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Die verratene Nacht

Die verratene Nacht

Titel: Die verratene Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason , Joss Ware
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oder nicht, wusste sie nicht. Aber sie wusste, dass es unter ihrem Arm schon immer ein kleines rosa Geburtsmal, so etwa von der Größe des Steins hier, gegeben hatte.
    Im Alter von achtzehn hatte sie seine Kraft entdeckt und seinen Zweck. Es gab Tage, da wünschte sie sich, dass sie es nicht getan hätte, immer wenn sie sich fragte: Warum ich? Und jetzt blickte sie automatisch zum Fenster hin, um nach der Position der Sonne zu schauen. Ein Schaudern machte sie prickeln. Die Nacht würde bald anbrechen.
    Sie zwang sich vom Fenster wegzublicken und strich mit dem Daumen über den Kristall. Trotz der Macht des Steins sah sie nicht, wie er in dieser Situation helfen könnte. Er war ein Mann, kein Zombie.
    Selena packte den rot geäderten Stein fester und ging zu dem Bett des Drachenmannes zurück. Er lag immer noch halb auf der Seite, da er sich in seinen letzten Momenten noch bewegt hatte. Ein Bein, das stark und kräftig aussah, lag halb über dem anderen ausgestreckt. Nackt, dort wo seine Jeans nach oben verrutscht war.
    Wie zuvor auch wurden Selenas Augen unweigerlich von dem wilden, blauen Drachen angezogen, der sich an dem glatten Rücken entlangschlängelte und mit dem Funkeln in seinem einen Auge endete.
    Ein kleines Prickeln schoss ihr den Arm hoch, ausgehend von der Hand, die den rosa Stein hielt. Fast wie ein Funke. Oder ein wirklich kräftiger Knuff.
    Sie keuchte auf, nicht vor Schmerz oder Überraschung, sondern weil sie begriff. Jetzt alles verstand. Oh.
    Ha! Wirklich?
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, kaute nervös auf der unteren, während sie ihren Griff um den Stein etwas lockerte und ihn jetzt an das Auge des Drachens brachte. Ihre Augen schloss. Und betete.
    Bei dem heftigen Schock riss sie die Augen gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie der Mann sich durchbog, zurückzuckte und fast wie eine Peitsche einmal ausholte. Und dann wieder auf dem Bett zusammensackte. Sie starrte runter: auf den Kristall, den sie immer noch hielt, auf die glatte Haut seiner nun sichtbaren Brust, die sich hob und senkte, und entlang seinem angespannten Hals mit den hervortretenden Sehnen, über die geöffneten Lippen hinweg und höher.
    Er öffnete die Augen.
    „ Peng “, sagte Selena. „Und heiliger Bimbam.“
     
    ~*~
    Theos Gehirn war wie Brei, wie der graue, klebrige Haferbrei, den seine Mutter im Winter früher immer für ihn und Lou zum Frühstück gemacht hatte. Die einzige Möglichkeit, wie er genießbar wurde, war, indem sie ihn mit braunem Zucker, getrockneten Kirschen und literweise Milch ertränkten.
    Er schaute sich in dem Zimmer um und versuchte sich daran zu erinnern, wie er hierhergekommen war. Oder auch nur, wo er war. Der Ort kam ihm nicht bekannt vor, mit diesen Laken aus hellem Tuch, die von der Decke herabhingen, als sollte dadurch ein kleiner, abgetrennter Raum für sein Bett geschaffen werden. Das Fenster neben ihm zeigte an, dass es früh am Morgen war oder allmählich dunkel wurde. Der leichte Durchzug brachte Duft von Blumen mit sich.
    Das leise Murmeln von Stimmen verriet ihm, dass er nicht alleine war, aber wegen der Trennwände, konnte er niemanden sehen. War das hier eine Art Krankenhaus? Ein altes Haus, das man zu einem Krankenhaus umfunktioniert hatte? Ein ziemlich verflucht großes Haus, von dem, was er hier erkennen konnte. Die Decken waren sehr hoch und das Fenster neben ihm war hoch und breit. Er versuchte sich aufzusetzen, um aus dem Fenster zu schauen und nachzusehen, ob das da draußen ihm etwas bekannter vorkam, aber er war zu schwach und der Kopf drehte sich ihm.
    Also konzentrierte Theo sich auf das, was er wusste, und schloss die Augen, um besser nachzudenken. Erinnerungsfetzen blitzten ihm durch den Kopf: er ritt mit Quent und Fence durch den kühlen, grünen Wald ... das Aufeinandertreffen mit dem Kopfgeldjäger Seattle und das unerwartete Feuer, das sich durch seine Brust und noch weiter fraß. Er war angeschossen worden. Dann ... Schwerfälligkeit und graue Strudel vor den Augen. Eine sanfte Stimme, sachte Hände, ineinander verschwimmende Eindrücke von Tageslicht und Nacht, von etwas Warmem und Flüssigem, das ihm zwischen die Lippen tröpfelte.
    Sage.
    Er zog ihr Gesicht, ihr feuerrotes, leuchtendes Haar und die klaren blauen Augen in sein Gedächtnis hinein, wie eine tröstende Bettdecke über sich. Er hatte in seinem Rucksack Bücher für sie, nicht wahr?
    Theo öffnete die Augen und starrte auf einen kleinen Riss in der Decke, während er sich

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