Der Federmann
Richtung der großen Skulptur, die drei Riesen aus Aluminium darstellte, sie rangen im Wasser miteinander oder tanzten. Er hatte das nie richtig begriffen.
Er sah, wie sich der Mund seiner Tochter bewegte, auf und zu, ihr Haar flatterte im Wind, aber alles war so fern von ihm.
Ich darf sie nicht enttäuschen, dachte er wieder.
»Jetzt bist du dran, Papa.«
Sie ließ die Ruder sinken und erhob sich.
Das Boot schwankte.
Es geschah, als er ebenfalls aufstand, um auf ihren Platz zu wechseln. Er hörte erst das Kreischen, dann war die Möwe herangeschossen und rauschte dicht über seinen Kopf hinweg.
Sein Herz krampfte sich zusammen, er rang nach Luft.
Stöhnend sank er auf die Holzbank zurück. Emily stand vor ihm im schaukelnden Boot und sah auf ihn herab.
Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen.
»Was ist denn?«
Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
Die Möwe war längst fort, aber die Angst hielt ihn fest umklammert.
»Wir müssen umkehren«, keuchte er.
»Aber wir sind doch gerade erst –«
»Bitte, Emily, schnell.«
Der Schweiß drang ihm aus allen Poren, er zitterte.
»Nun mach schon.«
Emily sah ihn irritiert an.
»Ich erklär dir das später, Em, ja?« Er erschrak selbst über seine brüchige Stimme. »Aber es ist sehr, sehr wichtig, dass du jetzt umkehrst.«
Sie runzelte die Stirn.
Dann setzte sie sich wortlos, nahm die Ruder und wendete das Boot.
»Brauchen Sie einen Arzt?«, fragte der Bootsverleiher.
Trojan schüttelte den Kopf.
»Natürlich braucht er einen Arzt«, stieß Emily hervor. »Irgendwas ist doch mit ihm.«
Trojan lehnte erschöpft an einem Poller und rieb sich die Brust. Mit der anderen Hand fischte er sein Handy hervor.
»Emily, was hältst du davon, wenn du wieder zu Mama fährst?«
»Ich lass dich doch jetzt nicht im Stich, Paps.«
Trojan murmelte ein paar kurze Sätze in das Handy. Der Bootsverleiher zuckte mit den Schultern und kümmerte sich um die nächsten Kunden, die auf dem Steg warteten.
Als Trojan das Gespräch beendet hatte, sah er seine Tochter an. »Es tut mir so leid, Emily.«
»Was denn, Paps?«
»Es sollte doch ein schöner Tag werden.«
»Ist es auch so«, sagte sie, aber die Verstimmung war ihr anzumerken.
Er war noch immer zittrig, wollte sich aber nicht so vor seiner Tochter zeigen.
Und dann kam ein Streifenwagen und holte sie beide ab.
Sie fuhren zurück zu seiner Wohnung.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Emily.
»Es ist nichts weiter. Ich hab nur etwas in meinem Briefkasten gefunden, was mit dem Fall zu tun hat, an dem ich gerade arbeite.«
»Aber das hättest du mir doch sagen können.«
Er schaute sie bloß schweigend an.
Kurz darauf hatten sich Krach, Gerber und Holbrecht im Treppenhaus versammelt, auch die Kriminaltechniker trafen ein.
Er bat Emily, oben in der Wohnung auf ihn zu warten.
Die Techniker untersuchten den Briefkasten und brachten den Vogel und das Papier ins Labor.
Er unterrichtete die Kollegen über das Notwendigste. Einige Zeit später kam Landsberg hinzu. Er schaute Trojan besorgt an und sagte, er solle sich erst einmal ausruhen.
Emily zog sich auf Trojans Bitte hin in ihr Zimmer zurück.
Er sank in der Küche auf einen Stuhl und nippte an dem Glas Wasser, das ihm Landsberg gereicht hatte.
»Nils, das tut mir alles so leid. Wenn ich es zu dieser Scheißsendung geschafft hätte, wäre das alles nicht passiert. «
»Bist du dir sicher? Dann hätte der Kerl es jetzt vielleicht auf dich abgesehen.«
»Woher kennt der nur deine Adresse?«
Das war die entscheidende Frage, die Frage, die ihn am meisten ängstigte.
»Darüber habe ich natürlich auch schon nachgedacht. Er muss mich wohl beobachtet haben.«
»Hier kannst du nicht bleiben. Wir besorgen dir eine andere Wohnung.«
»Nein.«
»Nils, sei doch vernünftig.«
»Dieses Schwein vertreibt mich nicht aus meinen eigenen vier Wänden.«
Landsberg klopfte seine Jacketttasche ab und holte eine Zigarettenpackung hervor. »Darf ich hier rauchen?«
»Wenn es unbedingt sein muss.«
Seine Hand zitterte, als er sich die Kippe anzündete.
Er stieß den Rauch aus und sagte: »Wenn du hierbleibst, Nils, musst du immer deine Waffe bei dir haben, ist das klar?«
Trojan legte den Finger an die Lippen. »Nicht so laut, bitte, meine Tochter –«
»Sie kann unmöglich hierbleiben.«
»Ist mir schon klar.«
Landsberg inhalierte. »Wir werden dir einen Wachpolizisten abstellen, unten auf der Straße, nur zur Sicherheit an deinem
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