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Der Tee der drei alten Damen

Der Tee der drei alten Damen

Titel: Der Tee der drei alten Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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verbeugte sich viele Male. Sein Blick glitt über die Anwesenden, aber er schien niemanden zu erkennen. Er steckte den Paß in seine Brieftasche, brauchte eine ganze Minute, um seine Baskenmütze korrekt aufzusetzen, und dann fiel die Türe hinter ihm zu.
    »Äpfuuh«, sagte Herr Martinet, polierte seine Glatze und ließ das Tüchlein wieder verschwinden. »Ich hasse Justizskandale… Und Sie sagten, mein lieber Kommissar, daß Sie eine gläubige Ahnung hätten, wo sich das Generalquartier der Fliegenanbeter befinde?…«
    »Sie sind müde, Natascha, legen Sie sich ein wenig nieder. Ich kann mir auch angenehmere Dinge vorstellen, als Leichentransporte… So, liegen Sie gut? Noch ein Kissen?
    Man merkt es Ihnen an, daß Sie nie verwöhnt worden sind. Darf ich nicht ein wenig für Sie sorgen? Der Kaffee kommt gleich. Warten Sie, ich will nur noch den Vorhang zuziehen, die Sonne blendet Sie. So… Und nun?«
    »Wollen Sie wirklich zu dieser Einladung gehen?« fragte Natascha. Sie hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und blinzelte. Aber ihre Stimme klang besorgt.
    »Aber natürlich!« sagte George Whistler, dem niemand mehr den Maharaja angesehen hätte. Er trug einen dunkelgrauen Anzug, braune Schuhe und lehnte sich gemütlich an die Tischkante. »Soll ich vor einer alten Dame Angst haben, die mich zum Tee einladet?«
    »Es ist nicht eine alte Dame, sondern drei«, antwortete Natascha. »Und es sind sicher Giftmischerinnen. Sie müssen vorsichtig sein. Übrigens werde ich Sie begleiten.«
    »Das wird mich freuen, das wird mich sehr freuen«, sagte George Whistler, und dann herrschte ein langes Schweigen.
    »Übrigens«, sagte Natascha dann, »wenn Sie wieder in Ihr Land wollen, kann ich Ihnen wahrscheinlich helfen. Ich weiß allerlei…«
    »Sie wollen mir helfen? Aber dann verraten Sie doch Ihr Land?«
    »Mein Land? Ich habe keine Heimat. Ich habe einmal an Ideen geglaubt. Aber davon bin ich kuriert worden. Warten Sie einmal. Ich glaube, ich muß mein Ausbleiben entschuldigen.« Natascha stand auf, ging zum Telephon.
    »Wollen Sie Herrn Baranoff ans Telephon rufen?« fragte sie. »Wie?… Was sagen Sie?… Heute morgen?… Danke, nein… Danke.« Sie legte den Hörer ab. »Was sagen Sie nun! Baranoff ist verhaftet worden.«
    »Ach? Das war der kommunistische Agent, mit dem Sie zusammengearbeitet haben? Nicht wahr? Ja, das ist traurig. Was wollen Sie jetzt machen? Hören Sie, ich habe einen Vorschlag. Wir fahren beide nach Indien. Sie scheinen besser in den Angelegenheiten meines Landes Bescheid zu wissen, als ich. Sie können mir helfen. Und wenn dann dort unten alles in Ordnung ist, dann können wir ja weiter sehen… ich meine… ja… weiter sehen.«
    »Gut, Camarade«, sagte Natascha, senkte den Kopf und kehrte sich ein wenig ab. »Ich freue mich darauf, dem alten Bose eins auszuwischen. Aber warum wollen Sie zu diesen alten Damen gehen? Ist das nötig?«
    »Jetzt muß ich beichten«, sagte der Maharaja, »ich habe heute morgen mit einem guten Freunde telephoniert, einem Menschen, der mir soviel geholfen hat, daß er alles von mir verlangen kann. Ihm habe ich erzählt, was gestern abend geschehen ist, daß ich die Leiche eines Arztes aus einem Hause fortgeschafft und an einem Straßenbord niedergelegt habe. Auch von der Einladung habe ich ihm erzählt. ›Sie müssen gehen‹, hat er mir gesagt, ›ich weiß, Sie sind tapfer. Und mir würden Sie damit den größten Dienst erweisen. Wir haben einen Tiger hier in der Stadt, und Sie verstehen sich ja auf Tigerjagd. Nur werden Sie diesmal nicht der Jäger sein, sondern das feiste Kitzlein, das man als Lockung benützt. Verstehen Sie? Für dürre Beuten interessiert sich unser Tiger nicht. Dürre Beuten überläßt er seinen Hyänen, um im Bild zu bleiben. Wollen Sie das für mich tun? Ich garantiere, daß Ihnen nichts geschehen wird. Alle Vorsichtsmaßnahmen werde ich ergreifen lassen…‹ Nun, und da konnte ich doch nicht ›Nein‹ sagen, nicht wahr, Natascha?«
    »Natürlich nicht«, sagte die Agentin 83. »Aber ich werde in Ihrer Nähe bleiben, Camarade. Lassen Sie mich jetzt gehen. Um fünf Uhr sollen Sie bei den alten Damen sein?… Jetzt ist es drei Uhr. Ich werde mich ins Hauptquartier begeben – vielleicht ist es auch gar nicht das Hauptquartier. Aber doch in jene Wohnung, wo Sie Tee trinken sollen. Ich wohne nämlich bei der Dame, die Sie eingeladen hat. Und dort werde ich in meinem Zimmer warten. Ich habe jetzt Zeit. Und wenn alles vorüber ist,

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