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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hühn
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als sie im dichten Wald hockten und damit ihren eigentlichen Lebensraum weit hinter sich gelassen hatten. Dieser Lebensraum lag, das war für Barwarin offensichtlich, mitten in einer Stadt. Die Spezies, mit der er es hier zu tun hatte, war der reine Stadtmensch!
    Er seufzte lautlos. Hier in der Gegend musste die Großstadt Lianta Zintall liegen. Ihm fehlten Informationen über den genauen Ort. Normalerweise machte es ihm nichts aus, einige Tage zu suchen. Dieses Mal wollte er möglichst bald in die örtliche Waldläufergilde, um in deren Bibliothek nach Aufzeichnungen über einige Pflanzen zu stöbern, die er noch nicht kannte. Und was geschah? Er fand weder die Stadt, noch einen benutzten Weg dorthin oder die Orientierungszeichen, wie sie alle permanenten Siedlungsformen verwendeten. Dafür war dies nun schon die dritte Kleingruppe von Städtern, die er mitten im Wald vorfand. Ich frage mich, was das zu bedeuten hat. Diese hier sehen jedenfalls nach einer harmlosen Familie aus. Die Letzten waren sicher eine Räuberbande, die Vorletzten zu tot, um sie zu befragen. Raubtiere hin oder her, mit diesen kann ich reden.
    Barwarin trat aus seinem Versteck an den Teich hinaus, an dem die Fremden kampierten, blieb jedoch zu weit entfernt, als dass sie ihn unmittelbar hätten angreifen können. Dann wartete er unbeweglich darauf, dass er von selbst bemerkt würde. Das geschah auch bald. „Vater, da ist ein Mann mit blauen Haaren“, sagte eines der Kleinkinder, ein Junge wie Barwarin vermutete.
    Diesen Moment nutzte er, um sich ins Spiel zu bringen: „Caman – Gemeinsamkeit!“, grüßte er betont knapp und formal. „Ich bin Barwarin der Waldläufer. Heißt Ihr mich willkommen in Eurer Mitte?“
    „Barwarin? Der H´Barwarin? Ich meine der aus all den Geschichten?“, fragte die Frau überrumpelt.
    Vor Schreck hatte sie ihre Axt gepackt, die sie gerade erst zum Schlagen von Feuerholz verwendet hatte.
    „Die Beschreibung könnte stimmen, besonders die Augenbrauen passen“, erklärte ihr Gefährte, nachdem er Barwarin einen Augenblick kritisch gemustert hatte.
    Ein unbekannter Vorfahre Barwarins gehörte zu einem unzivilisierten Stamm, dessen hervorstechendstes Merkmal ein schmales, zweites Paar Augenbrauen über dem Ersten war, das sich bis zu den Schläfen zog. Er war der Erste seit einigen Generationen, bei dem diese ungewöhnliche Eigenschaft wieder auftrat. Das hatte seine praktischen Seiten. Einerseits verhinderte es effektiv, dass ihm Schweiß in die Augen laufen konnte und andererseits machte es ihn gut erkennbar.
    „H´Barwarin. Es ist uns eine Ehre und eine Freude“, erklärte die Frau höflich und sichtlich beeindruckt. „Ich bitte Euch, kommt an unser Feuer. Ich bereite gerade Grauwurz [36] vor. Vielleicht möchtet Ihr eine Tasse?“
    Kein Waldläufer kann Grauwurz und ihren Verwandten widerstehen. Selbst Barwarin, der sonst nichts von Nahrung hielt, die aus den Städten kam, war da keine Ausnahme. Zwar konnten Waldläufer leicht die rohen Wurzeln finden, aber die korrekte Veredlung war in freier Natur kaum möglich.
    Barwarin nahm am Feuer Platz und ließ sich seine eigene, mitgenommen aussehende, Blechtasse mit Grauwurz füllen.
    „Ich bin Cemena, das ist mein Gefährte Vendir und hier haben wir unsere Kinder Binar und Bilo“, erklärte die Frau nun.
    Es war nicht Barwarins Art, lange um den heißen Brei herumzureden, und so hielt er es auch diesmal: „Dank Euch“, erwiderte er knapp „Lemena, ich suche die Stadt Lianta Zintall. Ich will die Waldläufergilde dort besuchen, um Informationen einzuholen.“
    „Da bedaure ich, Euch enttäuschen zu müssen, H´Barwarin. Die Waldläufergilde in Lianta Cintall gibt es nichtmehr“, erklärte Vendir voller Hochachtung vor dem berühmten Gast an ihrem Lagerfeuer.
    „Wie das?“
    „Die Zirien der Stadt hatten seit längerem Streit mit der Gilde. Sie warfen ihr Steuerhinterziehung, Schmuggel und vor allem Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor. Letzteres vor allem, weil einige Waldläufer es sich nicht haben nehmen lassen, armen Menschen wie uns bei der Flucht aus der Stadt zu helfen, obwohl sie noch Steuern zu zahlen hatten. Die Schikanen gegen die Gilde nahmen mehr und mehr zu. Es zeichnete sich ab, dass sie das Gildenhaus bald beschlagnahmen würden. Da schlossen die Waldläufer ihre Tore und verschwanden spurlos. Das ist übrigens einer der Hauptgründe, warum wir uns entschlossen haben, auch abzuhauen. Wir sind hauptberuflich Apothekare und ohne die

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