Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Steinwälle. Wenn die Verteidiger erst in Gefechte verwickelt waren, befahl Bernd, wie gerade geschehen, massiertes Feuer von Einheiten mit Langbögen, Wurfspeeren und schweren Armbrüsten, auf einen einzelnen, zuvor mäßig angegriffenen Mauerabschnitt. „Schwere Infanterie an der rechten Flanke! Sturmleitern ansetzen!“
Befriedigt stellte Bernd fest, wie sich die Verteidiger auf die Abwehr der schwer gerüsteten, schwerfälligen Infanteristen konzentrierten. Links vom Tor war niemand mehr auf dem Mauern zu sehen, weil sich dort alle hinter die Zinnen duckten. Das ist der richtige Moment, es zu beenden. Meine leichtgerüsteten Spezialisten können zwar nicht die Mauer freikämpfen, aber für einen Durchbruch reicht es.
„Reserve der linken Flanke! Rauf, rein, Tore öffnen! Los! Schützen! Jeweils drei Salven auf den Bereich der Tore! Spießträger und Axtschwinger! Bereit machen zum Sturm der Tore!“
Bernds beste Elitekämpfer stießen die Torflügel auf und ermöglichten so den Sturm auf den Innenhof. Das war es dann auch schon wieder, dachte er. Jetzt werden sich wieder Verzweifelte in den Wachtürmen verschanzen. Sobald ich den Befehl gegeben habe, nach und nach Gefangene foltern oder exekutieren zu lassen, bis die Restlichen aufgeben, kommen sie aus ihren Löchern gekrochen. Kein heroisches Vorgehen, aber es rettet letztlich Menschenleben, versuchte er sich, wie schon so oft, seine grausamen Befehle schönzureden.
Bald war es so weit. Ohrläppchen und Nasenspitzen abschneiden demoralisiert die Verteidiger am meisten. Seltsam. Finger oder ganze Hände und Arme haben nicht unbedingt so eine durchschlagende Wirkung, obwohl sie die armen Schweine viel mehr beeinträchtigen würden. Man sieht es an der armen, verbitterten Mira, wie der Verlust einer Gliedmaße das Leben einschränkt. Schließlich geht es ihr materiell mittlerweile gut, sie kann wertvolle Arbeit leisten und wird sogar geachtet. Trotzdem ist sie unglücklich und verbittert. Sie schiebt das alles darauf, dass sie formal noch Sklavin ist und natürlich auch geschlagen wird, wenn sie etwas anstellt. Als ob ich nicht befürchten müsste, verletzt zu werden, wenn ich einen Fehler mache! Sie lebt viel besser und sicherer als ich! Sie sollte sich glücklich schätzen!
Wenn Bernd Grausamkeiten beging oder zusah, wie sie nach seinen Befehlen ausgeführt wurden, zog er sich in Gedanken an andere Dinge zurück. Schmerzensschreie von Gepeinigten, das Flehen nach Gnade und die Flüche der Gefangenen, die erst noch gebrochen werden mussten, bevor sie gute Sklaven wurden, wollte er lieber nicht wahrnehmen. Er wollte nicht sehen, dass einige seiner Leute Gefallen an diesen Dingen entwickelt hatten und mehr taten als nötig. Allein Vergewaltigungen wurden nicht geduldet. Sie demoralisierten die weiblichen Angehörigen der eignen Truppen zu sehr, selbst diejenigen, die sich ansonsten voller perverser Freude daran beteiligten, Gefangene zu quälen. Bernd verachtete diese Untergebenen, tat aber nie etwas gegen ihre unnötigen Übergriffe. Das hier ist Krieg. Das ist keine schöne Beschäftigung, kein Sport. Da ist eine Seite wie die Andere. Ich habe meine Partei gewählt.
Eine Stunde später war die kleine Feste gesichert. Die mitgebrachten Sklaven räumten auf, versorgten Verletzte, reinigten Waffen und Rüstungen der Siegreichen und schafften Erfrischungen heran. Frische Hilfstruppen transportierten die Gefangenen fort zur Hauptstreitmacht, die ihre Basis im Handelshafen hatte. Dort würden sie entweder verschifft oder gleich hier zu schweren Arbeiten eingeteilt. „Bernd! Hier ist ein Bote vom Generalstab“, meldete sein Adjutant.
Hoffentlich ist das nicht der Befehl, den Angriff auf das letzte der Kastelle, das in der Nähe des Felsentores, sofort anzugehen. Meine Leute sind nicht in der Lage, jetzt ohne eine größere Pause den Marsch dorthin zu wagen und mit eben so viel Schwung wie hier die Stellungen zu stürmen. Wenn wir das versuchen, wird es in einem zähen Gemetzel mit unnötigen Verlusten auf unserer Seite enden. Warten wir dagegen eine Phase, sind wir wieder fit und können die Strecke mithilfe der Sklaven bewältigen.
„Der neue Tagesbefehl lautet: Die Stellung halten!“, zerstreute der Bote sofort Bernds Bedenken, nur um ihm damit neue Sorgen zu bereiten.
„Was soll das heißen? Ich dachte der Plan wäre, die gesamte Unterstadt heute einzunehmen und die Zugangspunkte zu den Außenbezirken in die Hand zu bekommen. Das würde die Teile
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