Der Krankentröster (German Edition)
natürlich großartig, wie bei »Geld oder Liebe«, das wollte ich auch in meiner nächsten Bühnenshow machen, und in unser Buch passt das natürlich wunderbar rein. Der Witz mit den jüdischen Omas ist klasse! Michas süßen Kommentar könnte man in einer Einleitung zum Buch zitieren, wenn das für ihn in Ordnung ist, mich hat das sehr bewegt. Die anderen Sachen lese ich in Ruhe heute Abend, verlasse nämlich gleich Köln in Richtung Kassel, irgendwo am Arsch der Ewigkeit, wo ich heute und morgen lese. Ab Freitagabend bin ich dann wieder in Berlin für drei Tage. Ich melde mich!
Liebe Grüße
Jürgen
Lieber Jürgen,
da bist Du ja gerade in meiner Heimatstadt. Ich hoffe, Du fühlst dich wohl in Kassel. Es gibt dort sehr schöne Plätze. Leider hat Kassel eine sehr hohe Arbeitslosenzahl. Liegt halt auch ziemlich in der Pampa. Doch auch gerade deswegen gibt es dort noch viel unberührte Natur. Aber nun gut. Tag fünf nach meiner Leukämiediagnose mussten wir uns entscheiden, ob ich Teil einer Studie werde oder nicht. Das war keine leichte Entscheidung, und uns blieb nicht viel Zeit zum Recherchieren. Per Zufall sollte bei der Studie entschieden werden, ob ich die normale Standardtherapie bekomme oder die normale Standardtherapie zusammen mit einem neuen Medikament. Dieses verursacht mehr Nebenwirkungen, verringert wohl aber die Rückfallquote. Zumindest soll das in der Studie bewiesen werden.
Nun gut, ich habe zugestimmt und wurde für das herkömmliche Verfahren gelost. Den Goldarm. Darüber war ich später dann auch glücklich, weil wir von anderen Ärzten hörten, dass die Sterblichkeitsrate bei der Zugabe dieses neuen Medikaments höher sei, wegen der Nebenwirkungen halt. Der Vorteil, generell Teil einer Studie zu sein, ist, dass man versichert ist und die Ärzte einen noch ein klein wenig mehr beobachten.
Aber weshalb ich das so ausführlich erzähle, ist die Idee einer Rubrik der unsinnigsten Studien der Welt. Denn es gibt für fast alles eine Studie. Momentan führt ein Kölner Arzt eine Studie durch, bei der er Patienten auf einem Fahrrad strampeln lässt, während die Chemo einläuft. Beweisen möchte er damit, dass diese 1. weniger Nebenwirkungen haben als die Nichtstrampler, und 2. möchte er die ideale Wattzahl ermitteln, bei der gestrampelt werden muss.
So könnten wir in der Rubrik z. B. darauf eingehen: »Was machen Sie, wenn Ihr Arzt Ihnen vorschlägt, an einer Studie teilzunehmen?« Oder einfach über die unsinnigsten Studien der Welt schreiben. Hier sind einige Links zu den unsinnigsten Studien, wo Du sie nachlesen kannst. Am besten gefällt mir die McDonalds-Studie. Bei der nachgewiesen wurde, dass das runde M uns an weibliche Brüste erinnert. ☺
http://www.dumitrescu.de und dort bei Suche das Stichwort »Studien« eingeben.
http://www.unmoralische.de/studien.htm
Und ein Thema fiel mir noch ein, als ich Michas Text zu diesem Tag las. Es gibt Hypochonder und das Gegenteil. Ich bin, glaube ich, beides. Im tiefsten Innern ein Hypochonder, was ich aber nach außen nie zugeben würde, denn da geht es mir immer gut, und alles ist okay, egal, wie schlecht es mir geht.
Heute kämpfe ich besonders mit dem Hypochonder in mir. Zum Abendessen hatte ich ein Pulver im Hagebuttentee, das sich auf dem Boden abgesetzt hatte und bitter schmeckte. Als ich die Schwester, innerlich panisch, äußerlich ruhig wie ein buddhistischer Mönch, fragte, was das sein kann, rief sie die Ärztin und die Stationsküche an. Nun liege ich hier seit dem Abendessen unter Beobachtung und soll mich melden, falls ein Taubheitsgefühl, Atemnot, Hautausschlag oder Sonstiges auftritt, dann würde das Pulver ins Labor geschickt. So, nun muss ich innerlicher Hypochonder aufpassen, dass ich mir das aus lauter Panik nicht einbilde. Mundtrockenheit habe ich schon, und da kommt gerade die Stationsärztin herein und sagt, dass sie sich alle das »Pulver«, das sich mittlerweile in einem Reagenzglas befindet, angeschaut hätten und eine Schwester auf die Idee kam, dass es doch einfach Kalk sein könnte, der sich aus der Maschine gelöst hat. Also simpler Kalk wohl und kein Terroranschlag oder ein schwarzer Engel, der uns hier auf der Krebsstation erlösen wollte.
Als ich mich eben mit der Stationsärztin über die Psyche – und wie sie in so einem Falle reagiert – unterhielt, sagte sie, dass es doch allen so geht. Sie hätte sich einmal Chemo über die Hand gegossen, und obwohl sie sie sofort abgewaschen hat, musste sie
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