Die Geheimnisse der Therapeuten
Person handelt.
Unter der Bedingung, dass man das Sosein der anderen anerkennt, wird die Verbindung von intuitiven und rationalen Menschen besonders effizient: Die einen haben Ideen mit einer umfassenden Vision, sehen jedoch nicht die Details und langweilen sich bei der praktischen Umsetzung. Die anderen haben eine präzise Sicht der Wirklichkeit, aber keine sofortige Sicht des Ganzen und sind besonders gut in der Umsetzung. Die Konkretisierung von Projekten geht auf diese Weise leicht und schnell, und die Beziehungen zu anderen werden flüssiger und entspannter.
Ein Schlüsselsatz
Wenn man eine Maxime behalten sollte, dann diese: »Für mich ist dies normal, für den anderen ist jenes normal.« Mithilfe dieses Satzes akzeptieren Sie den Unterschied zwischen sich und den anderen.
26 â Benjamin Schoendorff
Chronische Schmerzen: Werte als Kraftquelle, um dem Leben einen Sinn zu geben
Ich möchte von Antoine berichten, einem meiner Patienten,durch den ich begriffen habe, welche Kraft darin liegt, in die Behandlung chronischer Krankheiten und körperlicher Behinderung die Arbeit an den Werten mit einzubeziehen.
Ich lege Wert darauf, Antoines Mut zu würdigen, der damit einverstanden war, dass ich von seiner Erfahrung berichte. Mit seiner Zustimmung habe ich einige persönliche Details, wie seinen Namen und seinen Beruf, geändert, um seine Identität so gut wie möglich zu schützen. Er hatte nichts dagegen, dass ich diesen Text schreibe, denn es ist ihm ein Anliegen, andere zu unterstützen, wie ich weiÃ, und ich danke ihm dafür in deren Namen.
Ein Unfall, seine Spätfolgen und ihre Behandlung
Antoine war dreiÃig und Juwelier. Er besaà groÃes handwerkliches Geschick und liebte seine Arbeit, an der er von morgens bis abends saÃ, ohne je auf die Mühe oder die Zeit zu achten. Er war auch sportlich und hatte einen groÃen Freundeskreis, der seine Interessen teilte: Bergsteigen, Radfahren, Autorennen. Vor drei Jahren stürzte Antoine mit seinem Motorroller. Er erinnerte sich nicht an die Einzelheiten des Unfalls, nur, dass es keinen Zusammenstoà mit einem anderen Fahrzeug gegeben hatte. Obwohl er nicht schnell fuhr und einen Helm trug, schlug er mit dem Kopf hart auf der Fahrbahn auf.
Nachdem man ihn einige Tage zur Beobachtung im Krankenhaus behalten hatte, wurde Antoine entlassen und nahm wieder sein normales Leben auf, ohne sichtbare Folgen. Doch einige Wochen später empfand er auf einer langen Autofahrt eine starke Spannung in Hals und Schulter. Sein Kopf sank zur rechten Seite, und er hatte die allergröÃte Mühe, ihn gerade zu halten, sodass das Autofahren für ihn immer schwieriger und schmerzhafter wurde. Es stellten sich überdies starke Verspannungen und Spasmen im Hals und der rechten Schulter ein. In den folgenden Wochen nahmen die Schmerzen und Verspannungen noch weiter zu, und die Spasmen vervielfachten sich. Sein Hals und seine Schulter waren ununterbrochen verkrampft. Es fiel ihm immer schwerer, die in seinem Beruf notwendigen Handgriffe, die groÃe Präzision erforderten, auszuführen.
Antoine ging zu seinem Hausarzt, der ihn zum Neurologen überwies. Dieser diagnostizierte einen »spasmischen Schiefhals« und verschrieb ihm Krankengymnastik. Die vielen muskulären und neurologischen Untersuchungen, die folgten, förderten die physiologische Ursache des Problems jedoch nicht zutage. Die Ãrzte konnten nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob der Schiefhals überhaupt auf den Unfall zurückzuführen war.
Trotz der Zweifel der Ãrzte blieb Antoines Körperhaltung sichtbar anomal, und seine Schmerzen nahmen zu. Er bekam Botox-Injektionen verschrieben, ein starkes Muskelrelaxans auf der Basis des Nervengifts Botulin, das durch die Schönheitschirurgie bekannt geworden ist. Bald musste er unbefristet krankgeschrieben werden, und man riet ihm zu einer kognitiven Verhaltenstherapie.
Erster Kontakt
Vier Monate nach seinem Unfall kam Antoine zu mir in die Praxis. Er wirkte hilflos. Nachdem die Ãrzte die Ursache des Schiefhalses nicht finden konnten, fragte er sich, ob sie sich der Schwierigkeit vielleicht dadurch entledigen wollten, dass sie ihn zu einem psychologischen Fall abstempelten. Ich verstand, dass ein solcher Gedanke irritieren konnte. Tatsächlich hatte Antoine vorher nie psychische Probleme gekannt. Gut integriert im Berufs- und Sozialleben, litt er weder unter Ãngsten noch
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