Der verbotene Kuss
Einen Moment später kam Ian in den Raum. Er ging zum Bett und setzte sich darauf. Dann streckte er die Hand aus und strich seinem Sohn sacht über die Wange. „Er ist schön, nicht wahr?“
„Ja“, antwortete Felicity voll mütterlichen Stolzes.
„Und nun ist er der stolze Erbe eines Besitzes.“
Neugierig schaute Felicity ihren Mann an. „Dann ist die Sache jetzt geregelt? Ist alles erledigt?“
Ian nickte. „Onkel Edgar kann uns nicht in die Quere kommen. Ich glaube, das hat er schon am Abend des Balls bei Stratton begriffen.“
Mrs. Box kam ins Zimmer. „Seine Lordschaft ist einge . . . Oh, da sind Sie ja, Mylord! Sie sind mir zuvorgekommen, wie ich sehe.“ Breit lächelnd kam sie zum Bett. „Soll ich Ihnen den kleinen Master abnehmen, Madam? Sieht so aus, als machte er wieder ein Schläfchen. “
Felicity übergab ihren Sohn der Haushälterin. Mrs. Box hatte sich als ausgezeichnetes Kindermädchen erwiesen. Felicity hatte keinen Zweifel, dass Mrs. Box das auch bei den weiteren kleinen Lennards sein würde.
Sobald die Haushälterin gegangen war, sagte Ian: „Als ich bei meinem Anwalt in London war, habe ich etwas Interessantes herausgefunden.“ Er zog ein zusammengefaltetes Blatt aus der Tasche. „Offensichtlich hat mein Vater Verfügungen hinterlassen, die mir mitgeteilt werden sollten, wenn ich vor Ablauf der Frist einen Erben bekomme.“
Mit zitternden Händen nahm Felicity das Schreiben entgegen, entfaltete und las es.
„Mein Sohn, wenn du dieses Schreiben liest, dann hast du mich nicht enttäuscht. Zweifellos findest du meine Methoden sehr ausgefallen. Das hast du stets getan. Aber ich musste sicher sein, dass du dich um Chesterley kümmern würdest, und das schien mir der beste Weg zu sein, dich dazu zu zwingen, deine Pflichten auf dich zu nehmen. Verzeih mir, wenn du kannst. “
Verärgert legte Felicity den Brief auf die Bettdecke. „Und mehr hat dein Vater dir nicht geschrieben? Kein Wort der Entschuldigung dafür, dass er dich aus dem Haus getrieben hat? Keine Andeutung darauf, dass er dich immer für schuldlos gehalten hat?“
„Das ist seine Entschuldigung, mein Schatz. Zu mehr hätte er sich nie durchzuringen vermocht. Jordan hat einmal geäußert, dass mein Vater, hätte er mich wirklich nicht für wert befunden, sein Erbe zu sein, dieses befremdliche Testament nicht gemacht hätte. Er hätte den Besitz einfach meinem Onkel vermacht. Aber das hat er nicht getan. Er wollte sicherstellen, dass ich nach Haus zurückkehrte.“ Veranlasst durch den resignierten Ton, in dem der Gatte gesprochen hatte, ergriff Felicity seine Hand. „Du bist deinem Vater nicht böse? Alle diese Jahre der Qual, in denen du gedacht hast, er verachte dich . . .“
„Ich bin eher auf mich böse. Wäre ich hier geblieben, hätten Vater und ich unsere Differenzen ausräumen können. Aber der Stolz hat mich aus dem Haus getrieben.“ Ian lächelte. „Wäre ich jedoch geblieben, hätte ich dich vielleicht nicht kennen gelernt.“
Felicity schmunzelte. „Oh, ich bin sicher, wir hätten uns kennen gelernt. Du bist ein so unangenehmer Mensch. Irgendwann hättest du etwas getan, das die Erwähnung in einem meiner Artikel wert gewesen wäre. Und dann wärst du bestimmt in mein Arbeitszimmer gekommen und hättest mir warnend vorgehalten, ich solle dich nicht gegen mich aufbringen.“
„Und du hättest mich beschuldigt, dich verführt und mir die gerissenste Strategie zurechtgelegt zu haben, um dich zu bekommen.“ Ian drückte der Gattin die Hand. „Du hast Recht, querida. Es hätte überhaupt keinen Unterschied gemacht. Eine Begegnung mit dir wäre genug gewesen, um mich dazu zu bringen, dich zu begehren. Jedenfalls war es bei unserer ersten Begegnung so.“
„Was? An jenem Tag hast du dich wirklich nicht so aufgeführt, als würdest du mich begehren. Du hast mich unter Druck gesetzt.“
Ian zog eine Augenbraue hoch. „Genützt hat mir das nicht viel. Danach hast du genau das über mich veröffentlicht, was du sowieso über mich schreiben wolltest.“
„Da wir gerade davon reden, muss ich dir sagen, dass es an der Zeit für mich ist, mich wieder meiner Kolumne zu widmen. Was glaubst du, worüber ich im ersten Artikel seit der Geburt unseres Kindes schreiben soll?“
„Warum schreibst du nicht über die verschiedenen Arten, wie dein guter Viscount seine Frau mit Wonnen quälen will, sobald der Arzt gesagt hat, dass wir wieder miteinander schlafen können?“
„Oh nein! Darüber könnte ich
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