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Die Jungfrau von Zesh

Titel: Die Jungfrau von Zesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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ihr. »Von Jean-Jacques Rousseau, einem Schweizer Philosophen aus dem achtzehnten Jahrhundert, der als erster den Schwindel der so genannten Zivilisation durchschaute.«
    »Ich erinnere mich wieder«, sagte Althea. »Das war der, der über den Edlen Wilden geschrieben hat. Aber ich dachte immer, die Idee wäre wieder verworfen worden, als man später von den echten Wilden erfuhr.«
    Bahr mischte sich ein. »Wurde sie auch. Die Wilden entpuppten sich nämlich als ebenso wenig edel wie alle anderen auch. Weit davon entfernt, ein freies, von keinerlei Zwängen eingeengtes Leben zu führen, erwiesen sie sich im Gegenteil als hochgradig starre, irrationalen Riten und Konventionen verhaftete Leute, die schreckliche Angst vor allem Neuen und Unbekannten hatten. Die Idee vom Edlen Wilden lebte jedoch in dem Maße wieder auf, wie die Wilden zivilisiert wurden. Heutzutage gibt es auf der Erde nicht mehr einen echten Primitiven, nicht einmal im Matto Grosso von Senhor Herculeus Land. So kam es, dass die Menschen vergaßen, wie die Wilden tatsächlich gewesen waren, und den Mythos vom utopischen Barbarismus wieder aufleben ließen.«
    »Ach, Sie dürfen das mit dem Primitiven nicht so eng sehen«, wandte Kirwan ein und nahm einen kräftigen Schluck Kvad. »Ob es nun tatsächlich je existiert hat oder nicht, das freie, natürliche Leben ist immer noch ein erstrebenswertes und nobles Ideal.«
    Afanasi Gorchakow, der bärenartige Sicherheitsoffizier, Castanhosos Vorgesetzter, gab ein tiefes Brummen von sich und sagte: »Wenn Senhorita Althea in diesen verrückten Verein eintritt, dann könnte das vielleicht ihr Problem lösen, aber nicht meins. Wie kann ich sie dazu bringen, mich zu heiraten, wenn sie auf dieser verlassenen Insel herumtanzt?«
    Gegen den Hass, den Castanhoso gegenüber seinem Chef hegte, war Jagos Gefühl für Othello nicht viel mehr als ein mickriger, rasch vorübergehender Groll. Schon als kleiner Zollinspektor war Gorchakow ein schwieriger, launischer Mensch gewesen. Seit seiner Beförderung, mit der er zu allem Überfluss auch noch ihn, Castanhoso, überholt hatte, war er schier unerträglich.
    Castanhoso war nicht wenig erstaunt über die Tatsache, dass der notorisch lüsterne Gorchakow ausgerechnet einer Frau wie Althea Merrick den Hof machte, die mit ihrer schlichten Missionarinnenkluft der Ökumenischen Monotheisten und ihrem schmalen, fein geschnittenen hellhäutigen Gesicht, das bar jeder Schminke war, nicht gerade die Vorstellung von blutvoller Erotik und praller Sinnenfreude heraufbeschwor. Sie war nicht einmal mehr besonders jung – wovon die Krähenfüße um ihre Augen zeugten –, aber das spielte heutzutage, wo die moderne Geriatrie die dreißiger und vierziger Jahre der Menschen bis auf mehr als ein Jahrhundert ausdehnte, keine große Rolle mehr. Ungebundene Erdenfrauen waren auf anderen Planeten eine solche Rarität, dass die Männer sich regelrecht um sie balgten.
    Was aber ihn, Castanhoso, betraf, konnte sich Senhorita Merrick diesbezüglich sicher fühlen, selbst wenn er mit ihr allein ein Jahr lang auf Zesh wäre … nun ja, oder jedenfalls eine Zehn-Nacht.
    Jetzt ergriff die Betroffene das Wort: »Sehr freundlich von Ihnen, Senhor Gorchakow, aber ich habe bereits erklärt, wieso das unmöglich ist …«
    »Das kommt bloß daher, dass Sie kennen nicht die russische Liebe!« rief Gorchakow dazwischen.
    »… und dass ich aus demselben Grund«, fuhr Althea fort, »auch nicht Mitglied von Brians Rousseauscher Gesellschaft auf Zesh werden kann. Das bedeutet, dass ich weiter völlig in der Luft hänge. Bischof Raman ist zu seiner Inspektionsreise aufgebrochen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, wann er zurückkommt, und ohne mir irgendwelche Vorräte zu hinterlassen.«
    Castanhoso sagte: »Würden Sie den Bischof so gut kennen wie wir, Senhorita Althea, dann wären Sie darüber nicht erstaunt. Er ist der unzuverlässigste und zerstreuteste Mensch im ganzen System.«
    »Trotzdem brauche ich was zu essen«, sagte Althea. »Auch, Missionarinnen haben manchmal Hunger, müssen Sie wissen.«
    »Sie sehen so aus, als hätten Sie das nicht genug getan!« dröhnte Gorchakow. Er schüttelte sich vor Lachen und schlug Althea mit seiner Bärentatze so kräftig auf die Schulter, dass sie ihr Wasserglas umstieß. »Heiraten Sie mich, und ich stopfe Sie mit Borschtsch voll, damit Sie was auf Rippen kriegen. Wenn ich geh ins Bett, brauche ich gute, stabile Frau …«
    Althea hob die Stimme. »Und da habe ich

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