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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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sagen«, gestand sie leise.
    Hellwang schob die Hände in die Hosentaschen: »Britta ist alt genug und hoffentlich auch vernünftig genug, um einzusehen, daß Dienst eben Dienst ist«, sagte er ruhig, »und wenn sie es nicht einsieht, nun, dann ist auch nichts zu machen. Du kannst ihretwegen schließlich nicht den Vertrag zurückschicken. Das ist doch nun einmal klar, nicht wahr? Also mach dir keine Gedanken, was sein muß, muß sein.« Er drehte sich um und stieg die Treppe empor. In seinem Zimmer schaltete er den elektrischen Ofen an und hielt die Hände gegen den warmen Luftstrom. Übermorgen...dachte er, übermorgen...Das Wort lief in seinem Kopf herum wie eine gefangene Maus in einem kleinen, runden Käfig. Er hörte, wie Trix in ihr Zimmer ging, um sich für die Stadtfahrt umzukleiden. Sie verabschiedete sich nicht von ihm, wahrscheinlich meinte sie, ihn in der Arbeit zu stören. Und er stand an der Tür und wartete auf sie. Vielleicht hätte er sie in seine Arme gerissen, wenn sie die Tür geöffnet hätte. Aber sie ging an seinem Zimmer vorüber. Unten sprach sie noch ein paar Worte mit Kathi, die ihr für Britta ein Stück Prinzregententorte mitgab. Lydia und Söhnchen begleiteten sie zur Garage und hängten sich über das einschwingende Zauntor, um ihr nachzuwinken, bis der Wagen um die Ecke verschwand.
    Hellwang trat von seinem Platz hinter dem Store ins Zimmer zurück. Er schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen, aber er suchte den Schreibtisch und seine Taschen vergeblich nach Feuer ab. Schließlich mußte er sich eine Schachtel Zündhölzer — er benutzte nie ein Feuerzeug — aus der Küche holen. Kathi stand am Tisch und richtete einen Italienischen Salat an. Sie bereitete die Mayonnaise selber zu und quirlte öl in ein Eigelb. Sie bat ihn, sich die Zündhölzer selber zu nehmen, sie lägen links im oberen Schrankfach.
    »Hat Ihnen meine Schwägerin übrigens schon erzählt, daß sie uns übermorgen verläßt?« fragte er.
    Kathi stellte die Ölflasche ab, aber sie rührte weiter. »Machen S’ Witze!« stieß sie hervor.
    »Ich mache keine Witze!« knurrte er sie an.
    Kathis rechte Hand rührte die Mayonnaise immer noch mechanisch weiter. Sie starrte Hellwang an und schüttelte den Kopf, als wolle sie sagen: Ich glaub’s einfach nicht, und wenn Sie es mir noch zehnmal erzählen, ich glaube es nicht! — Ihre sture Ungläubigkeit erregte seinen Zorn.
    »Übermorgen!« schrie er unbeherrscht und knallte die Küchentür hinter sich zu. Kathi starrte verblüfft auf die Stelle, wo er gestanden hatte. Ihre Augen weiteten sich.
    »Oha!« murmelte sie, »waht der Wind aus der Richtung?« — Sie seufzte tief auf, so recht aus Herzensgrund, dann gruben sich tiefe Denkfalten in ihre Stirn, sie schnüffelte vernehmlich, und schließlich sog sie die Luft zischend zwischen dem oberen rechten Eck- und Schneidezahn ein. »Dees werma scho sehn!« murmelte sie grimmig.
    Trix fuhr langsam zur Stadt, sie fuhr so langsam daß sie fast ein Verkehrshindernis wurde, sogar Mopeds überholten sie. Andere Fahrer, die sie böse hupend überholten, wurden freundlicher, wenn sie entdeckten, daß eine Frau am Steuer saß. Natürlich, die Weiber! Es fiel Trix schwer, sich aufs Fahren zu konzentrieren. Ihre Handtasche lag auf dem Nebensitz. Aus dem Seitenfach lugte ein schmaler Streifen eines gelben Briefumschlages hervor.
    Sie hatte doch noch gestern das Eintreffen einer positiven Antwort auf ihre Bewerbungen so sehnlich herbeigewünscht. Weshalb empfand sie keine Befriedigung darüber, daß ihr Wunsch sich so rasch erfüllt hatte? Die Berufung war doch ein Erfolg, denn ganz gewiß war ihre Bewerbung nicht die einzige gewesen. Weshalb also spürte sie keine Freude, keinen Stolz und kein Glücksgefühl? — Einen Augenblick lang versuchte sie sich einzureden, es bedrücke sie, die Nachricht von der bevorstehenden Trennung Britta zu überbringen. Natürlich, auch das sprach mit. Aber weshalb fand sie nicht den Mut, sich einzugestehen, daß sie seit Tagen nichts so sehr gefürchtet hatte, als daß ihre Bewerbungen von einer Stelle positiv beantwortet würden.
    Weshalb belüge ich mich? Wenn Konrad nur ein einziges Wort gesagt hätte, wenn er gesagt hätte: bleib! — ich hätte mich nicht eine Sekunde lang besonnen, nein, nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde wäre ich um die Antwort verlegen gewesen. Nun bin ich enttäuscht, daß er geschwiegen hat. Aber was hat mich denn berechtigt, auf dieses Wort von ihm zu warten?

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