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Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
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war es so laut, dass ich meine Klicks und deren Echos kaum hören würde, und der Kampf würde wahrscheinlich so schnell ablaufen, dass ich gar nicht dazu käme, meinen Biosonar einzusetzen. Trotzdem wollte ich es nicht ganz ausschließen.
    Ich bemerkte Tuppers musternden Blick und versteifte mich. Jetzt kommt’s, dachte ich. Irgendein Vorwurf gegen meine Eltern, weil sie mich unterseeisch großgezogen hatten.
    Seine Augen wanderten schnell über die Leute um uns herum. »Kannst du deine Gabe als Waffe benutzen?«, fragte er mit gedämpfter Stimme.
    »Was?«
    »Dein Biosonar. Hast du jemals versucht, es direkt auf eine Person zu richten und, na du weißt schon, es ein bisschen zu verstärken?«
    Verstärken?
    »Was sollte das bringen?«, fragte ich.
    »Ich dachte nur gerade an diese Dinger, die die Meereswache benutzt, um die Menge in Schach zu halten. Sie schießen mit Schallwellen oder so was, und die Leute rennen davon.« Nach diesen Worten schüttelte er den Kopf, als würde er den Gedanken wieder loswerden wollen. »Vergiss es. Ich weiß nicht, wovon ich rede. Viel Glück da unten«, sagte er und drückte meine Schulter.
    Er kehrte zu seinem Platz zurück, während ich über seine Frage nachdachte. Meine Dunkle Gabe als Waffe einsetzen? Das hatte ich noch nie versucht, obwohl ich oft gesehen hatte, wie Delfine und Wale auf diese Weise Fische betäubten. Doch diese Töne bestanden aus einer Folge schneller, niederfrequenter Stöße und nicht aus Klicks, wie sie für die Echoortung benutzt wurden.
    Konnte ich ein so starkes Geräusch erzeugen? Konnte ich mein Biosonar »verstärken«, um einen Fisch in die Irre zu führen? Wenn ich das nächste Mal im Meer unterwegs war, wäre es einen Versuch wert. Aber nicht jetzt. Egal wie furchterregend Gabion auch war, ich würde es nicht bei einem Menschen testen.
    Plötzlich wurden alle Lichter über Rip Tide ausgeschaltet und Beifall brandete auf. Ich konnte sogar den Jubel von der entfernten Küste hören.
    »Alle zurück auf ihre Plätze«, rief Fife in das Mikrofon. »Lasst uns mit einer neuen Show auf dem Floß beginnen.« Er winkte dem Kerl in dem Ruderboot zu.
    Gemma wirkte jetzt hundertmal besorgter als während Shades Kampf, was mir einerseits schmeichelte, andererseits aber auch ein bisschen beleidigend vorkam.
    »Du darfst nicht sterben«, sagte sie und umarmte mich kurz.
    Ich nickte nur, kletterte über das Geländer und in das wartende Ruderboot. Als ich Eel mein Handtuch zuwarf, weiteten sich seine Augen.
    »Oh, Mann«, sagte er. »Nicht gerade eine kluge Entscheidung.«
    »Was?«, fragte ich, doch der Bootsführer ruderte bereits in Richtung Floß. Als ich mich auf die Bank fallen ließ, sah ich, was ihn aufgeschreckt hatte.
    Mein Schein.
    Ich stellte mir gern vor, dass ich nicht leuchtete. Oder ich redete mir ein, dass es nur ein schwacher Schimmer war. Doch unter bestimmten Bedingungen war es einfach unmöglich, es zu leugnen. In der Dunkelheit leuchtete ich so hell wie der Vollmond in einer klaren Sommernacht. Und als wäre das nicht so schon schlimm genug, ging auch noch ein Keuchen durch die Menge. Als ich vom Boot auf das Floß sprang verwandelte es sich in ein langes, gemeinschaftliches »Ohhh«.
    »Warum haben wir eigentlich das Licht gedimmt?«, hörte ich Fife fragen. »Wie soll ihm das denn helfen?«
    Es half mir nicht.
    Das böse Grinsen auf Gabions Gesicht bestätigte das. Als er sah, dass er meine Aufmerksamkeit hatte, riss er plötzlich seinen Mund weit auf und ich stolperte vor Entsetzen zurück. Statt einer Zunge hatte er einen geschwollenen, weißen Parasiten im Mund. Ich hatte das schon mal bei Fischen gese-hen … Aber wie konnte ein Mensch nicht bemerken, dass sich ein Parasit in seinen Mund eingenistet hatte, sich an seiner Zunge satt fraß und schließlich an den blutigen Stumpf heftete?
    Bevor ich es verhindern konnte, erbrach ich den Inhalt meines Magens auf das Floß. Eel hatte mich gezwungen, frittierte Schnecken zu probieren, und auf dem Weg hinaus schmeckten sie noch scheußlicher. Gabion brüllte vor Lachen, als ich mir den Mund am Arm abwischte.
    »Ty«, rief Fife vom Sprecherpodest aus. »Brauchst du noch etwas Zeit?«
    »Nein«, erwiderte ich heiser, dann hob ich meine Stimme. »Mir geht es gut.«
    Bevor ich mir einreden konnte, dass das stimmte, hallte auch schon der Gong über das Wasser und Gabions Faust schoss vor. Ich duckte mich, bewegte mich schneller als jemals zuvor in meinem Leben und spürte einen Luftzug über

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