Die Waffen nieder!
Nach der gewaltsamen Störung dieses organischen Lebensvorgangs werden Jahrzehnte kaum heilen, was dies eine bluttriefende Jahr zerriß.
»Die Waffen nieder« – so erschütternd der Inhalt des Suttner'schen Romans an Einzelschicksalen ist, als Spiegelung von Weltenschicksalen erscheint er ein kleiner Ausschnitt, gemessen an den gigantischen Kämpfen, deren Zeugen wir sind. Fast verschwindend sind in diesem Krieg Aller gegen Alle die Oasen in der Höllenglut.
Und doch wissen wir, heute schon, inmitten des brodelnden Hexenkessels, daß Frieden kommen muß , daß die Völker, die sich heute vernichten, sich einmal wieder die versöhnende Hand reichen werden, weil sie nicht leben können ohne einander – ,und eben darum erscheint dies Ringen um so tragischer. Wir wissen auch, daß der Tag kommen wird, wo der grundlose Haß gegen alle Erfolge des Deutschtums, der eigentliche, wenn auch natürlich nicht der politisch-offizielle Anlaß dieses Krieges, einmal schweigen wird – vor der unerschütterlichen Pflichterfüllung, dem Fleiß, der Redlichkeit und Tüchtigkeit deutscher Arbeit, die man nicht hindern wird, sich auf der Welt auszubreiten, trotz alledem. Dann wird der Tag gekommen sein, die Fäden des Gespinstes der Völkerverbrüderung, das sich noch als zu fein und schwach erwies, um diesmal stand zu halten, wieder anzuknüpfen und zu festigen. Die unsäglichen Opfer dieses Krieges werden der Kulturwelt aufs Neue die Worte auf die Lippen legen: »Die Waffen nieder!«– und vielleicht werden sie das Ohr einer durch Leiden und Entbehrungen reifer gewordenen Menschheit finden!
Berlin-Westend, November 1914.
Adele Schreiber.
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