Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
1. KAPITEL
D u hast es mit Joseph Kowalski auf dem Rücksitz eines 78er Ford Granada getan und vergisst, mir das zu erzählen? Der Mann ist Bestsellerautor, und nur J. D. Salinger hat die Öffentlichkeit mehr gescheut als er!“
Keri Daniels schlürfte die letzten Tropfen ihres zu fruchtig geratenen Smoothies durch den Strohhalm. „Würdest
du
das nicht auch lieber für dich behalten?“
„Dass ich Sex mit Joseph Kowalski hatte?“, fragte ihre Chefin Tina.
„Nein, dass du Sex auf dem Rücksitz eines 78er Granada hattest.“ Keri hatte keine Ahnung, wie Tina Deschanel von ihren Highschoolsünden erfahren hatte. Aber ihr war klar, dass sie jetzt in Schwierigkeiten steckte.
Eine gut bezahlte Reporterin bei einem Hochglanz-Klatschmagazin durfte derart sensible Informationen nicht für sich behalten. Schon gar nicht, wenn es um einen Promi ging, der auf der Most-Wanted-Liste der Chefredakteurin stand. Und dass sie dieses pikante Detail aus ihrem Leben bisher geheim gehalten hatte, würde Keri sicher nicht unbedingt dabei helfen, Redakteurin zu werden.
Tina zog ein Foto aus ihrer Handtasche und schob es über den Tisch. Keri schaute jedoch gar nicht hin. Im Geiste stellte sie eine kurze Liste der Leute zusammen, die wussten, was sie im hässlichsten Auto in der Geschichte der fossilen Brennstoffe gemacht hatte. Ihre Freunde. Der Polizist, der in einem wirklich ungünstigen Moment mit einer Taschenlampe an die beschlagene Scheibe geklopft hatte. Ihre Eltern, weil der Polizist in dieser Nacht schlechte Laune gehabt hatte. Die schätzungsweise sechshundert Jugendlichen, die in diesem Jahr mit ihr auf die Highschool gegangen waren – und jeder, dem diese sechshundert Jugendlichen von dem Vorfall erzählt hatten. Vielleicht war
kurze Liste
nicht der richtige Ausdruck.
„Das ist zwei Jahrzehnte her“, sagte Keri, da ihre Chefin eindeutig eine Erklärung erwartete. „Nicht gerade brandheiße News. Und du hast mich mit dieser Einkaufstour regelrecht überfallen.“
Ihr Tisch im Außenbereich des Cafés war von einer solchen Unmenge an Tüten umringt, dass die schiere Masse einen mit Steroiden vollgepumpten Packesel in die Knie gezwungen hätte. Keri wurde klar, dass Tina diese Einkaufstour bloß eingefädelt hatte, um sie zunächst in Sicherheit zu wiegen. Eigentlich keine große Überraschung. Tina Deschanel war eine hinterlistige Schlange und jede freundliche Geste von ihr bloß das Vorspiel für einen schmerzhaften Biss in den Hintern.
„Überfallen?“, wiederholte Tina so laut, dass sie zwei Hollywoodsternchen beim Knutschen aufscheuchte. Auf diese platte Art und Weise hatten die beiden wohl versucht, die Aufmerksamkeit der Paparazzi auf sich zu ziehen. Eine fanatische Horde von Bluthunden, diese Paparazzi. Und Keri würde sehr bald dazugehören, wenn sie nicht höllisch aufpasste.
„Was meinst du, wie ich mich gefühlt habe?“, fuhr Tina fort. „Da wende ich mich völlig ahnungslos an diese Frau, die in ihrem Blog erwähnt, dass sie mit Joseph Kowalski zur Highschool gegangen ist. Natürlich wittert sie sofort Geld, und ich fordere dafür handfeste Beweise von ihr. Und dann schickt sie mir tatsächlich ein paar Fotos. Sie war sogar so freundlich, Bildunterschriften hinzuzufügen.“
Nach diesem Wink mit dem Zaunpfahl ahnte Keri bereits, was auf sie zukam. Mit einem ihrer perfekt manikürten Fingernägel angelte sie sich das vergrößerte Foto und zog es zu sich heran.
Ein Mädchen lächelte ihr daraus entgegen. Die junge Frau trug einen pinkfarbenen flauschigen Pullover, ausgeblichene, verwaschene Jeans und rosa Pumps. Der übermäßig aufgetragene Eyeliner erinnerte an einen Waschbären und ließ ihre dunklen Augen noch dunkler wirken. Dazu trug sie hellen Lippenstift, und ihr hochgeföhntes Haar hatte in etwa die Ausmaße des Bundesstaats Wisconsin.
Keri erwiderte das Lächeln, während sie an ihre Lockenstab- und Haarsprayzeit zurückdachte. Wenn das Umweltministerium damals das Cheerleading verboten hätte, wäre die globale Erwärmung heute kaum der Rede wert.
Dann sah sie den Jungen an. Er lehnte an dem hässlichen Auto und hatte die Arme um die Taille der jungen Keri geschlungen. Joes blaue Augen waren genauso dunkel wie der Schulpullover, den er anhatte. Sein Grinsen wirkte gleichzeitig unschuldig und unartig. Und diese verdammten Grübchen – denen war sie komplett verfallen gewesen. Ein Baseballcap der Red Sox verbarg sein honigbraunes Haar, aber sie musste es gar nicht sehen. Sie wusste
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