Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
inakzeptablen Freund namens Tyreese. Das ist ja mal ein doofer Name! Außerdem binich die Einzige, die von ihm weiß, und ich muss es geheim halten, sonst stirbt sie!«
Priti versucht richtig ernst zu klingen, aber sie kann sich das Grinsen nicht verkneifen. »Zara lässt mich ihren Lippenstift benutzen und hat mir eine Schachtel Zigaretten versprochen, wenn ich schwöre, nichts zu verraten, weil es eine Frage von Leben und Tod ist.«
»Warum trennt sie sich denn nicht von ihm, wenn es so gefährlich ist?«, frage ich.
»Sie glaubt, sie ist in ihn verliebt.«
»Und, stimmt das?«
»Nein, auf keinen Fall! Dazu ist sie viel zu sehr in sich selbst verliebt.«
»Dann sehnt sie sich also irgendwie nach dem Tod?«
»Nein, sie hält sich nur für cool und rebellisch. Das kommt eben dabei heraus, wenn man eine Streberin als Mutter hat und zu viele Seifenopern guckt.«
»Und sie bringen sie wirklich um, wenn sie es herausfinden?« Ich bin noch immer nicht so richtig überzeugt.
»Vielleicht schicken sie sie auch nur nach Pakistan und zwingen sie, irgend so einen alten Knacker zu heiraten. Oder sie bringen sie um. Ich würde sagen, das kommt darauf an.«
»Worauf?«
Priti zuckt mit den Schultern. »Weiß ich nicht. Willst du einen Kaugummi?«
Sie gibt mir ein Stückchen, pink wie ihre Schuhe. Wir sitzen nebeneinander und kauen eine Weile, und sie pult sich noch mehr Asphaltbröckchen von den Socken.
»Wird deine Mum nicht schimpfen?«, frage ich und zeige auf die Strümpfe.
»Die kriegt einen Anfall. Mein Dad sagt, je früher sie mich nach Pakistan schaffen und an irgendeinen armen Trottel verheiraten, desto besser. Er tut so, als macht er nur Witze, aber ich weiß es besser. Väter!«, ruft sie.
Die Art, wie sie es sagt, erinnert mich daran, wie mein Opa vorhin »Orientalen!« gesagt hat, und ich muss lächeln – weil es wohl niemanden gibt, der meinem Opa weniger ähnelt als Priti.
Als ich ins Bett muss, frage ich Oma, wie lange ich hierbleiben werde, aber sie gibt mir darauf keine richtige Antwort. Ich weiß, dass es für eine ganze Weile sein wird, denn wenn es nur für einen oder zwei Tage wäre, wäre ich zu Omi geschickt worden (das ist Mums Mutter – sie wohnt nicht weit von uns, aber sie hat schwere Arthritis und braucht eine Hilfe fürs Kochen und Waschen und so), oder ich wäre bei einem Freund. Meine Mum »belästigt« Rita und Barry (das sind Oma und Opa) nicht, wenn es nicht unbedingt sein muss. Sie sagt, es sei wegen der Entfernung, aber ich weiß, dass das nicht der wirkliche Grund ist.
»Machen wir uns erst mal keine Gedanken darüber, wie lange du hierbleibst«, sagt Oma. »Konzentrieren wir uns darauf, dass wir eine schöne Zeit haben, solange du bei uns bist.«
»Kann ich Mum noch anrufen?«, frage ich. Die Antwort kenne ich schon vorher.
»Vielleicht morgen«, sagt Oma.
»Gut.«
Als sie weg ist, zeichne ich Priti auf ihrem Skateboard, wie sie von zwei Meuchelmördern mit Wollmützen gejagt wird, die ebenfalls auf Skateboards fahren und riesige Krummschwerterschwingen. Dann zeichne ich mich, als Kommandosoldat angezogen, wie ich die Attentäter mit ein paar Karatetritten ausschalte.
Zack-wumm!
Was die Leute über den Tod meines Vaters an Nine-Eleven wissen möchten
Was hat er in New York gemacht, dass er ausgerechnet an dem Tag dort war? (Er hatte im World Trade Center eine Besprechung.)
Hat er noch angerufen, ehe er starb? Was hat er gesagt, und haben wir seine Nachrichten aufbewahrt? (Nein. Nichts. Nein.)
Bin ich am Ground Zero gewesen (also da, wo einmal die Twin Towers standen) und habe mir angesehen, wo es geschehen ist? (Nein.)
In welchem Turm war er, auf welchem Stockwerk, und konnte irgendjemand von dieser Etage entkommen? (Turm Eins. 102. Stock. Nein.)
Warum habe ich mir keine Fernsehaufnahmen des Geschehens angesehen? (Habe ich ja. Mum sagt den Leuten nur, ich hätte es nicht gesehen, weil sie immer den Fernseher ausmacht, wenn es gezeigt wird, aber ich habe Videoclips davon gesehen, und ich hätte es mir schlimmer vorgestellt, das anzusehen.)
Haben sie irgendwelche Teile von ihm gefunden, und was haben wir mit ihnen gemacht? (Nein, also nichts – offensichtlich.)
Was denke ich über die Leute, die es getan haben? (Ich bin mir nicht sicher – aber ich glaube, das ist nicht die richtige Antwort.)
Was würde ich tun, wenn ich den Leuten begegnen würde, die es getan haben? (Das ist eine dämliche Frage, weil sie sowieso schon tot sind.)
Ist es schlimm für mich, keinen
Weitere Kostenlose Bücher