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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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Greifantennen befestigten Rudimente verkümmert. Nun dürfte die Ersparung eines großen und zusammengesetzten Gebildes, wenn es überflüssig wird, ein entschiedener Vorteil für jedes spätere Individuum der Spezies sein; denn im Kampfe um’s Dasein, welchen jedes Tier zu kämpfen hat, würde jedes einzelne um so mehr Aussicht sich zu behaupten erlangen, je weniger Nährstoff zur Entwicklung eines nutzlos gewordenen Organes verloren geht.
    Darnach, glaube ich, wird es der natürlichen Zuchtwahl auf die Länge immer gelingen, jeden Teil der Organisation zu reduzieren und zu ersparen, sobald er durch eine veränderte Lebensweise überflüssig geworden ist, ohne deshalb zu verursachen, dass ein anderer Teil in entsprechendem Grade sich stärker entwickelt. Und eben so dürfte sie umgekehrt vollkommen im Stande sein, ein Organ stärker auszubilden, ohne die Verminderung eines andern benachbarten Teiles als notwendige Compensation zu verlangen.
    Vielfache, rudimentäre und niedrig organisierte Bildungen sind veränderlich
    Nach Isidore Geoffroy Saint-Hilaire’s Bemerkung scheint es bei Varietäten wie bei Arten Regel zu sein, dass, wenn irgend ein Teil oder ein Organ sich oftmals im Baue eines Individuums wiederholt, wie die Wirbel in den Schlangen und die Staubgefäße in den polyandrischen Blüten, seine Zahl veränderlich wird, während die Zahl desselben Organes oder Teiles beständig bleibt, falls es sich weniger oft wiederholt. Derselbe Autor sowie einige Botaniker haben ferner die Bemerkung gemacht, dass vielzählige Teile auch Veränderungen im inneren Bau sehr ausgesetzt sind. Insofern nun diese »vegetative Wiederholung«, wie R. Owen sie nennt, ein Anzeigen niedriger Organisation ist, stimmen die vorangehenden Bemerkungen mit der sehr allgemeinen Ansicht der Naturforscher zusammen, dass solche Wesen, welche tief auf der Stufenleiter der Natur stehen, veränderlicher als die höheren sind. Ich vermute, dass in diesem Falle unter tiefer Organisation eine nur geringe Differenzirung der Organe für verschiedene besondere Verrichtungen gemeint ist. Solange ein und dasselbe Organ verschiedene Leistungen zu verrichten hat, lässt sich vielleicht einsehen, warum es veränderlich bleibt, das heißt, warum die natürliche Zuchtwahl nicht jede kleine Abweichung der Form ebenso sorgfältig erhalten oder unterdrücken sollte, als wenn dasselbe Organ nur zu einem besondern Zweck allein bestimmt wäre. So können Messer, welche allerlei Dinge zu schneiden bestimmt sind, im Ganzen so ziemlich von beinahe jeder beliebigen Form sein, während ein nur zu einerlei Gebrauch bestimmtes Werkzeug auch eine besondere Form haben muss. Man sollte nie vergessen, dass natürliche Zuchtwahl allein durch den Vorteil eines jeden Wesens und zu demselben wirken kann.
    Rudimentäre Organe sind nach der allgemeinen Annahme sehr zur Veränderlichkeit geneigt. Wir werden auf diesen Gegenstand zurückzukommen haben, und ich will hier nur bemerken, dass ihre Veränderlichkeit durch ihre Nutzlosigkeit bedingt zu sein scheint, und in Folge dessen davon, dass in diesem Falle natürliche Zuchtwahl nichts vermag, um Abweichungen ihres Baues zu verhindern.
    Ein in außerordentlicher Stärke oder Weise in irgend einer Spezies entwickelter Teil hat, in Vergleich mit demselben Teile in verwandten Arten eine große Neigung zur Veränderlichkeit
    Vor mehreren Jahren wurde ich durch eine ähnliche von Waterhouse gemachte Bemerkung überrascht. Auch scheint Professor Owen zu einer nahezu ähnlichen Ansicht gelangt zu sein. Es ist keine Hoffnung vorhanden, jemanden von der Wahrheit des obigen Satzes zu überzeugen, ohne die lange Reihe von Tatsachen, die ich gesammelt habe, aber hier nicht mitteilen kann, aufzuzählen. Ich kann nur meine Überzeugung aussprechen, dass es eine sehr allgemeine Regel ist. Ich kenne zwar mehrere Fehlerquellen, hoffe aber, sie genügend berücksichtigt zu haben. Man muss bedenken, dass diese Regel auf keinen wenn auch an sich noch so ungewöhnlich entwickelten Teil Anwendung finden soll, wofern er nicht in einer Spezies oder in einigen wenigen im Vergleich zu demselben Teile bei vielen nahe verwandten Arten ungewöhnlich ausgebildet ist. So ist die Flügelbildung der Fledermäuse in der Klasse der Säugetiere äußerst abnorm; doch würde sich jene Regel nicht hierauf beziehen, weil diese Bildung der ganzen Gruppe der Fledermäuse zukommt; sie würde nur anwendbar sein, wenn die Flügel einer

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