Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
Vom Netzwerk:
Geldscheine auf seinem Sitz. Er nahm sie, faltete sie in der Mitte und steckte sie in den leeren Aschenbecher über dem Schalthebel.
    »Ich will nicht, dass Sie bezahlen, Thomas«, sagte sie.
    »Ich weiß«, antwortete er. »Aber ich hoffe, Sie können mit der Tatsache leben, dass ich beabsichtige, es trotzdem zu tun.«
    Sie startete den Motor und fuhr zurück auf die Straße. Eine Zeit lang saßen sie schweigend nebeneinander, während die Landschaft draußen vorüberflog und der Abend sich wie ein fallender Schleier herabsenkte.
    Schließlich stellte er die einzige Frage, die die Mühe wert schien. Es war die einzige Bitte, die sie ihm zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht nicht abschlagen würde. Er hatte schon einmal gefragt und einen Korb kassiert, aber er hatte das Gefühl, dass sie es sich dieses Mal vielleicht überlegen würde, selbst wenn er nicht hätte sagen können, wieso. Sie rumpelten über den Parkplatz des Salthouse Inn, wo sie ihren Tag begonnen hatten, als er ein letztes Mal das Wort ergriff: »Wollen Sie mich nicht Tommy nennen?«
    »Ich glaube nicht, dass ich das kann«, erwiderte sie.
    Er war nicht besonders hungrig, aber er wusste, er musste essen. Essen hieß leben, und es hatte den Anschein, als sei er dazu verdammt weiterzuleben, zumindest fürs Erste. Nachdem er Daidre nachgeblickt hatte, als sie davonfuhr, hatte er das Salthouse Inn betreten und war zu dem Schluss gekommen, dass er zwar dem Restaurant noch nicht gewachsen war, einem Snack an der Bar jedoch ins Auge sehen konnte. Er trat durch die niedrige Tür und stellte fest, dass Barbara Havers die gleiche Idee gehabt hatte. Sie saß in der ansonsten verwaisten Kaminecke, während die übrigen Gäste sich um die verschrammten Tische und die Theke scharten, hinter der Brian das Bier zapfte.
    Lynley trat zu ihr, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ihr gegenüber. Sie blickte von ihrem Teller auf. Shepherd's Pie, erkannte er. Mit den obligatorischen Beilagen aus gekochten Möhren, Blumenkohl, Brokkoli, Dosenerbsen und Pommes frites. Sie hatte alles mit Ketchup ertränkt bis auf die Möhren und die Erbsen. Die hatte sie beiseitegeschoben.
    »Hat Ihre Mum Sie nicht dazu erzogen, Ihr Gemüse aufzuessen?«, fragte er.
    »Das ist das Wunderbare daran, erwachsen zu sein«, gab sie zurück und häufte sich etwas von der Kartoffel- und Hackfleischfüllung auf die Gabel. »Man kann bestimmte Lebensmittel ein für alle Mal von seinem Speiseplan streichen.« Sie kaute versonnen und betrachtete ihn. »Und?«, fragte sie.
    Er begann zu erzählen, und je länger er sprach, umso deutlicher ging ihm auf, dass er unbewusst und ungewollt einen neuen Abschnitt der Reise begonnen hatte, auf der er sich befand. Noch vor einer Woche hätte er überhaupt nicht geredet. Oder falls doch, dann hätte er versucht, die Konversation so knapp wie möglich zu halten.
    »Ich konnte ihr einfach nicht klar machen«, schloss er, »dass diese Dinge … die Vergangenheit, ihre Familie oder zumindest die Leute, die ihre Erzeuger waren … dass es im Grunde alles keine Rolle spielt.«
    »Natürlich nicht«, gab Havers leutselig zurück. »Absolut und ganz und gar nicht. Nie und nimmer. Und schon gar nicht für einen, der das nie erleben musste, Sir.«
    »Havers, wir alle haben gewisse Dinge in unserer Vergangenheit …«
    »Stimmt.« Sie spießte ein ketchupgetränktes Brokkoliröschen auf und entfernte sorgfältig eine Erbse, die sich hineingemogelt hatte. »Nur gehören gewisse goldene Löffel nicht zu unser aller Vergangenheit, wenn Sie wissen, was ich meine. Und wie heißen diese riesigen Dinger, die Leute wie Sie mitten auf dem Esstisch stehen haben? Sie wissen schon: ganz aus Silber und Tierfigürchen rundherum. Oder Weinranken mit Trauben. Oder weiß der Geier.«
    »Tafelaufsatz«, antwortete er. »Man nennt es Tafelaufsatz. Aber Sie können doch unmöglich glauben, dass etwas so Bedeutungsloses wie ein Silberschmuck …«
    »Nicht der Silberschmuck. Das Wort. Verstehen Sie? Sie wissen, wie es heißt. Glauben Sie, sie weiß es? Oder der Rest der Welt?«
    »Darum geht es ja wohl nicht.«
    »Doch, genau darum geht es. Es gibt Orte, die der Pöbel niemals zu Gesicht bekommen wird, und Ihr Speisezimmer zählt dazu.«
    »Sie haben selbst schon darin gegessen.«
    »Ich bin die Ausnahme. Menschen wie Sie finden meine Unwissenheit amüsant. ›Sie kann ja nichts dafür‹, denken Sie. ›Man muss bedenken, woher sie stammt‹, sagen Sie zu Ihresgleichen. Fast so, wie man

Weitere Kostenlose Bücher