Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
oftmals hatte er sich zum Gespött aller gemacht, wenn der Bewunderte seine Einfältigkeit wieder einmal mit Hilfe von Gedächtniskunststücken für alle sichtbar machte. Verschämt hatte Guiseppe sich dann jedes Mal davongeschlichen, aber immer wieder suchte er den Kontakt zu ihm, spürte, dass etwas Großes, etwas Erhabenes von ihm ausging. Doch Giordano, schien es, wollte nichts von ihm wissen. Er verhöhnte und verspottete ihn, wo er nur konnte. Hieß ihn in den hitzigen Debatten über Heilige und die Marienverehrung einen ignoranten Tölpel und Hohlkopf. Einen, der mit Blindheit geschlagen war, wie alle anderen Mitbrüder auch, der willenlos wiederkäute, was man ihm als Gedankenfutter zum Fraß vorwarf. Oft war ihm das Gesicht mit der markanten Nase, ebenmäßig wie bei einer griechischen Statue, den hellen, klaren mit einem Stich ins Bläuliche gehenden Augen und dem stets spöttischen Zug um die Mundwinkel im Traum erschienen, hatte ihn einfach nur ausgelacht oder aber forsch zu mehr Mut zum selbständigen Denken aufgefordert.
Guiseppe hegte schon seit einiger Zeit den Verdacht, dass der Tag nicht mehr fern war, da Giordano aus dem Kloster fliehen würde. Auch hatte er die Gespräche des Klostervorstandes belauscht, in denen es darum ging, ob man Rom von dem ketzerischen Treiben Giordano Brunos informieren sollte. Als er merkte, dass der Tag, an dem Giordano den Orden verlassen würde, nahte, offenbarte er sich dem Prior. Der lobte ihn und versicherte ihm, dass der Auftrag, ihm zu folgen, nur zum Besten des verirrten Schafes sei. Man wolle den Mitbruder ziehen lassen, aber sollte er nicht zur Besinnung kommen, war er unverzüglich der Kirchenobrigkeit auszuliefern, und diese Aufgabe war nun Guiseppe zuteilgeworden. Noch wenige Monate zuvor hatte er sich auf die Seite Giordanos gestellt, hatte ihn vor den Anfeindungen offenbar neidischer Mitbrüder in Schutz genommen. Er war auf der Hut und allzeit bereit gewesen, den Mitbruder zu warnen. Leider war er zu spät gekommen, als er bemerkt hatte, dass man das Buchversteck im Abtritt entdeckt hatte. In letzter Sekunde hatte er versucht, die Bücher an sich zu nehmen und vor den neugierigen Blicken der Mönche in Sicherheit zu bringen. Mehrmals hatte er dem Prior des Klosters berichten müssen, worüber der Hitzkopf sich wieder einmal in Rage geredet hatte, und jedes Mal musste er nach so einem Gespräch zur Beichte, um sich von der Sünde der Lüge zu reinigen. Der Prior und sein Stellvertreter hatten ihn in langen nächtlichen Gesprächen davon überzeugt, dass der von ihm Bewunderte irrte und dass eine Gefahr für die Gläubigen von ihm ausging. Ab diesem Zeitpunkt war er bereit gewesen, alles zum Schutze ihrer ehrwürdigen Gemeinschaft zu tun, und doch nagte etwas in seiner Brust, das er sich nicht erklären konnte und das er auch durch noch so häufiges Beten und Selbstkasteiung nicht loswurde.
Auch Guiseppe hatte unter seiner Bettstatt seinen Wanderranzen bereit, gefüllt mit Lebensmitteln, einer Kniebundhose und einem weiten Leinenhemd, die er anstelle der weißen Leinenkutte der Dominikanermönche überziehen würde, sobald es sein Auftrag verlangte. Der Prior hatte ihm auch einen Beutel mit Gulden gegeben, damit, sollte seine Reise von längerer Dauer sein, für das Nötigste gesorgt sei. Er war von zierlicher Gestalt, wog kaum so viel wie ein kleines Schaf, wie seine Mitbrüder immer wieder lästernd feststellten, wenn sie beim gemeinsamen Bade waren. Dennoch folgte er Giordano barfuß, damit das Knarren der Holzdielen ihn nicht verriet. Egal, wo die Reise hinging, Guiseppe würde von nun an in seiner Nähe sein, und er wollte dafür sorgen, dass er so bald als möglich reumütig in den Schoss des Klosters zurückkehrte.
Kapitel 5
Giordanos Mutter schlug die Hände vors Gesicht. „Mein Junge, mein Junge!“ Weinend, lachend küsste und herzte sie ihren Sohn. „Mein Junge, mein Junge“, stammelte sie, mehr konnte sie nicht sagen. Giordano lächelte matt. Er freute sich sehr, sie zu sehen, sie, zu der er immer ein herzliches Verhältnis gehabt hatte. Die kleine, gedrungene Frau tastete nun mit ihren von der harten Feldarbeit rauh und schwielig gewordenen Fingern das knochige Gesicht ihres Sohnes ab, als müsse sie erst mit den Händen fühlen, begreifen, dass ihr Giordano leibhaftig vor ihr stand. Über sechs Jahre war es nun her, dass sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Es schien ihm, als trüge sie immer noch dasselbe dunkelbraune, an manchen
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