Der gefährliche Drache
abzuschließen. Zu Hause oder in Finch ließ ich ihn immer unverschlossen, aber der Anblick der unzähligen unbekannten Wagen gemahnte mich daran, dass ich nicht länger nur von Menschen umgeben war, die ich kannte und denen ich vertraute.
Vom Parkplatz aus sah ich, dass der Bishop’s Wood von einem drei Meter hohen hölzernen Sicherheitszaun umgeben war, der zweifellos dazu diente, Schmarotzer fernzuhalten, die sich das Eintrittsgeld sparen wollten. Das aufsehenerregendste Bauwerk der Kirmes erblickte ich erst, als ich die Gruppe von etwa hundert Schaulustigen erreicht hatte, die auf Einlass warteten. Calvin Malverns Bautrupps hatten weder eine Wasserburg noch einen feuerspeienden Drachen errichtet, sondern hervorragende Arbeit geleistet, indem sie ein großartiges mittelalterliches Torhaus nachempfunden hatten.
Die eindrucksvolle Konstruktion war mit farbenprächtigen Bannern geschmückt; nach oben hin schloss sie mit einem mit Zinnen versehenen Wehrgang ab und wurde flankiert von zwei viereckigen Türmen, die an die zehn Meter hoch und ebenfalls bezinnt waren. Auf mittlerer Höhe beider Türme war je eine Tür eingelassen, die Zugang zum Wehrgang bot, und von den Türmen wehten Flaggen, was darauf schließen ließ, dass ihre Plattformen durch Falltüren erreichbar waren. Ebenerdig waren drei breite Tore mit Rundbögen nebeneinander in das Torhaus eingelassen, und darüber hing ein vergoldetes Holzschild, auf dem in roten und blauen gotischen Lettern stand: HAUPTTHOR.
Ich nahm an, dass das Torhaus aus Sperrholz und Gips errichtet war, doch die kunstvoll gefertigten Oberflächen mit ihrer täuschend echten Struktur waren bemalt und sahen aus wie grob behauener Stein, und die Türen schienen aus massiver Eiche zu bestehen. In der Luft hing noch der Geruch nach frischer Farbe und Sägemehl, der davon zeugte, dass die Bauarbeiten gerade erst abgeschlossen worden waren.
Obwohl die drei »Hauptthore« noch fest verschlossen waren, hatte das Unterhaltungsprogramm bereits begonnen. Ein Jongleur, ein Lautenspieler und eine Frau mit einer Riesenschlange um die Schultern standen auf dem Kieselvorplatz des Torhauses. Alle drei trugen historische Gewänder und unterhielten das wartende Publikum mit geistreichen Sprüchen und schlagfertigen Repliken, sodass die Schaulustigen immer wieder in Gelächter ausbrachen. Während ich die Schlange betrachtete und daran dachte, wie gern Rob und Will sie gestreichelt hätten, trat Lilian Bunting neben mich.
»Ist das nicht aufregend?«, fragte sie, und ihre grauen Augen leuchteten.
»Bisher ist es nicht schlecht«, antwortete ich. »Calvin muss eine riesige Werbekampagne gestartet haben. Ich hätte nicht erwartet, dass schon am Eröffnungstag so viele Menschen kommen.«
»Hast du die vielen Autos bemerkt, die heute Morgen auf eurer Straße unterwegs waren?«
»Ich kam nicht umhin, sie zu bemerken. Ich bin es nicht gewohnt, in beide Richtungen zu blicken, bevor ich aus der Ausfahrt fahre.«
»Du wirst dich daran gewöhnen müssen«, meinte Lilian. »Ich bin sicher, dass die Tagesausflügler eure Straße als Abkürzung benutzen werden. Außerdem wohnen einige Darsteller im Dorf und werden an den Wochenenden auf dem Weg zur Arbeit an eurem Cottage vorbeifahren.«
»Seit wann wohnen einige der Darsteller im Dorf?«, erkundigte ich mich überrascht.
»Seit gestern. Sally hat ihr Gästezimmer an einen Zauberkünstler vermietet, in den Zimmern über dem Pub der Peacocks wohnen zwei Jongleure, und die beiden neuen Bewohner des Crabtree Cottage beherbergen einen Pantomimen.«
»Wenn du mich fragst, dann haben Grant und Charles die beste Wahl getroffen«, sagte ich. »Ein Pantomime ist der ideale Gast. Man merkt kaum, dass er da ist.«
»Wie wahr.« Lilian sah zu, wie der Jongleur in einen der Äpfel biss, mit denen er jonglierte, und fügte dann wehmütig hinzu: »Es gibt Zeiten, da wünschte ich, ich hätte einen Milchmann geheiratet statt einen Pfarrer. Mir ist schleierhaft, wie ich mich morgen auf Teddys Predigt konzentrieren soll, wenn ich daran denke, was ich hier verpasse. Ich fürchte, wir werden diesen Sommer einen Rückgang an Kirchenbesuchern verbuchen, was sich auch auf den Klingelbeutel auswirken wird.«
»Vielleicht wird König Wilfreds Spende fürs Kirchendach den Verlust wettmachen«, sagte ich.
»Das kann man nur hoffen. Hast du schon eine Eintrittskarte gekauft?«, fragte sie. Als ich den Kopf schüttelte, deutete sie auf einen Schalter, der linkerhand vom Torhaus
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