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Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen: Band 1 von 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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trug seinen ranzigen Lederkoffer unter einem Arm. Er verschloss das Auto sehr gewissenhaft. Igel wurde wach. Die Hecke schien ganze Vogelgroßfamilien zu beherbergen. Das Gezwitscher weckte seine Jagdinstinkte.
    „ Nein, jetzt nicht. Du kannst nicht zur Begrüßung die Singvögel von Neunseen massakrieren“, lachte Rolo.
    Nichts rührte sich, als sie auf die Stadt zugingen. Das Stadttor war gerade so breit, dass sie nebeneinander hindurchgehen konnten. Niemand war zu sehen, nichts war zu hören. Nur die Vögel sangen. Die Straße führte vom Tor aus gerade in die Stadt, gesäumt von prächtigen Häusern. Viele Fensterbänke waren mit Blumenkästen dekoriert. Die Fenster in den unteren Etagen der Häuser hatten bunte Verglasungen. Davor standen Tische und Bänke aus Holz. Das sah sehr einladend aus.
    Die Blutguts standen noch unentschlossen auf dem rauen Kopfsteinpflaster, als eine Stimme ertönte. „Hey, ihr da!“ Rolo schaute umher, den Rufer zu finden. Er entdeckte ihn nicht.
    „ Eindringlinge!“, rief die Stimme. Sie hatte einen dramatischen Tonfall.
    „ Verzeihung“, rief Paps. Seine Worte hallten in der Häuserschlucht. „Wir sehen Sie nicht. Wir sind keine Eindringlinge. Wir sind Besucher.“
    „ Besucher?“, überschlug sich die Stimme. „Das ist ja noch schlimmer. Rühren Sie sich nicht vom Fleck. Ich komme!“
    Paps zuckte mit den Schultern. „In Ordnung.“
    „ Das haben die sich ja schön ausgedacht. Fallen hier ein, während alle feiern. Aber nicht mit mir. Ich pass auf. Bin immer auf Posten. Ha!“
    Eine kleine Luke wurde aufgestoßen. Rolo hatte sie gar nicht gesehen, so perfekt war sie hoch oben in das Gemäuer des Stadttors eingelassen.
    „ Hab es doch allen gesagt. Obacht hab ich gesagt. Halten mich für verrückt. Sagen, ich bin zu misstrauisch. Ha! Wo hab ich denn nur wieder …, ah ja, da ist sie ja. Und wo ist nur … ach, brauch ich nicht!“
    Eine Strickleiter fiel herab. Rolo und Paps traten einen Schritt zurück.
    „ So, jetzt bin ich gleich da. Lauft nicht davon, das hätte keinen Sinn. Nein, keinen Sinn. Bin schnell.“
    In der Luke erschienen nackte Füße mit sehr schmutzigen Fußsohlen.
    „ Nein, nein, so geht’s nicht. Muss andersrum.“ Dann klang es, als würde ein blecherner Waschzuber über Steinboden gezogen. Mit den Füßen voran stieg der Wächter die Leiter hinab. Er trug eine Rüstung wie ein Ritter.
    „ Der ist aber dick“, flüsterte Rolo seinem Vater zu. Der nickte stumm. Der Wächter erreichte die letzte Sprosse. Mit einem kleinen Hüpfer landete er auf dem Boden. Seine Rüstung klirrte.
    „ So, da wäre ich. Guten Tag, guten Tag, willkommen in Neunseen.“ Er verbeugte sich, und die Teile seiner Rüstung schruppten mit scharfem Schnarren aneinander. Der Mann war groß und dick. Er hatte dunkles krauses Haar. Sein rundes Gesicht war bartlos und faltig. Die Haut hatte einen gesunden dunklen Ton. Die Rüstung war aus silbernem Metall und verbeult.
    „ Verzeihung, dass das so lange gedauert hat.“ Seine Stimme erinnerte Rolo an Helium.
    „ Och, das ist schon in Ordnung“, entgegnete Paps freundlich. „Wissen Sie, wir sind zu Besuch. Wir bleiben eine Weile. Da kommt es auf ein paar Minuten nicht an.“
    „ Ob Sie bleiben oder nicht, das gilt es erst noch zu klären“, sagte der Wächter förmlich.
    Rolo stutzte. Der Kerl war nicht sehr freundlich.
    „ Name?“, fragte der Wächter zackig.
    Die Blutguts meldeten ordnungsgemäß ihre Namen.
    „ Und da in dem Korb?“, fragte er weiter und wippte von den Fersen auf die Zehenspitzen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.
    „ Das ist ein Kater“, erklärte Paps.
    „ Ich sehe, dass das ein Kater ist“, sagte der Wächter gereizt. „Hat der keinen Namen?“
    „ Doch hat er. Aber den wird er ihnen wohl nicht sagen“, konterte Rolo nicht weniger angriffslustig.
    Der Wächter schien überrascht von so viel Frechheit. Als er gerade zu einer unfreundlichen Erwiderung ansetzte, fuhr Paps dazwischen. „Igel.“
    „ Na, geht doch“. Der Wächter nickte, offenbar zufrieden, dass seine Autorität anerkannt wurde. „Und der Zweck Ihres Besuchs in Neunseen?“
    „ Wir besuchen Verwandte“, berichtete Paps. „Vielleicht kennen Sie sie? Kinsella Farrah?“
    Der Wächter machte große Augen. „Oh, Madame Farrah. Natürlich kenne ich sie. Jeder im Tal kennt sie.“ Sein Blick wurde skeptisch. „Aber Sie könnten auch lügen.“
    „ Na, hören Sie mal“, blaffte Rolo. „Wenn wir in die Stadt

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