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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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verschiedener Farbe und Größe, ein mächtiger Hirschkäfer mit vielen andern Käfern schmachteten bald in den Behältern, welche ordentlich aufeinandergetürmt waren. Mehrere große Spinnen versahen in Wahrheit die Stelle der wilden Tiger für mich, da ich sie entsetzlich fürchtete und nur mit großem Umschweife gefangen hatte. Mit schauerlichem Behagen betrachtete ich die Wehrlosen, bis eines Tages eine Kreuzspinne aus ihrem Käfige brach und mir rasend über Hand und Kleid lief. Der Schrecken vermehrte jedoch mein Interesse an der kleinen Menagerie, und ich fütterte sie sehr regelmäßig, führte auch andere Kinder herbei und erklärte ihnen die Bestien mit großem Pathos. Ein junger Weih, welchen ich erwarb, war der große Königsadler, die Eidechsen Krokodile, und die Schlangen wurden sorgsam aus ihren Tüchern hervorgehoben und einer Puppe um die Glieder gelegt. Dann saß ich wieder stundenlang allein vor den trauernden Tieren und betrachtete ihre Bewegungen. Die Maus hatte sich längst durchgebissen und war verschwunden, die Blindschleiche war längst zerbrochen, so wie die Schwänze sämtlicher Krokodile, das Kaninchen war mager wie ein Gerippe und hatte doch keinen Platz mehr in seinem Käfig, alle übrigen Tiere starben ab und machten mich melancholisch, so daß ich beschloß, sie sämtlich zu töten und zu begraben. Ich nahm ein dünnes langes Eisen, machte es glühend und drang mit zitternder Hand damit durch die Gitter und begann ein greuliches Blutbad anzurichten. Aber die Geschöpfe waren mir alle lieb geworden, auch erschreckte mich das Zucken des zerstörten Organismus, und ich mußte innehalten. Ich eilte in den Hof hinunter, machte eine Grube unter den Vogelbeerbäumchen, worin ich die ganze Sammlung, tote, halbtote und lebende, in ihren Kasten kopfüber warf und eilig verscharrte. Meine Mutter sagte, als sie es sah, ich hätte die Tiere nur wieder ins Freie tragen sollen, wo ich sie geholt hätte, vielleicht wären sie dort wieder gesund geworden. Ich sah dies ein und bereute meine Tat; der Rasenplatz war aber lange eine schauerliche Stätte für mich, und ich wagte nie jener kindlichen Neugierde zu gehorchen, welche es immer antreibt, etwas Vergrabenes wieder auszugraben und anzusehen.
    Bei Frau Margret tat sich mir die nächste Spielerei auf. In einer verrückten, marktschreierischen Theosophie, welche ich unter ihren Büchern fand, war eine Anweisung enthalten, die vier Elemente zu veranschaulichen, nebst andern kindischen Experimenten und den dazugehörigen Tafeln. Nach diesen Vorschriften nahm ich eine große Phiole, füllte sie zum Vierteile mit Sand, zum Vierteile mit Wasser, dann mit Öl, und das letzte Vierteil ließ ich mit Luft gefüllt. Die Materien sonderten sich nach ihrer Schwere auseinander und stellten nun in dem geschlossenen Raume die vier Elemente vor: Erde, Wasser, Feuer (das Brennöl!) und Luft. Ich schüttelte sie tüchtig durcheinander, daraus entstand das Chaos, welches sich wieder aufs schönste abklärte, und ich saß sehr vergnügt vor der höchst gelehrten Erscheinung.
    Dann nahm ich Bogen Papier und zeichnete darauf, nach den Angaben jenes Buches, große Sphären mit Kreisen und Linien kreuz und quer, farbig begrenzt und mit Zahlen und lateinischen Lettern besetzt. Die vier Weltgegenden, Zonen und Pole, Himmelsräume, Elemente, Temperamente, Tugenden und Laster, Menschen und Geister, Erde, Hölle, Zwischenreich, die sieben Himmel, alles war toll und doch nach einer gewissen Ordnung durcheinandergeworfen und gab ein angestrengtes, lohnendes Bemühen. Alle Sphären wurden mit entsprechenden Seelen bevölkert, welche darin gedeihen konnten. Ich bezeichnete sie mit Sternen und diese mit Namen; der glückseligste war mein Vater, zunächst dem Auge Gottes, noch innerhalb des Dreieckes, und schien durch dieses allsehende Auge auf die Mutter und mich herunterzuschauen, welche in den schönsten Gegenden der Erde spazierten.
    Meine Widersacher aber schmachteten sämtlich in der Hölle, wo der Böse mit einem ansehnlichen Schwanze begabt war. Je nach dem Verhalten der Menschen veränderte ich ihre Stellungen, beförderte sie in reinere Gegenden oder setzte sie zurück, wo Heulen und Zähnklappen war. Manchen ließ ich prüfungsweise im Unbestimmten schweben, sperrte auch wohl zwei, die sich im Leben nicht ausstehen mochten, zusammen in eine abgelegene Region, indessen ich zwei andere, die sich gern hatten, trennte, um sie nach vielen Prüfungen zusammenzubringen an einem

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