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Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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auf Napoleons Genie, da er gewiß war, daß der Kaiser der großen Armee und dem Hause Oesterreich nur offizielle Dinge sagen dürfe; er dachte, Medea sei eine Erzherzogin von zweideutiger Aufführung. Da die Sache indes das Militärhandwerk betreffen konnte, war er nichtsdestoweniger der Medea des Bulletins wegen unruhig bis zu dem Tage, wo Mademoiselle Raucourt die Medea wiederholt in den Spielplan aufnehmen ließ. Nachdem der Hauptmann die Anzeige gelesen hatte, unterließ er es nicht, sich abends ins Théâtre Français zu begeben, um die berühmte Schauspielerin in dieser mythologischen Rolle zu sehen, über die er sich bei seinen Nachbarn erkundigte. Ein Mann indessen, der als simpler Soldat genug Energie besessen hatte, um Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen, mußte einsehen, daß er sich als Hauptmann zu bilden habe. So las er denn seit der Zeit mit Eifer Romane und neue Bücher, die ihm eine Halbbildung verschafften, aus welcher er ziemlichen Vorteil zog. In seiner Dankbarkeit seinen Lehrern gegenüber ging er so weit, Pigault-Lebrun in Schutz zu nehmen und behauptete, er finde ihn lehrreich und oft tief.
    Dieser Offizier, den seine erworbene Klugheit keinen nutzlosen Schritt tun ließ, hatte Grenoble verlassen und begab sich nach der Grande-Chartreuse, nachdem er am Vorabend von seinem Oberst einen achttägigen Urlaub erhalten. Er rechnete damit, keinen langen Weg zurückzulegen, doch von Meile zu Meile von den lügenhaften Aussagen der Bauern, die er befragte, getäuscht, hielt er es für richtig, sich auf nichts weiter einzulassen, ehe er seinen Magen nicht gestärkt habe. Obwohl er wenig Aussicht hatte, zu einer Zeit, wo jeder auf den Feldern zu tun hat, eine Hausfrau daheim anzutreffen, machte er vor einigen Hütten halt, die an einen gemeinsamen Hofraum grenzten, indem sie ein ziemlich ungestaltes Viereck beschrieben, das all und jedem zugänglich war. Der Boden dieses gemeinsamen Territoriums war fest und gut gekehrt, wurde aber durch Düngergruben unterbrochen. Rosensträucher, Efeu und hohe Stauden wucherten an den rissigen Mauern hoch. Am Eingang des Weges stand ein elender Johannisbeerstrauch, auf dem Lumpen trockneten. Der erste Bewohner, dem Genestas begegnete, war ein sich in einem Strohhaufen wälzendes Schwein, das beim Geräusch der Pferdetritte grunzte, den Kopf aufhob und einen großen schwarzen Kater fliehen machte. Eine junge Bäuerin mit einem Grasbündel auf dem Kopfe zeigte sich plötzlich; ihr folgten in einiger Entfernung vier kleine Jungen in Lumpen, aber kecke, vorlaute, hübsche Schelme mit dreisten Augen, brauner Hautfarbe, wahre Teufel, die Engeln glichen. Die Sonne strahlte und verlieh der Luft, den Hütten, den Dunghaufen und dem zerzausten Trupp etwas seltsam Reines. Der Soldat fragte, ob es möglich sei, ein Glas Milch zu bekommen. Statt jeder Antwort stieß das Mädchen einen rauhen Schrei aus. Eine alte Frau erschien plötzlich auf der Schwelle einer Hütte, und die junge Bäuerin ging in einen Stall, nachdem sie mit einer Handbewegung auf die Alte hingewiesen hatte, auf welche Genestas zuritt, nicht ohne sein Pferd im Zaum zu halten, um die Kinder nicht zu verletzen, welche ihm bereits zwischen den Beinen herumliefen. Er wiederholte seine Bitte, die zu erfüllen die gute Frau sich rundweg weigerte. Sie wolle, sagte sie, die Sahne von den zum Buttermachen bestimmten Milchtöpfen nicht wegnehmen. Der Offizier antwortete auf diesen Einwurf mit dem Versprechen, den Schaden gut bezahlen zu wollen; befestigte sein Pferd an dem Pfosten einer Türe und trat in die Hütte ein. Die vier Kinder, welche der Frau gehörten, schienen alle im gleichen Alter zu stehen, ein seltsamer Umstand, der den Major überraschte. Die Alte hatte noch ein fünftes, fast an ihrem Rocke hängen, das schwach, bleich und kränklich war und zweifelsohne der größten Sorgfalt bedurfte; demgemäß war es der Liebling, der Benjamin.
    Genestas setzte sich in den Winkel eines hohen, feuerlosen Kamins, über dessen Mantel er eine bunte Gipsmadonna mit dem Jesuskinde im Arme erblickte. Ein erhabenes Zeichen! Der Erdboden diente dem Hause als Dielung. Mit der Länge der Zeit war der anfänglich geebnete Boden höckerig geworden und zeigte, wiewohl er sauber war, im großen die Unebenheiten einer Orangenschale. Im Kamin waren ein Holzschuh voll Salz, eine Bratpfanne und ein Kochkessel aufgehängt. Der Hintergrund des Raumes wurde von einem Himmelbett, das mit einem ausgezackten Kranze geschmückt war,

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