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Der Tag des Königs

Der Tag des Königs

Titel: Der Tag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdellah Taïa
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geweckt.
    Die salonartige Halle ist leer. Alle Frauen sind gegangen. Die Fensterläden sind geschlossen. Es gibt fast kein Licht mehr. Nur Hassan II ., die drei tiefschwarzen Diener und ich sind noch da. Hassan II . trägt nun eine prachtvolle weiße, etwas kurze Dschellaba, auf dem Kopf einen weißen Turban und an den Füßen schwarze Schuhe. Er ist
schöner als zuvor, größer. Ein anderer Mensch. Eine Art Heiliger. Im Dunkeln ist er das Licht.
    Ich liebe ihn. Meine Liebe zu ihm erwacht wieder.
    Er ist mein König.
    Ich habe Glück. Ich bin von Dankbarkeit erfüllt. Ich möchte ihm dafür danken, dass er mich empfängt, dass er mich auf diese Weise in seinen Privatgemächern duldet, in dieser märchenhaften Welt, die es nicht gibt.
    Die Diener haben meinen Wunsch erkannt, mich dem König noch weiter zu nähern. Ihn zu berühren. Ihn zu küssen. Seine magische Kraft, die Baraka , zu haben. Ein wenig davon. Nur ein klein wenig. Es heißt, er sei ein direkter Nachkomme des Propheten Mohammed.
    Weit weg ist er nicht mehr. Ich will auf ihn zulaufen. Die Diener packen mich. Ich gebe nicht auf. Ich rebelliere. Ich versuche erneut, auf den König zuzulaufen. Ich werde wieder gepackt. Zwei Diener halten mich an den Armen fest. Ich bin wie festgenagelt. Eingekreist. Gefangen.
    Der König kommt zu uns.
    Man lässt mich los.
    Der König hält mir die Hand hin. Einige Augenblicke verharrt seine Hand so, ausgestreckt, erwartungsvoll. Ich weiß, was ich zu tun habe. Aber ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll.
    Die Hand von Hassan II . küssen: Diesen Traum hegen so gut wie alle Marokkaner. Für mich wird dieser Traum nun wahr.
    Doch wie küsst man, wie liebkost man diese saubere, derart saubere königliche Hand? Wie nur? Wer kann mir das verraten?
    Ich versuche, mich an die zahllosen Bilder des Königs zu erinnern, die ich im Fernsehen gesehen habe. Keines kann ich mir nun mit Genauigkeit vorstellen.
    Wieder bin ich verloren.
    Die Hand von Hassan II . wartet immer noch. Ich muss mich beeilen. Schnell. Schnell.
    Ich senke den Kopf. Ich stürze los.
    Ich umschließe die Hand des Königs mit meinen Händen. Ich habe mich verneigt. Zutiefst verneigt. Tadellos verneigt. Ich spüre die Hand von Hassan II . Ich atme ihren Geruch ein. Welch ein Glück! Welch ein Glück!
    Ich atme ihren Geruch noch tiefer ein. Sie ist wirklich sauber, sauberer als sauber. Gewaschen. Sehr gründlich gewaschen. Mit welcher Seife? Lux? Palmolive? Dop? Nivea? Benutzt auch der König diese landläufigen Seifenmarken, deren Duft ich genau kenne?
    Meine Nase ist noch in seiner Hand. Ich atme sie wieder und wieder ein. Ich schnüffle. Ich schlüpfe in die Haut dieser historischen Hand. Ganz klar: Sie riecht nach Sauberkeit. Nach sauberer Sauberkeit. Doch sie verströmt keinen Wohlgeruch. Absolut keinen. Bis auf den der Sauberkeit.
    Ich staune.
    Was, der König riecht nach nichts anderem als nach Sauberkeit? Wie eigenartig. Wirklich. Parfümiert er sich nicht? Das scheint mir unmöglich. Ich muss weiter schnüffeln. Diesen einzigartigen Augenblick ausnutzen, um den verborgenen Wohlgeruch zu entdecken, den verborgenen Duft des Königs und seiner Hände.
    Beherzt hebe ich den Kopf, um die Schulter des Königs zu küssen. Das werde ich nun tun. Ja, ja, ich werde es tun, ich werde es tun. Aber zuerst muss es mit dieser sauberen Hand ein Ende haben. Sie küssen. Sie küssen, wie es sich schickt. Ganz nach Protokoll, das alle Marokkaner in- und auswendig kennen. Außer mir.
    Was tun? Mein Gott, was tun? Ich muss improvisieren. Unbedingt, unbedingt. Ich habe keine andere Wahl.
    Ich küsse die Hand von Hassan II . Zuerst den Rücken dieser nicht sehr großen Hand, einmal, zweimal, dreimal. Dann drehe ich sie um. Die Handfläche des Königs verblüfft mich: Ihre Linien sind außergewöhnlich, Linien, wie ich sie noch nie gesehen habe, lange, endlose Linien. Ich will in ihnen lesen. Dafür ist jetzt keine Zeit. Ich drücke meine Lippen in diese unermessliche Handfläche, eine Welt für sich. Ich hinterlasse dort drei hastige, aufrichtige, entzückte Küsse.
    Auftrag ausgeführt?
    Nicht ganz. Jetzt gilt es, den Arm zu erklimmen.
    Habe ich denn nun die Hand des Königs angemessen geküsst? Habe ich ihr Ehre erwiesen, wie es sich gehört? Keine Ahnung. Ich sage mir, besser stelle ich das jetzt gleich klar, denn sonst

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