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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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mir verlangen, daß das Volk auch diese Niederlage ohne Murren hinnimmt. Aber mein Vater möchte, daß es sich gegen die Römer erhebt und den Tod der Raben mit Blut und Feuer rächt.
    Was soll ich den Menschen sagen? Wie können wir dem Land Frieden bringen?
    Eilan wartete lange auf eine Antwort, aber sie sah nur das glitzernde Wasser, das aus dem Felsen quoll und den Hügel hinunterfloß.

    Gaius saß in seiner Unterkunft in der Festung von Colonia Agrippensis. Er schrieb und lauschte dabei auf den Regen. Das Wetter in Germanien war vermutlich nicht schlechter als in Britannien, aber der Frühling in diesem Jahr war besonders verregnet.
    Die Zeit war schnell vergangen. Zuerst hatte er in Dakien und in den Ländern im Norden und Westen von Italien gekämpft, und jetzt war er hier, wo die schäumenden Strudel des Rheins endeten und der Fluß sich in majestätischer Breite durch die flachen Weiden der Nordsee entgegenwälzte. Manchmal erschienen ihm die zwei Jahre, die er von zu Hause weg war, wie ein paar Wochen, aber an diesem Tag hatte er den Eindruck, es seien bereits Jahrzehnte vergangen.
    Gaius tauchte das Schreibrohr in das Tintenfaß und formte die Buchstaben des nächsten Satzes in dem Brief, den er Licinius schrieb. Zwei Jahre regelmäßiger Korrespondenz, so stellte er nicht unzufrieden fest, hatten ihn fast zu einem ebenso geschickten Schreiber gemacht, wie sein Sekretär es war. Am Anfang war ihm das Schreiben schwergefallen, aber er lernte sehr schnell die Vorzüge zu schätzen, sich mit seinem Schwiegervater zu verständigen, ohne daß ein Dritter seine Gedanken kannte.
    »… die letzten Legionäre, die sich vor einem Jahr dem Aufstand des Saturninus angeschlossen hatten, sind abgeurteilt worden. Die meisten hat man mehr oder weniger begnadigt und anderen Legionen zugeteilt« , schrieb Gaius langsam.
    » Der neue Befehl des Kaisers, daß in einem Lager nur jeweils eine Legion stationiert sein darf, hat einige zusätzliche Arbeit gemacht - besonders betroffen sind die Pioniere. Ich weiß nicht, ob damit Aufstände wirkungsvoll verhindert werden können, aber es wird sicher gut sein, wenn unsere Festungen in gleichmäßigen Abständen entlang der Grenze entstehen. Hat dieser Befehl auch in Britannien Gültigkeit?«
    Gaius hielt inne und lauschte auf den gleichmäßigen Tritt der beschlagenen Sandalen auf dem Stein, als die Wache draußen vorüberging. Dann beugte er sich wieder über seinen Brief.
    » Es heißt hier, daß die Markomannen und die Quaden wieder aufsässig sind und zu den Waffen greifen. Domitian mußte seinen Feldzug gegen Dakien abbrechen, um sie zur Ordnung zu rufen.
    Ich würde dem Kaiser raten, König Decebalus zum Verbündeten zu machen, und dann die Markomannen den Dakern zu überlassen. Ich gehöre jedoch noch nicht zum Kreis seiner auserwählten Ratgeber. Wer weiß also, was Domitian tun wird?«
    Gaius lächelte, denn Licinius würde diese Anspielung richtig verstehen und lachen. Er war dem Kaiser inzwischen mehrmals begegnet, bevor er von der Zweiten Legion aus Dakien nach Germanien versetzt wurde und das Kommando über die Reiterei in Colonia erhielt. Trotzdem bezweifelte Gaius, daß Domitian überhaupt etwas von seinem Vorhandensein wußte.
    » Das Exerzieren mit meiner Truppe geht sehr gut. Die hier stationierten Briganten sind furchtlose Reiter und freuen sich, einen Kommandanten zu haben, der ihre Sprache spricht. Die armen Kerle müssen ebenso großes Heimweh haben wie ich. Grüße Julia und die Kinder von mir. Ich denke, Cella muß inzwischen ein großes Mädchen sein, und ich kann kaum glauben, daß die kleine Secunda bereits zwei Jahre alt ist.
    Wenn ich an Britannien denke, erscheint es mir im Vergleich zu Germanien als eine Insel des Friedens, aber vermutlich mache ich mir Illusionen. Ich habe gehört, wie einige neue Männer in meinem Kommando von den ›Raben‹ gesprochen haben. Ich frage mich, ob es den Geheimbund noch gibt, von dem schon vor vielen Jahren immer wieder die Rede war… «
    Er hielt wieder inne und sagte sich, die Ängste, die ihn plötzlich erfaßten, seien bestimmt nur eine Reaktion auf den Regen. Aber bevor er den Brief fortsetzen konnte, klopfte es an die Tür, und man sagte ihm, der Legat wünsche ihn sofort zu sprechen. Gaius hüllte sich in den dicken Mantel und verließ das Zimmer. Was mochte der Befehlshaber jetzt von ihm wollen?

    »Ich habe neue Befehle, Tribun… «, sagte der Legat, »und ich muß sagen, ich verzichte nur ungern auf dich,

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