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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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vielmehr das Wunder sucht. Und da der Mensch nicht imstande ist, ohne Wunder auszukommen, wird er sich neue Wunder schaffen, eigene Wunder; er wird sich vor den Wundern der Zauberer und Hexen beugen, mag er auch hundertmal als Rebell, Ketzer oder Atheist gelten. Du bist nicht vom Kreuz herabgestiegen, als dir höhnisch zugerufen wurde: Steig herab vom Kreuz, und wir werden glauben, daß du der Sohn Gottes bist! Du bist nicht herabgestiegen, weil du abermals den Menschen nicht durch ein Wunder knechten wolltest, weil du einen freien Glauben wünschtest, keinen Wunderglauben. Du wünschtest freiwillige Liebe und nicht sklavisches Entzücken des Unfreien über eine Macht, die ihm ein für allemal Schrecken einflößt. Aber auch hier hast du von den Menschen zu hoch gedacht, denn sie sind allerdings Unfreie, wenn sie auch als Rebellen geschaffen worden sind. Sieh um dich und urteile selbst! Fünfzehn Jahrhunderte sind jetzt verflossen; bitte, sieh dir die Menschen an: wen hast du zu dir emporgehoben? Ich schwöre dir, der Mensch ist schwächer und niedriger, als du geglaubt hast! Kann er, frage ich, überhaupt ausführen, was du ausgeführt hast? Indem du ihn so hoch einschätztest, hast du gehandelt, als ob du kein Mitleid mehr für ihn empfändest, du hast zuviel von ihm verlangt, du, der du ihn doch mehr liebtest als dich selbst! Hättest du ihn weniger hoch eingeschätzt, hättest du auch weniger von ihm verlangt; das wäre der Liebe näher gekommen, denn es hätte seine Bürde leichter gemacht. Er ist schwach und gemein. Daß er jetzt überall gegen unsere Macht rebelliert und auf diese Rebellion stolz ist – was will das besagen? Das ist der Stolz eines Kindes, eines Schulknaben. Das sind Kinder, die in der Klasse revoltieren und den Lehrer vertreiben. Aber auch der Jubel dieser Kinder wird sein Ende finden; er wird ihnen teuer zu stehen kommen. Sie werden die Tempel niederreißen und die Erde mit Blut überschwemmen. Aber schließlich werden die dummen Kinder merken, daß sie doch nur schwächliche Rebellen sind, die ihre eigene Rebellion nicht aushalten. In dumme Tränen ausbrechend, werden sie bekennen, daß sich derjenige, der sie zu Rebellen erschaffen hat, ohne Zweifel über sie hat lustig machen wollen. Sie werden das voller Verzweiflung sagen, und was sie sagen, wird eine Gotteslästerung sein, die sie noch unglücklicher macht; denn die menschliche Natur erträgt keine Gotteslästerung und bestraft sich zuletzt immer selbst dafür. Und so sind jetzt Unruhe, Verwirrung und Unglück das Los der Menschen, nachdem du so viel für ihre Freiheit gelitten hast! Dein großer Prophet sagt in einer allegorischen Vision, er habe alle Teilnehmer der ersten Auferstehung gesehen, aus jedem Stamm zwölftausend. Aber wenn es so viele waren, dann waren auch sie wohl kaum Menschen, sondern Götter. Sie haben dein Kreuz getragen. Sie haben es erduldet, jahrzehntelang in der öden Wüste zu leben und sich von Heuschrecken und Wurzeln zu ernähren. Du kannst in der Tat stolz auf diese Kinder der Freiheit hinweisen, die dich freiwillig geliebt und um deines Namens willen freiwillig ein so großartiges Opfer gebracht haben. Aber vergiß nicht, daß es im ganzen nur ein paar Tausend waren, und zwar Götter – aber die übrigen? Was können die übrigen, die schwachen Menschen, dafür, daß sie nicht dasselbe ertragen konnten wie die Starken? Was kann eine schwache Seele dafür, daß sie nicht imstande ist, so furchtbare Gaben aufzunehmen? Bist du wirklich nur zu den Auserwählten und für die Auserwählten gekommen? Wenn es so ist, liegt hier ein Geheimnis vor, und wir können es nicht verstehen. Wenn aber ein Geheimnis vorliegt, so waren auch wir berechtigt, dies zu verkünden und die Menschen zu lehren, daß nicht der freie Entschluß ihrer Herzen und nicht die Liebe das Entscheidende ist, sondern jenes Geheimnis, dem sie sich blind unterordnen müssen, selbst gegen ihr Gewissen. Das haben wir denn auch getan. Wir haben deine Tat verbessert und sie auf das Wunder, das Geheimnis und die Autorität gegründet. Und die Menschen freuten sich, daß sie wieder wie eine Herde geleitet wurden und daß endlich das furchtbare Geschenk, das ihnen so viel Qual bereitet hatte, von ihren Herzen genommen war. Sprich, waren wir berechtigt, so zu lehren und so zu handeln? Haben wir die Menschheit etwa nicht geliebt, als wir so freundlich ihre Schwäche anerkannten, ihre Bürde liebevoll erleichterten und ihrer schwachen Natur sogar die Sünde

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