Der König der Narren
ins Unbekannte. Er war ein guter Freund, und sie hätte ihn vorhin beinahe einen Feigling genannt. Nun galt es, selbst Mut zu zeigen.
»Der Korb da… hat sich bewegt!«, stieß sie hervor.
Als wären ihre W orte ein Zeichen gewesen, begann das Weidengeflecht er n eut zu zittern, ja h i n und her zu rutschen. Außerd e m drangen dumpfe Laute aus dem Inneren.
»Oh«, sagte Res erleichtert und sch a lt sich töricht. »Es ist etwas darin eingesperrt.«
»Ja, aber was ? «, gab Kunla zurück.
Dies m al war sie ernsthaft versu c ht, auf ihn zu hören und die Garde zu holen. Sollten die Wächter doch den W eidenkorb öffnen. Aber sie hatte sich noch etwas zu bewei s en. Zögernd rutschte sie wieder an den Korb heran. Er w ar m it e i nem landrinischen Knoten geschlossen, doch nach all den Jahren Unter r icht von ihrer Mutter gab es wenige verknüpfte Fäden, die sie nicht lösen konnte.
»Du!«, begann Kunla, stockte und seufzte. » D u m achst ja doch im m er, was du willst . «
In W ahrheit hatte sie Mühe, ihre Hände am Zittern zu hindern, aber sie versuchte so unbekümmert und m utig wie m öglich die Achseln zu zucken. Ihre Finger war e n feucht, und ein paar m al glitt ihr der Knoten einfach aus der Hand. D a nn löste er sich. Sie schluckte und hob m it der anderen Hand vorsichtig den D eckel auf, Stück für winziges S t ück. Im dichten Dunkel des W agens fiel es ihr schwer, Einzelheiten auszu m achen, und durch den sch m al en Rand unter dem Deckel zu schielen brachte noch weniger.
Res öffnete den Korb ein wenig weiter. Noch ehe sie Zeit hatte, Luft zu holen, flog ihr etwas ent g egen, warm und ungestü m , das sich so he f tig in sie ver k r a llte, dass i h r Är m el am Oberarm zerri s s.
»Eine Katze!«, stieß Kunla hervor u nd r e tt e te R es so davor, sich durch einen weiteren Sch r ei zu b lamieren. I h r fehlte noch im m er ein wenig die Luft, aber als sie auf das Pelzknäuel niederblickte, das sich an ihr f esthielt, war es tatsäc h lich ei ne Katze, mit einem Fell so hellgelb wie frisch ge m achte Butter und blauen Augen. Ihr kleiner, war m er Körper fühlte sich etwas feucht an; sie ro c h nach Angst, nach Eingesperrt sein und dem Drang nach Freiheit. Nichts Verblasstes war an ihr.
»Katze, was ist hier geschehen ? «, fragte Res und spürte, wie sich die Krallen etwas lockerten. Doch die Katze blieb stumm, b i s auf ein Maunzen, das begann, sobald Res Anstalten m achte, sich vom Fleck zu rühren.
»Schon gut«, sagte Res hilflos.
»Ich glaube, sie hat ein f ach Hunger«, m einte Kunla. » W er weiß, wie lange sie hier eingesperrt war.«
Schließlich wanderten Res und Kunla m it d e r Katze, den ja mm ernden Meilenstein hinter sich lassend, in den Ort zurück. Das Haus, in dem Res wohnte, lag näher, also schlichen s ie so lei s e wie möglich hinein, um der Katze zu t r inken zu geben. Das Tier schleckte bereits ei f rig die Milch, die Res ihr hingestellt hatte, als Res’ Mutter d ie Küc h e betrat.
»Guten Morgen, W eberin Krin«, sagte Kunla m i t verlegener Miene, und Res biss sich auf die L i ppen. Ihre Mutter schwieg; sie brauchte nicht zu sprec h en, um i h r d eutlich zu machen, dass sie enttäuscht war. Mit ihrem kurzen purpurnen Haar und den Schatten unter den Augen sah sie aus wie ein beschwerter Blütenkelch, und ihre Hände, die Wunder erschaffen konnt e n, hingen wie erschöpfte Blätter an ihr e r Seite.
»Morgen«, sagte Res hastig, »fange ich m it den Plänen für m ein Gesellenstück an. Aber es ist etwas geschehen…«
»Es wird immer etwas geschehe n «, erwiderte ihre Mutter. »Es wird im m er etwas geben, das dir wichtiger erscheint, wenn du so weiter m achst. Eine W eberin von S i ridom kannst du nicht zwischendurch sein, wenn du gerade Lust dazu hast. Es ist eine Ehre, der m a n sein ganzes Herz schenkt, s onst ist m an ihr e r nic h t wert.«
Kunla hielt es für geraten, sich zu verabschieden. »Ich werde m einem Vater Bescheid wegen des Trosses geben«, sagte er zu Res, verbeugte sich vor Krin und suchte hastig das W eite.
Einen Moment lang wünschte sich Res, sie wären trotz der hungrigen Katze gleich zu Kunlas Vater oder zur Garde gegangen. Dann hätte sie nicht nur die Begegnung m it ihrer Mutter etwas aufschieben, sondern auch als E r ste von d e m leeren Tross berichten können.
Ihr Blick fiel auf die Katze, die gerade die letzt e n Reste der Milch aufschleckte. Ohne dich wäre ich jetzt nic h t hi e r , dachte s i e. Zu ihrer Überraschu n
Weitere Kostenlose Bücher