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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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dessen Familie ausgestoßen und des Hauses verwiesen wurde. Sie drohten, ihm seine leiblichen Kinder zu entziehen, sollte er seinem Heilzauber nicht entsagen.
    Sunil hatte ihn wohl kommen sehen, denn er fing ihn noch auf dem Pfad ab. “Was hast du hier zu suchen?”, knurrte er hasserfüllt.
    “Ich bitte um ein Gespräch mit dir.”
    “Wenn du nur den Mund aufmachst, verspottest du schon die Götter. Außerdem habe ich zu tun. Ich muss Vorbereitungen treffen.”
    Fern an der tiefsten Stelle des Horizonts zog das erste Grau der Morgendämmerung herauf. Bald schon, so schätzte Devadas, musste die Opferzeremonie beginnen. Den Blick an Sunil vorbei auf das Haus der Familie gerichtet, stellte er sich vor, wie Ohana in der Kammer, die sie mit ihren zwei Schwestern teilte, auf ihrer Binsenmatte ruhte.
    Rasul hatte ihn auf Knien angefleht, auf den Gang zu verzichten, doch Devadas war fest entschlossen, seine Liebste vor dem Opfertod zu erretten. Ganz gleich, was geschehen mochte. Das schuldete er Ohana für das, was er ihr genommen hatte, auch wenn sie sich ihm freiwillig hingegeben hatte.
    Anfangs war alles ganz unverfänglich gewesen. Seine Frau hatte ihn rausgeworfen; Devadas hatte über ein Jahr allein in der Werkstatt gehaust, in der er mit seinem Bruder arbeitete. Eines Tages hatte ihn Ohana aufgesucht, weil sie unter ständigen, unerträglichen Kopfschmerzen litt.
    Fünf Mal war sie wiedergekommen. Beim sechsten hatte er ihr Leiden mit seiner Musik geheilt und ihr eine Schale Tee angeboten. Im Laufe der Unterhaltung war ihm aufgegangen, dass ihre Schmerzen von der Furcht vor ihrer bevorstehenden Vermählung mit einem Seefahrer herrührten. Es war üblich, dass junge Mädchen von den Vätern verheiratet wurden. Ohana jedoch widersetzte sich und weigerte sich, einen Bräutigam zu heiraten, den sie gar nicht kannte. Devadas hatte Verständnis für diese Haltung; er und sein Bruder wandten sich ebenfalls gegen diese überkommenen Regeln.
    Als die Sonne unterging, sprachen sie über ihre unterschiedlichen Glaubensvorstellungen. Ohana verfügte über eine rasche Auffassungsgabe, und ihre Wissbegier war so ehrlich, dass Devadas sich gleich zu ihr hingezogen fühlte. Zu sehr, wie sich erweisen sollte.
    An jenem Tag hatte ihre gefährliche Liebschaft begonnen, eine Liebe, die sich im Verborgenen abspielte. Des Öfteren hatte Devadas versucht, das Abenteuer zu beenden, doch jedes Mal hatte Ohana ihn umgestimmt. Dass es früh genug enden würde, sagte sie; ihr Zukünftiger würde demnächst von seiner Seereise zurückkehren.
    Vor einem Monat jedoch war die Kunde eingetroffen, dass ihr Bräutigam ertrunken sei. Sunil sah in dieser Tragödie das Zeichen, dass seine Tochter dazu bestimmt war, das Menschenopfer zu werden, das die Dorfbewohner zum alljährlichen Sonnenwendfest brachten.
    Ob Ohana überhaupt wusste, was der dämmernde Tag für sie bringen sollte? Schlummerte sie noch friedlich, oder starrte sie durch die Fensteröffnung hinauf zum mondlosen Firmament, den eigenen Tod vor Augen? Bei dem Gedanken wurde ihm eiskalt ums Herz.
    “Ich bitte dich, Sunil, hör mich einen Augenblick an!”, bat Devadas, bemüht, sich möglichst demütig zu geben, denn nur so konnte es gehen.
    “Na, meinetwegen”, brummte Ohanas Vater. “Ich muss sowieso Holz sammeln.” Er wandte sich zum Flussufer und zum heiligen Hain, der dort wuchs – Ashoka-Bäume, hoch und kerzengerade wie Wächter. Devadas half ihm beim Aufklauben von Reisig, Zweigen und Ästen, die der Alte brauchte, um das Feuer auf dem Altar zu entfachen. Obwohl es noch dunkel war, glommen die melonenfarbenen Blüten so hell, als glühten sie innerlich, und die Luft war so erfüllt von ihrem schweren, süßen Duft, dass es Devadas ganz flau davon wurde. Es hieß, wenn man die Blüten wusch und dieses Wasser dann trank, sei man vor allem Unheil gefeit. Sämtliche Heilkundigen hielten Krüge mit diesem Wasser bereit.
    “Hast du noch immer die Absicht, deine Tochter bei Sonnenaufgang den Göttern zu weihen?”, fragte Devadas schließlich.
    “Was geht das dich an? Du, dessen Namen ‘Diener der Götter’ bedeutet – ausgerechnet du stellst mir an einem heiligen Tag diese Frage?”
    Nicht mehr lange, dann würden Menschenscharen von nah und fern erscheinen, um die neue Jahreszeit feierlich willkommen zu heißen. Noch aber war kein Pilger zu sehen. Devadas wusste, dass er daher ungefährdet sprechen konnte, ohne belauscht zu werden.
    “Ich bin gekommen, um dir Folgendes

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