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Der Mann im Karton

Der Mann im Karton

Titel: Der Mann im Karton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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einen Augenblick
dumm an. »Soll das heißen — sie liegt im Sterben?«
    »Es tut mir ja so leid.« Sie
legte ihre Hand voll Mitgefühl auf meinen Arm.
    »Sie war durchnäßt «,
murmelte ich, »sie hat sich erkältet. Verdacht auf Lungenentzündung — und nun
stirbt sie?«
    »Bitte, fassen Sie sich, Mr.
Boyd.« Die professionelle Munterkeit kehrte in ihre Stimme zurück. »Damit hat
es überhaupt nichts zu tun. Es ist ihr Herz. Sie lebt schon seit fünf Jahren
sozusagen auf Abruf. Dr. Weiner sagt, es ist ein Wunder, daß sie überhaupt noch
am Leben ist.«
    »Und da können Sie gar nichts
tun?«
    Sie schüttelte traurig den
Kopf. »Ich darf nichts sagen. Ich bin ja kein Arzt, Mr. Boyd.«
    »Aber Sie haben doch gehört,
was er sagte?«
    »Ja«, antwortete sie zögernd. » Mitral stenosis . Ihr Herz ist
seit langem deformiert.«
    »Wie lange wird es noch dauern?«
    »Kein Arzt kann das genau
sagen, Mr. Boyd. Aber Dr. Weiner meint, höchstens zwei Wochen.«
    »Vielen Dank, Schwester«, sagte
ich. »Sie waren wirklich sehr nett.«
    Sie errötete ein wenig. »Mein
Vater war auch Rechtsanwalt, Mr. Boyd, und irgendwie erinnern Sie mich an ihn.
Ich... ich habe immer so viel Vertrauen zu älteren Herren.« Sie drehte sich um
und ging rasch von dannen — und das war das einzig Richtige, was sie davor
bewahrte, kaltblütig ermordet zu werden. Älterer Herr? Ich sagte mir, ihr Vater
müsse jung gestorben sein — sehr jung, vielleicht so um die Fünfundzwanzig.
     
    Ich saß in Harveys Privatbüro
und sah ihn an, während er giftig zurückstarrte. Eine Viertelstunde hockte ich
nun schon hier, und langsam wurde ich ungeduldig. Es war vier am Nachmittag,
und ich hatte noch nichts zu Mittag gegessen. Draußen hatten sich dicke
schwarze Wolken über Manhattan versammelt, es regnete unablässig, und
zweifelsohne stand der Winter nunmehr vor der Tür. Es wurde Zeit, sich nach
Florida abzusetzen.
    Earl schaute zu Benny hinüber,
der an der Wand lehnte und ein permanentes Hohnlächeln zur Schau trug. Sein
Boss räusperte sich vernehmlich.
    »Was hältst du davon?« fragte
er vorsichtig.
    »Ich frage mich, für einen wie
großen Dummkopf Boyd Sie hält, Mr. Harvey.« Benny grinste. »Da kommt er
hereingeschneit und sagt, er habe es sich überlegt — Sie hätten die beiden
Morde gar nicht begangen und ihm sei ein großer Fehler unterlaufen! Sind wir
nun dadurch plötzlich alle dicke Freunde? Geben wir ihm alle Akten, die er
verlangt, nur weil er so nett darum bittet?«
    »Er hat mit Marge gesprochen,
und sie sagt, es sei okay«, meinte Harvey.
    »Er hat mit Marge gesprochen —
sagt er. Sie genehmigt die Sache — sagt er. Er sagt viel, wenn der Tag lang
ist, Mr. Harvey.«
    »Wenn einer Grund hat, auf Boyd
sauer zu sein, dann bin ich das!« näselte Earl. »Du wirst ja für die Schramme
auf deiner Nase bezahlt, das gehört zu deinem — wie sagt man noch? —
Berufsrisiko.« Einen Augenblick sah er drein, als sei er sehr mit sich selbst
zufrieden. »Mich bezahlt niemand dafür, wenn ich niedergeschlagen werde, und
dabei sind in meiner Nase zwei Knochen gebrochen.« Er grollte Benny ein
Weilchen an. »Er muß mit Marge gesprochen und ihre Einwilligung erlangt haben.
Wie sonst könnte er von dem Schließfach im Grand Central wissen — sogar die
Nummer?«
    »Earl«, sagte ich eindringlich.
»Ich bekomme tausend Dollar, wenn ich den Mörder finde. Ich bin sicher, daß Ihr
Erpressungsmaterial mir weiterhilft. Wenn Sie nun mit diesem Dynamit das
Blümchen-rühr-mich-nicht-an spielen wollen — meinetwegen. Ich kann den
Tausender auch verdienen, indem ich Sie einbuchten lasse.«
    Er strich sich ärgerlich das
Haar aus den Augen. »Das brauchen Sie nicht ständig zu betonen«, sagte er. »Ich
muß doch schließlich mal nachdenken, nicht wahr?«
    »Was haben Sie denn, Mr.
Harvey?« Benny stieß sich von der Wand ab und trat langsam an den Schreibtisch.
»Haben Sie etwa Angst vor diesem Kerl? Ich dachte, Sie seien ein viel zu
mächtiger Mann, als daß Sie sich von einem billigen Privatdetektiv ins Bockshorn
jagen ließen.«
    »Halt die Klappe«, sagte Harvey
automatisch, aber in Gedanken war er ganz woanders.
    Benny kam um die
Schreibtischecke auf mich zu, und ich erkannte die kleinen Tropfen, die auf
seinem Gesicht glitzerten. Er bereitete sich auf weiteren Zeitvertreib vor —
auf etwas, das ihn bei seinem Boss und vor sich selbst wieder ins rechte Licht
rücken sollte. Als er glaubte, nah genug zu sein, blieb er stehen und grinste
mich

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