein agrarisch geprägtes Land mit ein paar wenigen mittelgroßen Städten. Der Lebensrhythmus war von der landwirtschaftlichen Produktionsweise, dem Wetter und den schlechten Transport- und Kommunikationsbedingungen geprägt. Was zum Beispiel in Washington, der Hauptstadt des Landes, geschah, erfuhren die Bewohner des flachen Landes, vor allem, wenn sie an der stetig nach Westen vorrückenden Grenze, der
frontier
, lebten, oft erst Wochen später, wenn es niemanden mehr interessierte. Gewiß, es existierten bereits erste technologische Errungenschaften,

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