Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung
aufbaut.
Der britische Evolutionsbiologe Robin Dunbar studierte die Stammesgröße von nicht-menschlichen Primaten und leitete daraus seine »Dunbar-Zahl« ab. Dunbar schätzt, dass die Gruppengröße, bei der Menschen stabile soziale Beziehungen aufrechterhalten können, bei etwa 150 liegt. Diese Gemeinschaften können Straßen, Vororte oder Dörfer sein. Ich denke, dass Gemeinschaften in etwa dieser Größe von Skaleneffekten profitieren können. Diese kommen dann zum Tragen, wenn wir Dinge in immer größerer Zahl produzieren, ohne dabei eine Ökologie der Industrialisierung zu verursachen, die wiederum entsteht, wenn diese Größenordnung so groß wird, dass sie in sich unhaltbar wird. Da ich mein Jahr in relativer Isolation verbrachte, musste ich die meisten Dinge allein tun. Um mein Essen zu kochen, musste ich Holz sammeln und hacken, Lebensmittel sammeln und schneiden, den Raketenofen 30 Minuten lang anheizen, das Essen auftun und das Geschirr abwaschen. Wäre dies ein Prozess der gegenseitigen Abhängigkeit gewesen, hätte ich nur einen oder zwei Parts übernehmen müssen und Zeit gehabt, um mich zu entspannen oder etwas Kreatives zu tun. Das Schöne ist, dass man kein Geld braucht, wenn man innerhalb einer Gemeinschaft lebt – man trägt dazu bei, was man kann. Auf eine gewisse Art wird der eigene Ruf zur Währung. Je mehr man gibt, desto mehr wird man bekommen. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.
Wesentliche Fähigkeiten für die Zukunft
Bevor ich mein Jahr begann, glaubte ich, die wichtigsten Fähigkeiten, die ich brauchen würde, um umweltbewusst und ohne Geld zu leben, seien Dinge wie Tischlerhandwerk, Gemüseanbau, Permakultur-Planung, Medizin, Kleidung schneidern und flicken, kochen, Überlebensfähigkeit im »Busch« und die Fähigkeit zu lehren. Ich glaube zwar immer noch, dass diese Dinge für ein Leben ohne Geld absolut essenziell sind, besonders wenn wir eine Gemeinschaft von Selbstversorgern aufbauen wollen. Ich würde sie jetzt jedoch als »sekundäre Fähigkeiten« bezeichnen. Ich denke, dass körperliche Fitness, Selbstdisziplin, echte Sorge um die Erde und Respekt vor ihr und den Wesen, die auf ihr leben, sowie die Fähigkeit, zu geben und zu teilen, die »primären Fähigkeiten« für diese Lebensweise sind. Ohne zumindest einige dieser Fähigkeiten kann man diesen Lebensweg nicht einschlagen oder durchhalten. Auf der Ebene der Gemeinschaft ist es nicht ganz so wichtig, dass alle körperlich fit sind. Bei vielen Aufgaben ist das nicht notwendig. Und wenn jemand krank wird, sind andere da, um zu helfen. Doch je gesünder und fitter alle Beteiligten sind, desto besser. Sie werden viel mehr Spaß haben, weil viele der Sachen, die Spaß machen, Aktivitäten im Freien sind.
Ich kann gar nicht deutlich genug betonen, was für ein untalentierter Mensch ich bin. Ich bin so gewöhnlich, wie man es sich kaum vorstellen kann. Doch wenn ich auf diese Weise leben kann, könnten das viele andere auch, wenn sie es wirklich wollten. Und den meisten gelänge das vermutlich viel besser als mir. Solange der Wille da ist, ist der Rest eine Frage des Lernens und der Praxis. Es ist viel einfacher, jemandem beizubringen, wie man Saat einpflanzt, als ihn von der Notwendigkeit des Pflanzens an sich zu überzeugen.
Der organische Fluss des Gebens und Empfangens
Ab dem Zeitpunkt unserer Geburt lernen die meisten von uns, dass Geld, und nicht die Gemeinschaft, unsere primäre Quelle der Sicherheit ist. Es ist vollkommen nachvollziehbar, dass die meisten Menschen angefangen haben, das zu beschützen, was sie bereits besitzen. Denn worauf sollen sie sonst zurückgreifen, wenn die Dinge schlecht laufen?
Eine der ersten und wichtigsten Lektionen, die mich das Leben ohne Geld lehrte, war, dem Leben zu vertrauen. Ich glaube fest daran, dass wir, wenn wir jeden Tag im Geist des Gebens leben, alles bekommen werden, wann immer wir es brauchen. Ich habe schon lange aufgehört, dafür eine intellektuelle Erklärung finden zu wollen. Der Glaube entspringt meinen Gefühlen und meiner Lebenserfahrung. Dass ich kostenlos einen Wohnwagen bekam, nachdem ich mein Hausboot verkauft hatte, um die Freeconomy-Website finanzieren zu können, war ein herausragendes Beispiel, aber es passierten täglich viele kleine Dinge. Auf dem Weg von der Stadt nach Hause fuhr ich an vielen Abenden mit dem Fahrrad von Haus zu Haus und gab Lebensmittel, die ich nicht selbst verzehren konnte, bei Freunden und anderen Menschen ab, die sie brauchten.
Weitere Kostenlose Bücher