Der kleine Wassermann
einen Klaps mit dem Stecken.
Der kleine Wassermann wunderte sich, dass es Häuschen auf Rädern gab. Er hätte sie gern aus der Nähe betrachtet. Aber während er noch überlegte, ob er von seiner Weide hinunterspringen und an die Landstraße laufen sollte, bogen die grünen Häuschen in die Wiese ein und kamen zum Mühlenweiher gefahren. Dicht vor der alten Weide hielten sie an.
Trockene Füße!
Die Menschenmänner spannten die Pferde aus und banden ihnen mit Stricken die Vorderfüße zusammen. Dann ließen sie die Pferde machen, was sie wollten. Die Pferde liefen ein Stück in die Wiese und begannen Gras zu fressen.
Inzwischen waren ein paar Frauen und Kinder aus den grünen Häuschen heraus geklettert. Sie hatten alle braune Gesichter und braune Schultern und braune Beine und Arme. Die Frauen trugen glitzernde Ohrringe, die Kinder hatten zerrissene Hemden an und alle, sogar die Männer, hatten langes, kohlschwarzes Haar. Sie sahen ganz anders aus als die Menschen, die der kleine Wassermann bisher immer gesehen hatte.
Die Frauen holten dürres Schilf herbei und zündeten ein Feuer an. Dann hängten sie einen verbeulten Kessel über die Flammen und kochten Suppe. Die Kinder liefen zwischen den grünen Häuschen hin und her; manche spielten Verstecken, manche balgten sich herum, alle zusammen machten ein Heidengeschrei. Die Männer hockten ein wenig abseits in der Sonne, rauchten aus kurzen Tabakspfeifen und erzählten sich Geschichten.
Nach dem Essen holte der eine Mann den großen, zottigen Hund, der hinter dem letzten Häuschen gelaufen war
und einen Ring durch die Nase hatte. Der Mann schlug mit den Fingern auf eine kleine Trommel, der große Hund stellte sich auf die Hinterpfoten und tanzte dazu. Es sah sehr drollig aus, wie er da herumtappte und dabei brummte. Wenn er eine Weile getanzt hatte, durfte er sich ausruhen und bekam zum Lohn ein Stück Zucker. Dann musste er sich von Neuem auf die Hinterpfoten stellen und weitertanzen.
Der kleine Wassermann saß auf der alten Weide und wurde nicht müde, den fremden Menschen und ihrem Riesenhund zuzuschauen. Einmal war es ihm zwar, als hörte er seinen Vater nach ihm rufen, aber er achtete nicht darauf. Er gab keine Antwort und blieb sitzen.
Die Sonne stand schon tief unten am Himmel, als die fremden Männer ihre Pferde einfingen und wieder vor die grünen Häuschen spannten. Die Frauen und Kinder stiegen ein, der große Hund musste an die Kette und dann fuhren die Häuschen mit Hü und Hott auf die Straße zurück und rumpelten davon.
Der kleine Wassermann sah ihnen nach, bis sie hinter den Hügeln verschwunden waren. Er merkte auf einmal, dass er sehr matt war.
Als er nach Hause kam, fragte die Wassermannmutter: „Wo hast du so lang gesteckt?" Aber bevor er noch etwas antworten konnte, schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen und rief entsetzt: „Wie du aussiehst! Du hast ja ganz trockene Füße!"
Der kleine Wassermann schaute auf seine Füße. Waren sie wirklich trocken geworden, als er so lange Zeit auf der alten Weide gesessen hatte, in Sonne und Wind? Ach, ihm war ja so elend zumute, es drehte sich alles vor seinen Augen.
„Gleich ziehst du die Stiefel aus!", fuhr ihn die Mutter an. „Weißt du nicht, dass man krank wird, wenn man sich trockene Füße holt? Warum bist du nicht rechtzeitig heimgekommen? Marsch jetzt, ins Bett mit dir! Aber schnell!"
Sie steckte den kleinen Wassermann schleunigst ins Bett und machte ihm einen nassen Wickel um die Füße. Dem kleinen Wassermann fielen die Augen zu, er schlief ein.
Als der Wassermannvater nach Hause kam, sagte die Wassermannmutter: „Du hättest ihm aber auch sagen müssen, dass man als Wassermann nicht einen ganzen Tag an der Luft bleiben darf! Woher soll der Junge das wissen? Wenn er jetzt krank wird, bist du daran schuld!"
Da rieb sich der Wassermannvater verlegen das Kinn und meinte: „Ja, ja. Aber warten wir erst einmal ab, ob er wirklich so krank wird, wie du fürchtest. Ein Wassermannjunge, der niemals mit trockenen Füßen nach Hause kommt, ist doch kein Wassermannjunge."
Regen, wo bist du?
Ein paar Tage lang musste der kleine Wassermann nun zur Strafe zu Hause bleiben, da half ihm kein Bitten und Betteln. Er dachte verdrossen: Wenn ich doch wenigstens richtig krank geworden wäre! Aber ich habe ja nicht einmal einen Schnupfen bekommen. Die Mutter ist viel, viel zu ängstlich mit mir. Wenn es nach ihr ginge, dürfte ich überhaupt nicht mehr fort. Und sehnsüchtig schaute er zu
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