Die Wanderapothekerin: Alle Teile des Serials in einem Band (German Edition)
eine erkleckliche Summe.
»Klara hat übrigens auch so einiges an Geld gesammelt«, fuhr Tobias lächelnd fort. »So wurde sie von der Gräfin Waldstein für ihre Mithilfe bei der Geburt ihres Sohnes belohnt und erhielt auch noch eine Entschädigung von Graf Bruno von Güssberg, dessen Land aus gewissen Gründen, für die Klara nichts kann, von unseren Wanderapothekern nicht mehr betreten werden darf. Ich habe bereits den Weg darum herum erkundet und die entsprechenden Privilegien erhalten.«
»Klara hat also einiges an Geld mitgebracht und zudem ein Anrecht auf einen Teil dieses Goldes?« Rumold Justs Stimme klang scharf, doch Tobias antwortete lächelnd.
»So ist es!«
In dem Augenblick holte sein Vater aus und versetzte ihm eine Ohrfeige, die es in sich hatte.
»Die hast du dir verdient!«, rief sein Vater grollend. »Wenn du uns von dem Gold berichtet hättest, hätten wir Klara freudigen Herzens in unsere Arme genommen. Aber du Lümmel musstest uns zum Narren halten und so tun, als wolltest du ein bitterarmes Mädchen heiraten.«
Auch Klara wirkte im Augenblick zornig, und für einen Augenblick sah es so aus, als wolle auch sie zuschlagen. Dann aber ließ sie die rechte Hand sinken und funkelte Tobias an. »Gerold und du, ihr habt mich gewaltig an der Nase herumgeführt! Du wusstest von dem Gold und auch, dass dein Vater dir die Heirat mit mir erlauben würde, sobald er davon erfährt. Und ich habe so sehr gebangt, er könnte zornig werden und seine Hand von dir abziehen!«
»Das hätte ich nie getan!«, rief Just und schlang einen Arm um Klara. »Immerhin habe ich dich auch ohne dieses Gold akzeptiert. Vergiss das nicht!«
»Das vergesse ich auch nicht!«, antwortete Klara und küsste ihn auf die Wange. Tobias’ Mutter erhielt ebenfalls einen Kuss, und dann drehte sie sich zu Tobias um und schüttelte den Kopf. »Hätte dein Vater dir keine Ohrfeige gegeben, würde ich es tun! So aber …«
»… wirst du mich küssen!«, fiel Tobias ihr ins Wort und zog sie an sich.
Die Thüringer Wanderapotheker
J ahrhundertelang wurde der Handel in Gegenden, in denen es keine Märkte gab oder in denen es sich nicht lohnte, Fuhrwerke hinzuschicken, durch wandernde Händler betrieben. Manche davon besaßen einen von Ziegen oder Hunden gezogenen Karren, die meisten aber trugen ihre Waren in Körben oder Traggestellen auf dem Rücken. Dazu gehörten auch jene Wanderhändler aus Gegenden, in denen der Boden zu karg war, um seine Bewohner zu ernähren. Dies mochte schlichter Kramhandel sein, der die Menschen mehr schlecht als recht ernährte, oder aber Handel mit speziellen Produkten einer Region, die es anderswo nicht gab.
Eine dieser Gegenden war das Thüringer Schiefergebirge, das damals zum größten Teil unter der Herrschaft der beiden Grafschaften und späteren Fürstentümer Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt stand. Dort wurden viele Versuche unternommen, ausreichend Gewerbe für die Bevölkerung anzusiedeln, wie Glashütten, Metallschmelzen und Ähnliches. Ein besonders wichtiges Gut waren die Heilpflanzen, die in dieser Gegend so zahlreich wie nur an wenigen anderen Plätzen Deutschlands wuchsen.
Schon im Mittelalter wurden dort Heilpflanzen gesammelt, getrocknet und zu Märkten und Apothekern gebracht, die sie als Basis für ihre Arzneien verwendeten. Während die Frauen und Kinder im Sommer und Herbst die Pflanzen sammelten, trugen die Männer sie über weite Strecken zu ihren Kunden. Schon bald nahmen sie nicht nur die reinen Pflanzen, sondern auch die ersten nach traditionellen Rezepten hergestellten Hausmittel mit auf die Reise und verkauften diese unterwegs.
Der Dreißigjährige Krieg brachte das Wandergewerbe fast zum Erliegen, und es dauerte danach noch etliche Jahre, bis sich die ersten Wanderhändler erneut mit ihren Kräutern und einfachen Arzneien auf den Weg machten. Einen großen Anteil am Aufschwung des Arzneihandels hatte Johann Matthias Mylius aus Oberweißbach, der in der Apotheke von Großbreitenbach neue Rezepturen entwickelte und unterschiedlichste Arzneien herstellte. Er gilt als der erste Laborant in dieser Gegend. Um seine Arzneien an den Mann zu bringen, stellte er bis zu dreißig Wanderapotheker ein, die auf festen Strecken durch das Land zogen. Dafür benötigten sie sowohl die Erlaubnis des Landesherrn wie auch das Privileg, in den entsprechenden Gebieten Handel treiben zu dürfen.
Mylius fand bald etliche Nachahmer, und so erfuhr der Wanderhandel mit
Weitere Kostenlose Bücher