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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Kincaid bedauert, Ihnen dies nicht persönlich mitteilen zu können, aber seine Anwesenheit im Rahmen eines Ausgrabungsprojektes, das er im Regierungsauftrag durchführt, ist gegenwärtig unabdingbar. Da seine ursprünglichen Pläne, am Symposion des internationalen Forschungskreises für Archäologie in Paris teilzunehmen, dadurch durchkreuzt werden, möchte er Sie überdies bitten, ihn dort zu vertreten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir keine näheren Angaben bezüglich der Örtlichkeit, der Natur und des Standes der aktuellen Arbeit Ihres Vaters machen können – zu vielfältig und zu weitreichend sind die Interessen, die davon betroffen sind.
    Ihr Vater ist überzeugt davon, dass Sie als treue Untertanin Ihrer Majestät der Königin Ihre Pflichten kennen und in jedem Falle wissen werden, was zu tun ist. Er lässt Sie herzlich grüßen und wünscht Ihnen alles erdenklich Gute.
    Gez. Sir Wilfred Pommeroy
    Sekretär des Schatzkanzlers
    London, 8. Juni 1882
    MUSÉE DU LOUVRE , PARIS
A CHT W OCHEN ZUVOR
    Die Luft in dem kleinen Arbeitszimmer, dessen Regale bis unter die Decke mit Folianten, Dokumenten, Tonscherben, Gipsabdrücken und Abklatschen gefüllt waren, war schwül und stickig. Früher war der strenge Geruch von Staub und Sulfat Pierre Recassin wie ein Lebenselixier erschienen; an diesem Abend wurde ihm übel davon.
    »Wo ist es?«
    Die Stimme, die aus der Dunkelheit drang, war kalt und schneidend wie der rasiermesserscharfe Stahl, der an Recassins Kehle gepresst wurde.
    »Allmählich werde ich es leid, immer dieselbe Frage zu stellen, Monsieur le Conservateur«, fuhr die Stimme fort, deren kehliger Klang Recassin eisige Schauer über den Rücken jagte. »Wo ist es? Wo haben Sie es versteckt?«
    »I-ich weiß es nicht«, antwortete Recassin zum wiederholten Male. »Bitte glauben Sie mir doch, wer immer Sie sind …«
    Noch immer konnte er das Gesicht des Mannes nicht sehen, der über ihm stand und auf ihn herabblickte. Der Lichtkreis der Gaslampe, die auf dem Schreibtisch stand, erfasste den Fremden nur bis zum Kinn; seine restlichen Züge blieben verborgen, nur hin und wieder hatte Recassin den Eindruck, ein mitleidlos blickendes Auge in der Finsternis blitzen zu sehen. Eine unheilvolle Aura schien den Besucher zu umgeben, Schwärze sein Begleiter zu sein.
    Recassin wollte schlucken, aber die Klinge an seiner Kehle hinderte ihn daran. Blut rann an seinem Hals herab, tränkte den Kragen seines Hemdes und das Revers des Rocks.
    »Ozymandias«, stieß er hilflos hervor, »Ozymandias kennt die Antwort …«
    »Ist das alles?«, krächzte die Stimme, die einen eigenartigen Akzent hatte. »Wollen Sie mich mit Rätseln abspeisen? Angesichts der bedauerlichen Lage, in der Sie sich befinden, erscheint mir das mehr als unangebracht.«
    »Mehr … weiß ich … nicht.« Recassins Antwort kam stoßweise, seine Stimme war kaum noch zu hören.
    »Das ist nicht wahr. Auch wenn Sie alles unternommen haben, um die Spuren Ihrer Herkunft zu verwischen, weiß ich dennoch, wer Sie sind. Und deshalb weiß ich auch, was sich in Ihrem Besitz befindet. Ich frage Sie also zum letzten Mal, Recassin: Wo ist es? Lassen Sie sich gesagt sein, dass ich allmählich die Geduld mit Ihnen verliere …«
    Es war weder der fremdländische Akzent noch die hochgestochene Ausdrucksweise seines Peinigers, die Recassin verstörte, sondern die Ruhe, mit der der Fremde sprach. Sie allein ließ keinen Zweifel daran, dass der Mann von der mörderischen Waffe in seiner Hand Gebrauch machen würde, wenn er nicht bekam, wonach er verlangte.
    »I-ich habe … ihn nicht mehr«, erwiderte Recassin deshalb, am ganzen Leib vor Furcht zitternd.
    »Wir machen Fortschritte«, erkannte der andere so leise wie spöttisch an. »Immerhin geben Sie jetzt zu, zu wissen, von welchem Gegenstand ich spreche.«
    »I-ich weiß es«, gestand Recassin ein, während ihm Tränen der Angst und der Verzweiflung über die bärtigen Wangen rannen.
    »Dann geben Sie ihn mir, und ich werde Sie nicht länger behelligen.«
    »D-das kann ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich ihn … nicht mehr habe.«
    »Monsieur le Conservateur«, sagte die Stimme in geheucheltem Bedauern. »Sie wollen mich doch nicht etwa belügen? In Ihrer Situation wäre dies ein törichtes Unterfangen.«
    »Aber ich sage Ihnen die Wahrheit … glauben Sie mir … ich habe ihn weggegeben.«
    »Nachdem er sich generationenlang in Ihrem Besitz befunden hat?« Die gesichtslose Gestalt schnaubte. »Wen

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