Der König der Narren
näher und legte sie auf ihr Gesicht.
» W enn ihr m ich erstic k en wollt«, sa gte sie, »dann tut es jetzt. Uns blei b t nicht m ehr viel Zeit. Ich werde m ich nicht wehren o der fliehen, ganz wie ich es versprochen habe. Aber wenn ihr ebenso genug von Zerstörung habt wie ich, dann lasst uns das Ende zusammen abwarten, ohne ihm auch noch zu hel f en.«
Die hellen Strahlen der Sonne, die im m er noch hoch über ihnen stand, in jenem Teil des H i m m els, den das Nichts noch nicht bedeckte, fielen auf die rötlichen Sandges t alten, die still blieben; auf Yen Tao-tzu und die Katze, die s i e b eo b achteten; a u f Res, die m it ihrem zerrisse n en Kleid, an d em i mmer noch Lehmbrocken hingen, den Leonesinnen nicht ein m al sehr unäh n lich sah. Die Sonne fing sich in dem Messer aus klarem Fenelin- S ilber, das ihr vom Hals hing und das Lic h t z u rückwarf, wie es der Schnee vorher getan hatte, nur m i t noch größerer Klarheit.
In einem Spiegelbild.
» W as für e i ne herzergreifende k l ei n e Ansprache«, sagte die Fürstin. Das Spiegelbild im Messer ließ sie direkt vor Res auftauchen, ähnlich zerfetzt ge k lei d et wie Res, aber nicht länger gebrochen. In ihren Händen hielt sie einen Krug m i t W asser, den sie, noch während sie sprach, über den Leonesinnen l e erte. Anders als bei der L eonesin, die sich in S assafranien auf den n a ssen Teppich geworfen hatte, blieb den beiden Schwestern noch nicht ein m al Zeit für einen Sch m erzensschrei, doch der nasse S and, der in sich zusammenglitt, suchte einander m it ver z wei f elter H a st.
Mit einem Satz s p rang d i e Kat z e an der Fürstin hoch, um ihr die Krallen ins Gesicht zu schlage n . Die Fürstin war schneller und schlug sie m it einer einzigen Handbewegung zur Seite, vom Teppich hinunter. Der kleine Körper drehte sich m ehrfach um sich selbst und raste im m er schneller dem Boden e n tgegen, bis er von der gewaltigen Kraft des Nichts erfasst und zur Seite gerissen wurde.
»Teppich«, schrie Res, doch die Fürstin lachte und hielt ihr den Mund zu. Hinter ihr erhob sich Y e n Tao-tzu. » N icht doch«, sagte die Fürstin und nutzte ihre Flügel, um m it Res über den Teppich zu schweben, außer Reich w eite von Yen Tao-tzu.
Res versuchte, sich freizukä m p fen oder zu m i ndest an ihren Dolch zu kom m en u m sonst. Gerade, dass sie einen Arm frei hatte, um sich die Schlinge über den Kopf zu strei f en, aber dann gelang es der Fürstin, ihr den Finger zurückzubiegen, den kleinen, verstüm m e lten Finger, und Dolch wie Schlinge fielen.
» W as denn«, spottete di e Fürstin, » d u will s t dich von Fre m d e n ersticken lassen, und m i r gönnst du nichts ? «
Res bekam ihren Mund frei und rief nach dem Teppich. »Du kannst es nur herauszögern«, sagte die Fürstin, »weil…« Sie hielt inne. » W as was ist das?«
Es war die Anziehungskraft des N i chts, die sie spürte, und nicht allein diese. Mit dem Teppich hob sich ihnen eine nassdunkle Sand m asse entgegen und w a rf sich m it einem letzten klagenden Knirschen auf die Fürstin. Mit aller Kra f t, die ihr noch verblieben war, riss Res sich los, und der Stoß sch l euderte die Fürstin und das, was von den Leonesinnen noch übrig war, m ehr als eine Bau m l ä nge weit vom Teppich fort.
Sie fielen nicht zu Boden, und d a s lag nicht an den flatternden Flügelschlägen der Fürstin. Der Sog, der vom Nichts ausging, hatte sie erfasst und riss sie immer schneller der riesigen, blinden Vernichtung entgegen.
»Res…«, rief die Fürstin, ein lang gezogener, klagender Schrei, doch selbst ihre Stim m e verklang rascher und rascher.
Was auch immer die W i rkung des Nichts auf Res verlangsa m t hatte, war i n zwischen a u ch abgeklungen. Sie m a chte Anstalten, sich der Fürstin hinterherzustürzen, als Yen Tao-tzu ihr die unzerstörbare Schlinge um das Handgelenk warf. Das andere Ende hatte er um seinen Arm g e wickelt; den Dolch, durch dessen Spiegelbild die Fürstin zu ihnen gekom m en w a r, hatte er f ortgeworfen. So tief die Schnur auch in Re s ’ Arm schnitt, sie r i ss n i cht. Es war schlim m er, als im Lehm zu schw i m m en; jedes kleine b i sschen in ihr schrie danach, sich ins Nichts zu stürzen.
»Die Katz e «, schl u chzte sie, a l s si e in m itten all des rei ß enden Sch m erzes wieder zu einem Gedanken in der Lage war, »w ir m üssen…«
»Die Katze ist b er e its i n s Nichts ge s tür z t«, ent ge gnete Yen Taotzu. »Aber vergiss nicht sie stam m t
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