Der Traum der Hebamme / Roman
Schicksal seiner Schwester Adela, die sich tapfer dagegen wehrte, dass ihr Mann Otaker, nun König von Böhmen, sie nach vielen Ehejahren und trotz der gemeinsamen Kinder verstoßen wollte. Er hatte sich die Tochter des ungarischen Königs als neue Gemahlin auserwählt – jene Konstanze, die zu Beginn des Dritten Kreuzzuges mit Barbarossas Sohn Friedrich von Schwaben verlobt worden war. Da Friedrich vor Akkon starb, konnte diese Ehe nicht geschlossen werden.
Dietrich stellte sich energisch auf die Seite seiner Schwester, die mit ihren Beschwerden bis vor den Papst ging, und forderte den König auf, den sich ehrlos benehmenden Otaker zur Ordnung zu rufen. Doch Philipp von Schwaben war die Allianz mit Böhmen wichtiger. Dann wurde er ermordet, und sein Rivale Otto, der Sohn von Barbarossas großem Freund und Feind Heinrich dem Löwen, wurde auch von den staufertreuen Fürsten als König anerkannt.
Im Jahr 1209 ließ sich Otto IV . von seinem ewigen Widerpart Papst Innozenz III . zum Kaiser krönen. Doch er konnte seine Herrschaft nicht lange behaupten, denn bald trat Friedrich II . auf den Plan – noch jung, aber nicht weniger charismatisch als sein berühmter Großvater, dessen Namen er trug. Viele abtrünnige Fürsten, unter ihnen Landgraf Hermann, ebenso der unversöhnliche Papst Innozenz III ., trugen zu Ottos Sturz bei.
Und Jutta von Thüringen?
Die im Auftrag der Wettiner geschriebene Chronik vom Petersberg berichtet, dass Dietrich zur Verlobung und Vermählung mit ihr von Landgraf Hermann gedrängt worden sei, was vermutlich den Tatsachen entspricht. Nur unter dieser Bedingung wolle ihn jener militärisch gegen Albrecht unterstützen. Aber als Dietrich Jutta zum ersten Mal gesehen habe, soll sie ihm derart missfallen haben, dass er seine Zustimmung widerrief. Allerdings sei seine Bedrängnis so groß gewesen, dass er am Ende doch auf diesen Handel eingehen musste.
Der Chronik vom Petersberg darf man jedoch nicht alles aufs Wort glauben. Sie ist mit Anekdoten ausgeschmückt, die der Verfasser für die Unterhaltung der Leser erfand – oder, um die wettinischen Auftraggeber in besserem Licht darzustellen.
Mehrere Historiker, die ich während meiner Recherchen aufsuchte, fragten mich sofort: »Übernehmen Sie auch die Episode mit der hässlichen Jutta?«, und waren sehr froh, als ich verneinte.
Ich finde, sie hat es nicht verdient, in die Geschichte als »hässliche Jutta« einzugehen – ebenso wenig wie Hedwig als »zänkisches Weib«, wie man es in alten Chroniken findet. Vielleicht sollte mit diesem Einschub, dass es sich der Bräutigam angesichts der Braut noch einmal anders überlegte und am Ende in seiner Notlage doch zustimmen musste, der Fakt verwischt werden, dass Dietrich hier eine überaus gute Partie machte? Denn er war nur Graf von Weißenfels, bekam aber die Tochter eines überaus mächtigen Landgrafen. Mit der in der Chronik so anschaulich geschilderten Szene wird dagegen der Anschein erweckt, Dietrich bringe dabei ein Opfer.
Es stimmt, Dietrich hatte mehrere uneheliche Kinder – zumindest einige aus der Zeit vor seiner Hochzeit, die Geburtsjahre sind nicht belegt. Das vermutlich älteste davon hieß Dietrich; dieser Sohn bekam also den Namen seines Vaters, was nicht üblich bei unehelich Geborenen war und darauf schließen lässt, dass Kind und Mutter dem Grafen viel bedeuteten. Später wurde jener Sohn Bischof von Naumburg, ein weiteres uneheliches Kind Dietrichs Propst von Meißen. Der Vater hatte also vorbildlich für ihr Auskommen gesorgt.
Mit Jutta hatte er fünf Kinder, von denen zwei sehr früh starben. Zwei Jahre nach Dietrichs Tod heiratete Jutta erneut, und zwar den thüringischen Adligen Poppo von Henneberg, und Biographen meinen, sie könne so hässlich nicht gewesen sein, denn dies sei eine Heirat aus Liebe gewesen. Juttas Geburtsjahr ist nicht bekannt, ebenso wenig das Jahr der Hochzeit mit Dietrich, die wohl um 1194/95 stattfand. Vermutlich war sie bei Absprache der Ehe wirklich erst acht Jahre alt.
Was mich aber besonders für sie einnimmt, ist eine bemerkenswerte Leistung, die sie nach dem Tod ihres Gemahls vollbrachte.
Als Dietrich 1221 starb, war sein einziger noch lebender legitimer Sohn Heinrich gerade erst drei Jahre alt. Juttas jüngerer Bruder, Landgraf Ludwig IV . von Thüringen aus Hermanns zweiter Ehe, der im gleichen Jahr die später heiliggesprochene ungarische Königstochter Elisabeth heiratete, wurde als Vormund für den kleinen Heinrich und die
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