Der Stachel des Skorpions
Gefahr, dass irgendjemand seine Ehrlichkeit oder seine Loyalität zur Republik anzweifelte. Bei aller Treue zum Ideal der Fairness und dem Primat der Gesetze war Mandela jemand, der nicht zögerte, Angreifer zum Zweikampf Mech gegen Mech zu fordern.
Robert bog entsprechend der Wegbeschreibung, die er am Raumhafen erhalten hatte, von der Hauptstraße ab. Auf dem Weg die schmale Landstraße hinab sah er, wie nicht anders erwartet, noch mehr Schafe und Rinder sowie ab und zu Äcker mit Pflanzen, die er nicht erkannte. Er fragte sich, ob das hohe Getreide wohl zum menschlichen Verzehr bestimmt war oder Viehfutter darstellte. Vermutlich würde er es nie erfahren.
Natürlich konnte er fragen - falls er bereit war, vor den Einheimischen als Dummkopf dazustehen. Aber während er durchaus dazu bereit war, wenn die Situation es erforderte, sah er keinen Anlass, dies aus bloßer Neugierde auf sich zu nehmen. Er war noch nicht wirklich an das Vertrauen gewöhnt, das ihm andere als Ritter der Sphäre entgegenbrachten, und hatte auch kein Interesse daran, es aufs Spiel zu setzen.
Am Ende der Straße erreichte er einen lang gestreckten Gutshof, der aus dem örtlichen beigefarbenen Stein gebaut war, mit einem Dach aus Schieferplatten. Er stellte den Mietwagen auf dem Hof ab. Der Mann, der aus der großen Garage kam, wirkte weniger wie ein Chauffeur und Mechaniker. Robert schätzte ihn eher als Knecht ein, der sich nebenher auch um alles kümmerte, was einen Motor besaß.
»Sie sin' der Mann von Terra, der zu Paladin Mandela will?«
»Ja.« Robert war froh, dass man ihn schon erwartete. Er hatte sich über Funk angekündigt, sobald das Landungsschiff in Reichweite des Planeten war, aber heutzutage konnte man sich bei so etwas nie sicher sein. »Robert Goldberg.«
»Er ist drinnen. Gehen Sie ruhig rein. Ich stell den Wagen für Sie inne Garage.«
»Danke.« Er gab dem Mann die Schlüssel und ging ins Haus.
Im Innern war es schattig und kühl, ein angenehmer Kontrast zum sonnigen Wetter draußen. Ein kurzer Flur öffnete sich in einen großen, offenen Raum mit einem Boden aus poliertem dunklem Holz, über den mehrere in Erdtönen gehaltene Wollteppiche verteilt waren. Eine Wand wurde von einem riesigen Feldsteinkamin dominiert, der jetzt im Sommer allerdings kalt war. Eine andere Wand bestand komplett aus Glas. Die riesige Fensterfront bot einen Blick auf üppig grüne Hügel und das unvermeidliche Vieh.
Paladin Otto Mandela, ein beeindruckender Mann mit einer Haut von der Farbe dunklen Kaffees und grauem, kurz geschorenem Haar, erhob sich aus einem Sessel am Fenster. In der Hand hielt er ein Glas mit bernsteinfarbener Flüssigkeit. Als er Robert erkannte, stellte er den Drink auf dem nächsten Beistelltisch ab und kam schnellen Schritts heran.
»Lord Robert.« Mandelas Blick war klar und erwartungsvoll. »Welche Nachrichten bringst du von Terra? Hat Damien Redburn eine Aufgabe für mich, die mehr beinhaltet als zuzuschauen, wie die Shera-taner wählen, und sicherzustellen, dass sie zu viel Angst vor den Konsequenzen haben, um zu betrügen?«
»Das kann man so sagen«, antwortete Robert. Er griff in die Jacke und zog einen steifen, rechteckigen Umschlag mit einem Hologrammsiegel hervor, den er Mandela reichte. »Er hat das Datum für die Wahl festgelegt.«
Der Paladin nahm den Umschlag und schlitzte ihn mit dem Daumennagel auf. Als er den Inhalt überflog, hob er eine Augenbraue. »Der zwanzigste Dezember? Wozu die Eile?«
Eine berechtigte Frage, dachte Robert. Vom Gesetz her konnte Exarch Damien Redburn bis Silvester 3135 im Amt bleiben. Das von Redburn festgesetzte Datum bedeutete, dass sein Nachfolger bereits am 5. Januar dieses Jahres das Amt übernahm. Das galt zwar bei strikter Auslegung des Gesetzes nicht als vorzeitiges Ausscheiden, aber es war nahe daran. Robert zuckte die Achseln.
»Ich bin bloß ein Ritter«, stellte er fest. »So etwas erklärt mir der Exarch nicht. Offiziell weiß ich nur, dass ich Ihnen die formelle Bekanntmachung zu überbringen habe und Ihnen mitteilen soll, dass
der Exarch Ihre Anwesenheit in Genf erfordert.«
Mandela sah ihn fragend an. »Und was weißt du inoffiziell?«
»Auch nicht viel mehr. Meine Vermutung ist: Der Exarch will die verschiedenen Fraktionen überrumpeln. Er will die Wahl abhalten, bevor sie Gelegenheit haben, ihren Wahlkampf auf Hochtouren zu bringen.«
»Hrmf«, grunzte Mandela. »Kann gut sein. Damien ist kein Dummkopf, und wenn nichts geschieht, werden diese
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