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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Augustus Brine hatte sich das Vertrauen und die Loyalität der alten Männer schon vor langer Zeit erworben, so daß keiner von ihnen auch nur im Traum daran gedacht hätte, Wein, Käse, Köder oder Benzin irgendwo anders zu kaufen, obwohl seine Preise gut dreißig Prozent über denen des Supermarktes am Ende der Straße lagen.
    Aber konnte einem denn einer der pickelgesichtigen Verkäufer im Thrifty-Mart einen Tip geben, welchen Köder man am besten verwendete, um nach Steindorschen zu angeln, oder mit einem Rezept für eine elegante Dillsauce aufwarten, die zu eben jenem Fisch hervorragend paßte, und den entsprechenden Wein aussuchen, um das Mahl zu komplettieren, wobei er sich gleichzeitig nach dem Wohlergehen jedes einzelnen ihm namentlich bekannten Mitglieds einer drei Generationen umfassenden Familie erkundigte? Die Antwort war – nein! Und das war das Erfolgsrezept von Augustus Brine, der innerhalb einer auf Touristen ausgerichteten Wirtschaft sein Geschäft ausschließlich mit einheimischer Kundschaft blendend am Laufen hielt.
    Brine machte sich auf den Weg zum Tresen, wo eine attraktive Frau in einer Kellnerinnenschürze ungeduldig auf ihn wartete und dabei einen Fünfdollarschein immer wieder aufs neue zusammenfaltete.
    »Für fünf Dollar Bleifrei, Gus«, sagte sie und warf Brine den Geldschein hin.
    »Schlimme Nacht gehabt, Jenny?«
    »Sieht man's mir an?« Hektisch zupfte sich Jenny ihre rostbraunen Haare zurecht und strich sich die Schürze glatt.
    »War nur so eine Vermutung«, sagte Brine lächelnd und ließ seine Zähne aufblitzen, denen der jahrelange Kaffeekonsum und das Pfeiferauchen eine gelbliche Patina verliehen hatten. »Die Jungs haben mir erzählt, daß in der ganzen Stadt gestern einiges los war.«
    »Ach so, die Hunde. Ich dachte, das wäre nur in meiner Nachbarschaft gewesen. Ich hab bis vier Uhr kein Auge zugemacht, und dann hat das Telefon geklingelt und mich aufgeweckt.«
    »Ich hab gehört, daß du und Robert euch getrennt habt«, sagte Brine.
    »Hat das irgend jemand in die Zeitung gesetzt, oder was? Wir sind doch erst seit ein paar Tagen auseinander.« Sie war hörbar verärgert, denn in ihrer Stimme klang ein unangenehmes Krächzen mit.
    »Na ja, die Stadt ist ja so groß nun auch wieder nicht«, sagte Brine beschwichtigend. »Ich wollte nicht neugierig sein.«
    »Entschuldige, Gus. Aber ich hab einfach nicht genug geschlafen. Ich bin so müde, daß ich schon Wahnvorstellungen habe. Auf dem Weg hierher war mir so, als hätte ich Wayne Newton gehört, wie er singt ›What a friend we have in Jesus‹.«
    »Vielleicht war's ja auch so.«
    »Die Musik kam aber aus einem Baumstamm. Ich sag dir, ich bin schon die ganze Woche völlig neben der Spur.«
    Brine reichte über die Ladentheke und tätschelte ihr die Hand. »Sicher ist nur, daß nix sicher ist – was die Sache aber auch nicht einfacher macht. Gönn dir einfach mal eine Pause.«
    Just da kam Vance McNally, der Fahrer des Krankenwagens, zur Tür hereingerauscht. Das Funkgerät an seinem Gürtel gab ein Gebritzel von sich, als sei er gerade einer Friteuse entstiegen. »Ratet mal, wer gestern nacht den Löffel abgegeben hat?« fragte er offensichtlich in der Hoffnung, daß niemand die Antwort wußte.
    Alle drehten sich zu ihm um und warteten, daß er endlich mit der Neuigkeit herausrückte. Vance genoß ihre Ungeduld für einen Augenblick. Er kam sich mächtig wichtig und bedeutend vor. Schließlich sagte er: »Milo Tobin.«
    »Unser Immobilienhai und Baulöwe?« fragte George.
    »Genau der. Irgendwann gegen Mitternacht hat's ihn erwischt. Wir haben ihn gerade eingetütet.« Dann wandte er sich an Brine und sagte: »Kann ich 'ne Schachtel Marlboros haben?«
    Die alten Männer schauten sich gegenseitig forschend an. Keiner wußte, was er sagen sollte, und jeder hoffte, die Antwort darauf in den Gesichtern der anderen zu finden, in der Erwartung, daß jemand endlich sagte, was alle dachten, nämlich: »Da hätt's kaum einen Besseren treffen können« oder »Gut, daß er weg ist.« Doch andererseits wußten alle, daß es beim nächsten Mal, wenn Vance auf seine unnachahmlich feinfühlige Art das Dahinscheiden eines Bewohners von Pine Cove verkündete, um einen von ihnen gehen könnte, und so überlegte jeder fieberhaft, ob ihm nicht doch etwas Nettes einfiele. Man parkt ja auch nicht auf dem Behindertenparkplatz, außer die Mächte des Schicksals geben einem einen guten Grund dazu. Und so redet man auch nicht schlecht über die

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