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Die Schattenstaffel Kommissar Morry

Die Schattenstaffel Kommissar Morry

Titel: Die Schattenstaffel Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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größter Fehler, war mein . . . mein . . . Sie haben gewonnen. Aber Ihren Triumph sollen Sie nicht auskosten, nicht so auskosten, wie Sie denken. Ich war der ,Napoleon von London' und ich werde auch . . . ich . . ."
    Schneller als man denken und sehen konnte, hatte Morgan seine rechte Hand zum Munde geführt. Es wirkte so, als ob er plötzlich gähnen müßte. Konstabler Bishop war schon beim Handerheben dazugesprungen, denn da der Schwerstverbrecher noch nicht „generaluntersucht" war, wie es als erste Maßnahme bei schweren Jungen vorgeschrieben ist, konnte er vielleicht eine geheime Waffe gegen seine Gegner anwenden wollen. In der Tat war es eine Art von fürchterlicher Waffe, die Morgan jedoch gegen sich selbst angewendet hatte. Ein blitzschneller Biß auf die Mechanik des Edelstein-Ringes hatte genügt, um die darin aufbewahrt gewesene Menge schwersten Giftes freizugeben. Der „Napoleon von London" hatte sich selbst gerichtet. Ein Beben schüttelte die stämmige Gestalt des Unheimlichen. Seine Gliedmaßen zuckten konvulsivisch. Weißer Schaum brach aus dem Mund hervor. Innerhalb von Sekunden fiel der Körper schlaff in sich zusammen. Der Tod war eingetreten. Die beiden gefesselten Gangster waren in ihr Gewahrsam zurückgebracht worden, und innerhalb von Minuten geschah der Abtransport des Leichnams.
    Nicht einmal seine wenigen engen Freunde und Kumpane hatte Randolph Morgan wissen lassen, daß nicht der protzige Siegelring an seiner linken Hand, sondern der graziös geformte Ring mit dem Zirkon als Gifttank ausgebildet war. Im ausgehöhlten Gestein am Finger hatte ihn seit Jahrzehnten der unsichtbare Tod begleitet.
     
    *
     
    Von Cary Broyders begleitet, suchte Kommissar Morry den Sektionspräsidenten auf. Der oberste Beamte von Scotland Yard hieß seine beiden Besucher, im behaglichen Büro Platz zu nehmen. Er bot ihnen Erfrischungsgetränke an. Auf seinem durchgeistigten Gesicht lag der Hauch versonnenen Ernstes. Er war unterrichtet, wie systematisch der Unheimliche, der sich „Napoleon von London" nannte, eingekreist und zur Strecke gebracht worden war. Der Präsident gestand: „Mir ist es noch immer schleierhaft, Kollege Morry, wie sich ein Mann wie Morgan derartigen Verbrechen hingeben konnte. Finanziell ging es ihm doch glänzend! Er sah gesund aus, wohlgenährt —"  
    „Er sah so aus, so gesund und stark", erwiderte Morry, „aber war er es in Wirklichkeit? Ich vermute, die Sachverständigen — nicht nur unsere Gerichtsmediziner — werden uns davon überzeugen, daß nur ein durch und durch krankhaftes Gehirn solche Untaten heraufbeschwören konnte. Morgans Geltungstrieb war ohne Zweifel krankhaft übersteigert: seine Machtgier kannte keine Grenzen. Er wollte eben .bedeutend' sein, dominierend als Journalist und denkerischer Mensch, eindrucksvoll als Galan und Frauenbetörer, und für sich selber faszinierend in der Verwegenheit. Das Spiel mit dem Feuer, mit der Gefahr reizte ihn. Wie sagte mal ein kluger Franzose?: ,Der Teufel hat nie das Gesicht des Teufels —"  
    Der Präsident nickte und bekräftigte: „Das hat sich hier schlagend bewiesen. Aber Sie, Morry — und Gott sei Dank — Sie sind schwerlich zu täuschen. Wann kam Ihnen das erstemal der Gedanke, der wohlhabende elegante Zeitungsmann könnte mit Napoleon identisch sein?"
    „Das erste dunkle Ahnen war mir nach dem Mord an der Lady Hurlinghamer gekommen. Sie wissen, Sir, ich war selbst am Tatort. Ich bin dem Kellner da auf der Hotelterrasse jetzt noch dankbar für seine Aufmerksamkeit. Ihm war nämlich nicht entgangen, daß sich dicht am Gebüsch, in der Nähe des Tisches, an dem sich die Lady mit ihrem Neffen unterhielt, ein Mann niedergelassen hatte, und zwar so, als ob er die beiden nebenan — also jenseits des Gebüsches — belauschen wollte. Die Haltung des Mannes und die Ausdauer, mit der er zuzuhören versuchte, waren dem Kellner mehrmals aufgefallen."  
    „Na ja, immerhin —" Der Präsident machte eine wiegende Kopfbewegung. „Aber wieso . . .“
    „Aber wieso ich auf den Unheimlichen schließen konnte, Sir", ergänzte Morry, „das war darum verhältnismäßig einfach, weil mir der Kellner anvertraute, er sei bestürzt gewesen über den lauschenden Mann, denn so benehme sich doch nicht ein vornehmer, fast berühmter alter Stammgast. Der Name des vornehmen Stammgastes war Randolph Morgan."
    „Ach, darum! Famos! Da sieht man wieder einmal, meine Herren, welche Rolle manchmal die noch so harmlos erscheinenden

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