Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
ging er die Straße entlang, die zum Hafen führte. Er ließ sich von den Touristenmassen treiben, wie in einem unendlichen Meer, einem Ozean aus unterschiedlichsten Körpern und verschiedensten Gerüchen. Knapp vor der Abzweigung zum Yachthafen war die Straße von der Polizei abgeriegelt worden und die Touristenströme wurden über Seitenstraßen zum Hafen dirigiert. Mehrere Polizeifahrzeuge und Krankenwagen mit rotierenden Blaulichtern blockierten eine schmale Straße, die zum Markt hinaufführte.
Er ließ sich mit den Massen zum Hafen und zu den berühmten Cafés hinuntertreiben, die er noch nie gesehen hatte.
„Weiter oben haben Gangster eine Boutique überfallen“, hörte er eine Frau aufgeregt zu ihrer Nachbarin sagen. „Die Besitzerin, Madame Destalles, und ein Wachmann wurden erschossen!“ Machmud wurde langsam weitergeschoben und der nicht enden wollende Touristenstrom schwappte in den Hafen mit den riesigen Yachten, den Luxusautos und dem protzigen Reichtum, der ihm so fremd war wie das ganze, oberflächliche Leben in Europa. Als er auf das Meer hinausblickte, sah er am äußersten Ende der Bucht zwei Jetskis, die sich eine wilde Verfolgungsjagd lieferten. Im Hafen nahm jedoch niemand davon Notiz davon, hier bereiteten sich alle auf den Abend und die endlose Nacht vor.
Ziellos schlenderte Machmud an den glitzernden Cafés vorüber, in denen junge Mädchen in knappen Outfits mit glänzenden Augen saßen und auf die Yachten und deren Besitzer starrten. Das war nicht das Zeichen Allahs, das er sich erhofft hatte, in dieser mit Lust und Reichtum elektrisch aufgeladenen Atmosphäre westlicher Dekadenz konnte er keinen Hinweis entdecken, der ihm den Weg wies.
Immer wieder wurde er von den Touristen weitergeschoben, bis zu einem azurblauen Rolls-Royce, der vor dem Heck einer dreistöckigen Yacht parkte. Machmud erkannte den Wagen sofort wieder. Am Nachmittag waren die blonden Mädchen damit an den Strand gefahren, jetzt war der Wagen leer und schien auf ihn zu warten. Vorsichtig strich Machmud über den Lack und schloss die Augen. War das sein erhofftes Zeichen? Wie von selbst fuhren seine Hände über das Schloss des Kofferraums und öffneten es. Doch umringt von hunderten von Touristen war es unmöglich, in den Kofferraum zu steigen, ohne gesehen zu werden. War der azurblaue Wagen doch nicht das richtige Zeichen? Ratlos blickte Machmud nach oben in die schwarzblaue Dämmerung.
Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge, als ein Rockstar in Begleitung einer Schauspielerin von finster blickenden Bodyguards durch die Touristen gelotst wurde. Die ganze Aufmerksamkeit war auf den Rockstar und seine Begleitung gerichtet, Machmud kannte zwar seinen Namen, hatte aber noch nie ein Lied von ihm gehört. Überall wurden die Handys für Fotos gezückt, niemand beachtete Machmud, der den Kofferraum des azurblauen Wagens öffnete, lautlos hineinkletterte und den Deckel von innen wieder schloss.
„Es ist Allahs Wille“, murmelte Machmud und wartete, bis sich sein Herzschlag wieder etwas beruhigt hatte. Sogar der Kofferraum des Rolls-Royce war mit teuren Stoffen ausgekleidet, die so weich waren, wie sie Machmud noch nie gefühlt hatte. Vorsichtig zog er den Dolch aus dem Bund seiner Jeans und wickelte das rote Samttuch von der Klinge. Dann umfasste er den mit schwarzem Klebeband umwickelten Griff fest mit der Hand und war bereit dafür, die gekrümmte Klinge demjenigen sofort in den Hals zu stoßen, der es wagen würde, den Kofferraum zu öffnen und sein Versteck preiszugeben. Jeder, der sich zwischen ihn und sein Ziel stellen würde, musste sterben. So stand es geschrieben.
17. Saint-Tropez – vom Zentrum zum alten Fischerhafen
Zum ersten Mal sah Leyla Khan das Zielobjekt ihrer Mission direkt von Angesicht zu Angesicht. Langsam ließ sie den Blick über den Mann schweifen, der am Fuß der Mauer kauerte und wie unter Schock die Krone seiner Uhr drehte. Jedes Detail wollte sie erfassen, die streichholzkurzen blonden Haare, das gebräunte, gut geschnittene Gesicht, auch die kleine Narbe, die seine rechte Augenbraue teilte. Die Augen des Mannes waren blau und erinnerten sie an das blaue Meer und das weiße Haus, das sie sich von dem Extrabonus kaufen würde, wenn sie die Mission erfolgreich beendete.
Jede ihrer Missionen war bisher positiv verlaufen, jedes Mal hatte Brian Farruk sie gelobt und ihr ein großzügiges Honorar überwiesen, doch diesmal übertraf der Extrabonus alle ihre Erwartungen. Nach dieser
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