Der Engel von Santa Marguerita
wollte, ob das mit dem Vornamen auch klappte.
Sie wiederholte den Namen langsam, meinte aber: „Ich dachte, Sie heißen Chester mit Vornamen. Aber mein Gedächtnis läßt immer mehr nach.“
„Streng genommen“, erwiderte ich, während ich mit ihr zu meinem Wagen ging, „heiße ich Charles Chester. Es ist schon sehr lange her, daß wir zusammen in Boston waren.“
Natürlich, Collins war klüger gewesen und hatte meinen richtigen Vornamen genannt. Ich bekam allmählich Respekt vor ihm; jedenfalls sah er nicht halb so gerissen aus, wie er zu sein schien. Wenn ich nur genau gewußt hätte, wo er zur Zeit steckte.
Während sie den einen, ich den andern Koffer zum Haus trug, fragte ich so nebenbei: „Ist Lynn schon auf?“
„Nein, Mr. Manning, — das heißt, sicher ist er schon auf und wird bald kommen. Er erwartet Sie ja um zehn Uhr.“
„Ist er denn schon unterwegs, so früh am Tag?“
Wir traten in den Hausflur und sie zeigte auf eine Treppe.
„Da hinauf, bitte! — Nein, Mr. Manning.“ Sie lächelte mich halb verschmitzt, halb vertraulich an. „Er kommt ab und zu erst so spät nach Hause.“
„Ach ja!“ rief ich augenzwinkernd und lachend. „Das sagte er mir ja, — Miß — Miß — wie heißt sie nur?“
„Miß Forjeon, Miß Arlene Forjeon.“ Sie legte die Hand an den Mund und flüsterte mir zu: „Ich bin sicher, daß sie bald heiraten werden.“
So sicher war ich da nicht; aber ich nickte und antwortete: „Ja, — das sagte er mir gestern auch.“
Sie stieß die Tür zu einem Zimmer auf und rief überrascht: „Was! Das hat er Ihnen gesagt? So ein Schwerenöter, — und mir gegenüber streitet er’s immer ab.“
Ich nahm mir vor, von jetzt an mit meinen Bemerkungen etwas sparsamer zu sein.
Mein Zimmer war geräumig, altmodisch aber ausreichend möbliert und hatte einen Balkon nach vorn hinaus. Ich sah unten meinen Wagen stehen und hörte Mr. Smith, der aufgewacht war und einen mörderischen Krach veranstaltete.
Ich wandte mich an die Frau, die mit über dem Bauch gefalteten Händen hinter mir stand: „Mögen Sie Hunde, Mrs...“
„Ich heiße Arillaga, Sir. Mein Mann sorgt für die Kaninchen, und ich besorge Mr. Collins’ Haushalt und mache die Büros sauber, wissen Sie. — O ja, ich mag Hunde sehr gern. Ist das Ihrer, der da so herzzerreißend jault?“
„Ja, — er langweilt sich.“
Ich pfiff, und Mr. Smith wedelte zu mir herauf. Ich vertröstete ihn auf später; zunächst wollte ich von Mrs. Arillaga noch einiges erfahren. Dabei wurde ich das Gefühl nicht los, als sei hier irgendwo eine Bombe mit Zeitzünder vergraben, deren Uhrwerk bereits tickte.
Mrs. Arillaga zeigte mir das Bad und fragte, ob ich sonst noch etwas brauche.
„Ist sie nett?“ fragte ich, „ich meine Miß Forjeon?“
„Reizend ist sie, Sir, ganz reizend. Es wäre bestimmt die richtige Frau für Mr. Collins. Und hübsch ist sie auch, sehr hübsch. Drüben in seinem Zimmer steht ein Bild von ihr. Ich verstehe nicht, daß er heute so lange ausbleibt; sonst ist er die Pünktlichkeit selber.“
„Ich denke“, lenkte ich ab, „ich werde nun der Familie drüben guten Tag sagen. Wie mir Lynn sagte, sollte heute eine Motorbootfahrt nach Catalina stattfinden.“
„Ach“, sagte ich, „da brauchen Sie nicht extra ‘rüber zu gehen; es genügt doch, wenn Mr. Collins gleich herüberkommt. Er kann Sie dann später vorstellen.“
Ich deutete mit dem Daumen hinüber.
„Eine ziemlich zahlreiche Familie. Sind sie alle da?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Das weiß man nie. Sie sind wie die Bienen, kommen und gehen, gehen und kommen. Aber verreist ist niemand, soviel ich weiß.“
„Wie ist denn die alte Dame, — nett?“
Sie schnitt ein Gesicht. „Nett? So nett wie ein Kaffeetopf oder ein Waschbrett. Sie sagt ja oder nein und sonst nichts. Seit der Herr gestorben ist, wird sie allerdings etwas munterer. Sie hat sich auch einen neuen Wagen gekauft und geht hin und wieder aus, was sie früher nie getan hat.“
„Und der Arzt, Doktor Dardington? War wohl ein ziemlich schwieriger alter Herr, was?“
„Ach, der hatte eben seinen Sparren mit den Kaninchen. Nur Kaninchen hatte er im Kopf, sonst gar nichts. Ich hatte schon Angst, Mr. Collins würde genauso werden; hoffentlich gewöhnt ihm Miß Forjeon das ab.“
„Was treibt eigentlich Miß Forjeon?“
„Hat er Ihnen das nicht gesagt? Sie ist doch Assistentin hier. Sie kam schon vor sechs Jahren her. Sie macht im Labor die Anneliesen.“
Ich
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