Die dunkle Seite des Mondes
moderige Schicht der von Pilzfäden durchzogenen Streudecke.
Die Schicht aus bleichem Buchenlaub des letzten Jahres.
Die Schicht aus den tonbraunen Buchenblättern von gestern.
Urs Blank wurde Teil des Waldes.
»Siehst du«, sagte Welti, »wenn er Witterung aufgenommen hat, ist er Weltklasse.«
Sie hatten den Pickup geöffnet – Autos knacken war eine Spezialität von Blaser – und Rambo das Kissen auf dem Fahrersitz beschnuppern lassen. Seither war der Hund unbeirrbar einer Fährte gefolgt. »Wie auf einer Magnetschiene«, schwärmte Welti.
Lange Zeit folgten sie Rambo auf dem Waldweg. Bei einer kleinen Holzbrücke verließ er ihn und führte sie in ein schmales Tobel.
Nach zweihundert Metern kam ihnen ein Jäger entgegen. Er war verdreckt, sein Parka war an mehreren Stellen zerrissen, über sein Gesicht liefen blutige Kratzer. Er rauchte eine Zigarre.
Rambo bellte ihn mit hochgezogenen Lefzen an.
»Herr Ott«, sagte Blaser, »vielleicht ist es besser, Sie geben mir Ihre Waffe.«
Ott gab ihm seinen Repetierstutzen.
Er griff in den Parka und übergab ihm auch die Luger.
Wenig später verschwand der Name Blank vom diskreten Messingschild seiner Kanzlei.
Und nach ein paar Monaten das Messingschild.
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Foto: © Christian Kaufmann
MARTIN SUTER geboren 1948 in Zürich, ist Schriftsteller, Kolumnist (er schrieb die wöchentliche Kolumne Business Class und verfasste die Geschichten um Geri Weibel) und Drehbuchautor (u.a. schrieb er 2009 das Drehbuch zu dem Film Giulias Verschwinden ). Bis 1991 arbeitete er als Werbetexter und Creative Director, bis er sich ausschließlich fürs Schreiben entschied. Seine Romane – zuletzt Der Koch – sind auch international große Erfolge. 2011 erschien der Auftakt zu seiner Krimiserie, Allmen und die Libellen . Martin Suter lebt mit seiner Familie in Spanien und Guatemala.
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