Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
zu lieben. Giordano besuchte auch öffentliche Vorlesungen außerhalb der Klostermauern. Die freie, wortgewaltige Rede mancher Professoren ließ in ihm den Wunsch wachsen, irgendwann einmal ebenso vor den Studierenden zu stehen und sie an seinem Wissen teilhaben zu lassen.
Die Hunde hatten ihr Geheul aufgegeben, und eine der Katzen hatte sich auf dem Schoß Giordanos niedergelassen, ließ sich den Rücken kraulen und gab dabei sanft schnurrende Laute von sich. Ohne eine Antwort abzuwarten, hatte seine Mutter Brot, Käse und einen Krug mit frischem Wasser, das sie rasch aus dem hauseigenen Brunnen in dem kleinen Gemüsegarten hinter dem Haus geholt hatte, auf den Tisch gestellt. Immer noch hatte er kein Wort gesprochen. „Wo mag denn der Vater sein?“, dachte er.
„Dein Vater ist draußen bei den Ziegen auf der Weide.“ Es war, als hätte sie seine Gedanken erraten. „ Schon zwei Mal ist uns in letzter Zeit ein Jungtier abhandengekommen, und dein Vater wird wohl die ganze Nacht wachen und sehen, wer der freche Dieb ist.“ Giordano schmunzelte. Er kannte seinen Vater nur zu gut. Er würde so lange bei den Tieren bleiben, ja selbst draußen übernachten, bis er herausgefunden hatte, wer es wagte, sich an seinem Eigentum zu vergreifen. Sicher war der alte Soldat gut bewaffnet. Geübt im Kampf Mann gegen Mann, brauchte man sich keine Sorgen um ihn zu machen, auch wenn er es mit einer größeren Diebesbande oder einem wilden Tier zu tun bekäme. Wortlos ließ er sich das Essen schmecken, leerte den Krug in einem Zug. Der klobige, unebene Holztisch ließ Kindheitserinnerungen in ihm wach werden. Immer noch gab es eine große, dicke, weiße Kerze in der Mitte des Tisches wie die, mit deren Wachs er als Junge so gern gespielt hatte, ließen sich daraus doch herrliche Kügelchen und andere Gebilde formen. Sein Vater hatte ihm einmal kleine Holztiere und Figuren von Kriegern von einem seiner Feldzüge mitgebracht. Mit diesen hatte der kleine Junge dann stundenlang im Schein der Kerze gespielt, während draußen der scharfe Wind von den nahen Bergen pfiff.
Giordano nickte nur, als seine Mutter ihn fragte, ob er länger bleiben wolle. Immer noch traute sie sich nicht, ihn zu fragen, warum er denn nun hier sei. Sie wusste nur zu gut, dass er darauf lediglich antworten würde, wenn er wirklich wollte. Also ließ sie ihm Zeit. Drängte ihn nicht.
Sie musterte ihn. Wie dünn er geworden war … das dunkle Haar hing strähnig in sein Gesicht. Die Haut war gebräunt von der langen Wanderung in der Sonne, an manchen Stellen begann sie sich bereits zu lösen. Nach dem Mahl legte er sich in sein altes Bett und merkte gar nicht mehr, wie ihm seine Mutter die wunden Füße mit einer kühlenden Salbe einrieb.
Wie es weitergeht, erfahren Sie in:
Andreas Weinek
Nacht des Ketzers
Ein Roman um Giordano Bruno
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