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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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jeder erfahrene Offizier der Reiterei das Kommando hätte führen können!« sagte Allectus streng.
    »Wenn wir genügend solcher Offiziere hätten ... « erwiderte der Herrscher. »Das ist ja das Problem! Jetzt werden die Steuern nicht mehr nach Rom geschickt, und Britannien ist sehr viel reicher geworden. Das macht das Land zu einer besonders fetten Beute. Die Wölfe fallen von allen Seiten über uns her.« Er stöhnte, und als Allectus etwas erwidern wollte, hob er abwehrend den Arm. »Die Männer der südlichen Stämme durften viele Generationen lang keine Waffen tragen. Jetzt sind sie für den Militärdienst unbrauchbar. Und die meisten sind nicht bereit, bei uns zu dienen. Das war, so hat man mir erzählt, auch in der Anfangszeit des römischen Reiches eine Gefahr.«
    »Und was haben die Römer getan?« fragte Teleri.
    »Sie haben Soldaten aus Gebieten in den Dienst gestellt, die noch nicht lange erobert waren. Diese Männer hatten noch nicht vergessen, daß sie Krieger waren.«
    »Ich glaube nicht, daß Diocletian dir erlauben wird, in seinen Provinzen Rekruten auszuheben«, sagte Allectus spöttisch.
    »Ja, ja ... , aber irgendwo muß ich Männer finden, die noch kämpfen können.« Carausius schwieg ermattet und erhob keine Einwände, als der Arzt die anderen aufforderte, den Herrscher allein zu lassen, damit er ruhen konnte.
    Er wird kein geduldiger Patient sein, wenn die Schmerzen nachlassen , dachte Teleri.
    Carausius wirkte merkwürdig hilflos, als er auf dem Bett lag. Zum ersten Mal empfand sie wegen seiner Schmerzen einen Anflug von Mitgefühl.

    Die Wunde heilte nur langsam. Carausius konnte den Winter zu wenig mehr nutzen, als über eine Möglichkeit nachzudenken, das Mißverhältnis zwischen Geldmitteln und Soldaten zu beseitigen. Allectus sorgte mit klugen Maßnahmen dafür, daß sich das Geld auf wunderbare Weise vermehrte. Aber es half wenig, wenn es ungenutzt in den Schatzkammern lag. Er mußte sich damit Söldner kaufen. Die wilden Stämme im Norden waren von alters her Feinde. Die romanisierten Britonen würden sie als Legionäre nicht akzeptieren, selbst wenn sie sich bereit erklären sollten, dem Herrscher die Treue zu schwören. Er mußte in eine andere Richtung blicken.
    Carausius träumte immer öfter von den sandigen Marschen seiner Heimat und dem fruchtbaren Boden der Felder, die dem Meer abgerungen wurden. Die Bauern auf diesen Feldern waren kräftig und zuverlässig, sie konnten kämpfen, und es war nie genug Land für die jüngeren Söhne vorhanden. Wenn er sie zu Verhandlungen einlud, würden sie bestimmt nicht ablehnen ...
    Auch die Sachsen hatten große Mühe, dem kargen Boden ihrer Heimat das abzuringen, was sie zum Überleben brauchten. Die Raubzüge dienten vor allem dazu, mit der Beute Nahrungsmittel für die hungrigen Münder in den ärmlichen Siedlungen zu kaufen. Wenn Carausius als Landsmann zu ihnen sprach, würde er sie vielleicht mit einem Pakt an sich binden können. Und wenn er die Sicherheit seines Landes durch Tributzahlungen erkaufte, dann wäre er nicht der erste Herrscher, der mit Steuergeldern aus Feinden Verbündete machte.

    In den ersten Tagen des Monats Mai wurden drei Segel vor der Küste der Cantiacer gesichtet. In den vergangenen Jahren hatte auch der jüngste Schafhirte gelernt, daß die zusammengenähten Ledersegel sächsischen Schiffen gehörten. In den Dörfern schlug man Alarm, der aber verstummte, als die Langschiffe vorüberfuhren. Die Wachposten in Rutupiae dachten an ihre Befehle und beobachteten mit grimmigem Schweigen, wie sie in die Mündung einbogen und flußaufwärts ruderten. Am Ende des Tages erreichten sie Durovernum, die Stadt der Cantiacer, deren neu errichtete Mauern im Schein der untergehenden Sonne rosa leuchteten.
    Carausius stand auf dem Vorplatz der Basilica, als die germanischen Anführer mit ihren Kriegern die Hauptstraße entlangkamen. Ihre Eskorte, britonische Legionäre, die Fackeln trugen, waren sich bewußt, daß sie die alten Feinde möglicherweise vor dem Haß der Bewohner schützen mußten. Wenn die Sachsen die Feindseligkeit der Bewohner bemerkten, ließen sie es sich nicht anmerken. Ein gelegentliches Lachen verriet jedoch, daß sie die Gefahr, in der sie sich befanden, für eine Herausforderung besonderer Art hielten.
    Carausius hatte sein Angebot klar und deutlich abgefaßt, damit es keine Mißverständnisse geben würde. Falls er ihre Sprache nicht mehr verstand, dann würde ihm sein Leibwächter, ein junger

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