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Die Lanze Gottes (German Edition)

Die Lanze Gottes (German Edition)

Titel: Die Lanze Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Beckmann
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er unruhig. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich ihn. Eine Vorahnung.
    Seine Mutter war nicht beim Morgenmahl erschienen und er hatte die ganze Nacht ihre Schreie gehört. Janus sorgte sich um sie. Zwar wusste er, dass sie guter Hoffnung war, hatte in den letzten Monaten immer wieder ihren dicken Bauch beobachtet und manchmal hatte ihn Mutter auch das ungeborene Kind spüren lassen, doch eine Bedrohung für sie hatte er darin nie gesehen. Irgendetwas
    stimmte nicht. Doch was?
    Niemand hatte mit ihm gesprochen und sein Vater befand sich im Schlafgemach der Mutter. Janus hielt sich in der Nähe des Wohnhauses auf. Seine Mutter schrie noch immer. Schließlich schlich er sich hinein und begab sich zum Gemach seiner Eltern. Er lugte durch die Tür. Sein Vater saß bei ihr und auch der Dorfpriester des unteren Dorfes.
    Die Schreie seiner Mutter verursachten ein Gefühl, als stieße ihm jemand kleine Messer in sein Herz. Er hielt sich die Ohren zu, starrte gebannt auf das Geschehen und fragte sich, warum seine Mutter so leiden musste. Janus begriff nicht, warum Gott ihm seinen Bruder oder seine Schwester nicht einfach so schenken konnte. Warum musste diese Frau, die er liebte, wie sonst niemanden auf Gottes Welt, solche Schmerzen erdulden?
    Neben dem Dorfpriester und Siegmar befanden sich auch der Medicus aus dem nahe gelegenen Arnesberge und zwei der Mägde in der Kemenate. »So unternehmt doch etwas! Seht ihr nicht, dass sie stirbt?«, hörte er die verzweifelte Stimme seines Vaters.
    Janus erschrak. Seine Mutter würde sterben? Was geschah hier? Er konnte sehen, wie der Dorfpriester vor ihrem Schlaflager stand und ein Gebet murmelte. Dabei hielt er ein Kreuz in die Höhe. Der Priester sah unheimlich aus, von großer Statur, mit verdrecktem Gewand. Seine schwarzgrauen Haare hingen über seine Schultern. Er sah nicht aus, wie Janus sich einen Diener Gottes vorstellte.
    Der Medicus, mit der blauen, edlen Tunika und den sanften Gesichtszügen, wirkte ansehnlicher. Der saß vor dem Schlaflager und versuchte, seiner Mutter die Schmerzen zu erleichtern.
    »Ich muss sie zur Ader lassen«, sagte er.
    »Zur Ader lassen? Warum um alles in der Welt? Meine Gemahlin ist nicht krank, sie bekommt ein Kind«, rief Siegmar.
    Der Dorfpriester kniete und murmelte weiter seine Gebete.
    »Was tut Ihr da?«, wandte sein Vater sich an den Mann.
    Der stand auf und schaute Siegmar ernst an. »Ich befürchte, Euer Weib wird sterben, Graf von Esken, und das Kind auch. Ich habe so etwas schon einmal erlebt. Manchmal will der Herrgott nicht, dass ein Kind das Licht der Welt erblickt. Dann bestraft er die Weiber ihrer sündigen Gedanken wegen und holt sie zu sich, um zu verhindern, dass sich der Teufel ihrer Seele ganz und gar
    bemächtigt.«
    Siegmar lief hektisch in dem Gemach hin und her. »Sündige Gedanken? Teufel? Bei Gott, Priester, Ihr sprecht von meiner Gemahlin!«
    Der Dorfpriester kniete sich erneut vor das Schlaflager, hob sein Kreuz in die Höhe und krächzte: »Bereut Eure Sünden, Gertrud von Esken, solange Ihr noch Zeit dazu habt. Schwört den heidnischen Göttern ab, die der Teufel Euch in dieses Haus geschickt hat.«
    Janus sah, dass sein Vater den Kopf schüttelte und sich wieder dem Medicus zuwandte. »So unternehmt endlich etwas! Ihr seht doch, wie meine Gemahlin leidet!«
    Der Medicus schwitzte stark und zuckte hilflos mit den Schultern. »Was soll ich denn tun?«
    »Bei Gott, ihr seid unfähig!«, schrie Siegmar und rannte aus der Kemenate. Sein Blick streifte Janus kurz. »Aus dem Weg!«, knurrte er, schob ihn grob zur Seite und stürmte davon.
    »Vater!«, rief Janus und folgte Siegmar in den Burghof, doch er schien ihn gar nicht zu bemerken und brüllte stattdessen nach den Bediensteten. Der Stallmeister Johannes kam sogleich angelaufen. Janus konnte sehen, dass das Pferd seines Vaters schon gesattelt war und er sich hinaufschwang.
    Er wandte sich kurz Johannes zu. »Jagt diese beiden Dummköpfe hinaus!« Dann galoppierte er los. Im gleichen Augenblick öffneten einige Bedienstete das Tor der äußeren Wallanlage und ließen ihn hindurch.
    Janus lief ihm nach und konnte sehen, dass er den Berg hinunter in Richtung des Waldgebietes Chlusingen preschte. Zauberer und Geister sollen hier hausen, sagte man.
    Janus verstand nicht, was das zu bedeuten hatte, rannte seinem Vater nach, an Johannes vorbei durch das Burgtor. Doch Siegmars Pferd war viel zu schnell. Nach einer kurzen Weile konnte er ihn nicht mehr sehen und ihm wurde die

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