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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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verlieben können); so kam es denn, daß wir vollkommen glücklich waren und daß infolgedessen das rotgebundene Lamento-Hauptbuch lange Zeit leer blieb.
    Halt: hier finde ich eine fröhliche Eintragung – Verzückungen über die neue Mutterwürde. Am ersten Januar 1859 (war das ein Neujahrsgeschenk!) ward uns ein Söhnchen geboren. Natürlich erweckte dieses Ereignis so sehr unser Staunen und unsern Stolz, als wären mir das erste Paar, dem so was passierte. Daher wohl auch die Wiederaufnahme des Tagebuchs. Von dieser Merkwürdigkeit, von dieser meiner Wichtigkeit mußte die Nachwelt doch unterrichtet werden. Ferner ist das Thema »junge Mutter« so vorzüglich kunst- und literaturfähig. Dasselbe gehört zu den bestbesungenen und fleißig bemalten Vorwürfen; dabei läßt sich so gut mystisch und heilig gerührt und pathetisch, naiv und lieblich – kurz ungeheuer poetisch gestimmt sein. Zur Pflege dieser Stimmung tragen ja (so wie die Schulbücher zur Pflege der Kriegsbewunderung) alle möglichen Gedichtsammlungen, illustrierte Journale, Gemäldegalerien und landläufige Entzückungsphrasen unter der Rubrik »Mutterliebe«, »Mutterglück«, »Mutterstolz« nach Kräften bei. Was zunächst der Heldenanbetung (siehe Carlyles hero-worship ) im Vergötterungsfach Höchstes geleistet wird, das leisten die Leute in baby-worship . Natürlich blieb hierin auch ich nicht zurück. Mein kleiner herziger Ruru war mir das wichtigste Weltwunder. Ach, mein Sohn – mein erwachsener herrlicher Rudolf – was ich für dich empfinde, dagegen verblaßt jene kindische Babybestaunung – dagegen ist jene blinde, affenmäßige, jungmütterliche Freßliebe so nichtig, wie ein Wickelkind ja selber gegen einen entfalteten Menschen nichtig ist ...
    Auch der junge Vater war nicht wenig stolz auf seinen Nachfolger und baute die schönsten Zukunftspläne auf ihn. »Was wird er werden?« Diese eben noch nicht sehr dringende Frage wurde des öfteren über Rurus Wiege vorgelegt, und immer einstimmig entschieden: Soldat. Manchmal erwachte ein schwacher Protest von seiten der Mutter: »Wie aber, wenn er im Kriege verunglückt?« »Ach bah« ward dieser Einwurf weggeräumt – »es stirbt ja doch jeder nur dort und dann, wie es ihm bestimmt ist.« Ruru würde ja auch nicht der einzige bleiben; von den folgenden Söhnen mochte in Gottes Namen einer zum Diplomaten, ein anderer zum Landwirt, ein dritter zum Geistlichen erzogen werden, aber der älteste, der mußte seines Vaters und Großvaters Beruf – den schönsten Beruf von allen – erwählen, der mußte Soldat werden.
    Und dabei ist's geblieben. Ruru wurde schon mit zwei Monaten von uns zum Gefreiten befördert. Werden doch alle Kronprinzen gleich nach der Geburt zu Regimentsinhabern ernannt, warum sollten wir unsern Kleinen nicht auch mit einem imaginären Rang schmücken? Das war uns ein Hauptspaß, dieses Soldatenspielen mit einem Baby. Arno salutierte, so oft sein Bub auf den Armen der Amme ins Zimmer gebracht wurde. Letztere nannten wir die Marketenderin, und was bei dieser das Fouragemagazin hieß, lasse ich erraten; Rurus Geschrei ward Alarmsignal geheißen, und was »Ruru sitzt auf dem Exerzierplatz« bedeutete, lasse ich abermals erraten sein.
    Am 1. April, als am dritten Monatstage seiner Geburt (nur die Jahrestage zu feiern hätte zu gar zu seltenen Festen Anlaß gegeben), rückte Ruru vom Gefreiten zum Korporal vor. An jenem Tage geschah aber auch etwas Düsteres; etwas, was mir das Herz schwer machte und mich veranlaßte, es in den roten Heften auszuschütten.
    Schon längere Zeit war am politischen Horizont der gewisse »schwarze Punkt« sichtbar, über dessen mögliches Anwachsen von allen Zeitungen und allen Salongesprächen die lebhaftesten Kommentare geliefert wurden. Ich hatte bis jetzt nicht darauf geachtet. Wenn mein Mann und mein Vater und deren militärische Freunde auch öfters vor mir gesagt hatten: »Mit Italien setzt es nächstens etwas ab«, so war das an meinem Verständnis abgeprallt. Mich um Politik zu kümmern, hatte ich gerade Zeit und Lust! Da mochte um mich herum noch so eifrig über das Verhältnis Sardiniens zu Österreich, oder über das Verhalten Napoleons III. debattiert werden, dessen Hilfe Cavour durch die Teilnahme am Krimkriege sich zugesichert hatte: da mochte man immerhin von der Spannung reden, welche zwischen uns und den italienischen Nachbarn durch diese Allianz hervorgerufen worden – das beachtete ich nicht. Aber an jenem 1. April sagte mir

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