Der schwarze Tod
das Knirschen des Stoffes, als ihr Unterkleid an der Naht aufriss, hatte sie immer noch im Ohr. Sie würde es flicken müssen, dabei war vom Zwirn kaum mehr als eine Elle übrig.
Und seine Augen. Ungezügelte Lust, ja, aber vermischt mit etwas Tierischem. Ausdruckslos, teilnahmslos. Die Augen eines Stiers, der eine Kuh begattete.
Hatte er getrunken? Sie kannte ihn betrunken. Er wurde weinerlich, wenn er trank, und bejammerte Gottes Ungerechtigkeit und das eigene erbärmliche Leben.
Also, was war los mit ihm?
Er drehte den Kopf und biss sie in die Brust, erwischte die empfindliche Warze und grub seine Zähne in ihr empfindliches Fleisch. Jetzt schrie sie doch, und sofort steigerte er seinen gnadenlosen Rhythmus. Sie versuchte, ihn von sich zu drängen, doch sein schwerer, schwitzender Körper hielt sie gnadenlos unten.
Neben sich im Stroh hörte sie Sybille rascheln. Sie sah zur Seite und erkannte das blasse, eingeschüchterte Gesicht der Kleinen, die zu ihr hinüberstarrte.
Katharina hatte keine Kraft für ein tröstendes Lächeln.
Endlich, endlich kam er und verströmte sich mit einem heiseren Schrei in ihr. Er richtete sich über ihr auf. Spuckefäden hingen ihm von den Lippen. Er keuchte schwer. Seine Augen trugen ein beängstigendes Funkeln. Dann, nackt wie er war, sprang er vom Lager, riss die Tür auf und rannte hinaus in den Wald.
Vielleicht hatte sie Glück, und er würde dort draußen erfrieren.
5. Kapitel
Herbst 2012, Frankfurt am Main
« Ich brauche einen Mann! »
„Ich brauche einen Mann!“
Erhitzt strich ich mir Haare aus der Stirn. Alexa, unter deren Tür ich stand, musterte mich amüsiert.
„Dafür gibt’s das Internet, Schätzchen.“
„Dauert zu lange. Kannst du mir deinen ausleihen? Ich muss einen Schrank aufbauen.“
Natürlich war das alles geplant. Eine Frau mit einer halben Million in Aktien und Sparbriefen musste sich nicht einen Transporter mieten, um ein sperriges Paket vom nächsten Möbelhaus in ihre Studentenbude zu schaffen. Immerhin hatte ich noch versucht, das schwere Paket in den Lift zu schleppen. Jetzt blockierte es die Haustür, und ich brauchte dringend Samuels Hilfe. Er war da; ich hatte sein Fahrrad unten stehen sehen.
Jetzt kam er an die Tür und sah über Alexas Schulter.
„Probleme?“
„Nein. Nur einen unglaublich sperrigen, schweren Schrank... und... hast du einen Akkuschrauber?“
„Ja, aber ich weiß nicht, ob der aufgeladen ist.“
Alexa tauchte unter Samuel weg und verschwand in ihrer Wohnung. Wir sahen uns an.
„Wo steckt das Biest denn?“ Er strich sich die Ärmel hoch und entblößte kräftige, gebräunte Unterarme.
„In der Haustür.“
Er grinste.
„Na, dann mal los, bevor Frau Meier mit ihrem dicken Dackel da durch will.“
Zu zweit gelang es uns tatsächlich, das schwere Paket bis ins Dachgeschoss zu hieven, denn in den Lift passte es natürlich nicht rein. Schließlich hatten wir es im Wohnzimmer. Ich keuchte und rieb mir die Arme, um nicht aufzufallen, und hoffte, Sam würde nicht bemerken, dass ich gar nicht schwitzte.
„Möchtest du etwas zu trinken?“, fragte ich ihn.
„Gerne. Ein Wasser, wenn du hast.“
Während ich ihm in meiner kleinen Küche ein Glas eingoss, schnitt er die Verpackung meines neuen Möbels auf und begann, Bretter zu sortieren. Inzwischen kam auch Alexa mit dem Akkuschrauber rüber.
Wir machten uns an die Arbeit. Während Alexa frei Schnauze begann, Bretter aneinanderzulegen, las Samuel sich die Aufbauanleitung durch und dirigierte Alexas Bemühungen. Ich beobachtete aufmerksam, wie die beiden sich kabbelten. Ihr Umgang miteinander war sehr vertraut, sie mussten schon lange ein Paar sein.
Nach einer Weile klingelte mein Handy. Es war jemand von der Uni. Etwas in meinen Anmeldeunterlagen stimmte nicht. Ich schluckte einen Anflug von Panik hinunter. Seit die Zeiten so modern waren, dass ich für jedes neue Leben einen Haufen neuer gefälschter Papiere brauchte, war ich schrecklich nervös, wenn die Bürokratie etwas von mir wollte.
Ich ging auf den Balkon, um in Ruhe zu telefonieren. Es stellte sich heraus, dass ein Teil meiner Unterlagen, den ich per Mail geschickt hatte, irgendwie nicht angekommen war und nun fehlte. Ich wurde gebeten, mein Abiturzeugnis nachzureichen.
Puh. Ich war erleichtert. Mein Abiturzeugnis war sogar echt: Ich hatte das Abi im vergangenen Sommer auf einer Abendschule gemacht. Zum dritten oder vierten Mal in diesem Leben. Keine echte Herausforderung mehr. Ich versprach
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