Drahtzieher - Knobels siebter Fall
doch gar nicht sein«, freute sie sich. »Ich brauche gewiss keine Spürnase, die dumpf irgendwelche Suchaufträge abarbeitet. Mir kann nur jemand helfen, der mit Geduld und Geschick Antworten auf die ungeklärten Fragen findet. Und ich garantiere, diese Dienste gut zu bezahlen.«
Im Gegensatz zu einigen seiner Mandanten, denen Stephan gleichlautende Beteuerungen häufig zu recht nicht traute, glaubte er Anne van Eyck unbesehen. Der Fall war interessant – und Stephan war sich sicher, dass Anne van Eyck in der Tat nichts anderes wollte, als jene Rätsel gelöst zu wissen, die die Staatsanwaltschaft auf sich beruhen lassen konnte, weil sie für die formale rechtliche Prüfung des Todes der Schwester nicht erheblich erschienen. Der Umstand, dass Lieke im angetrunkenen Zustand die Gewalt über ihr Fahrzeug verloren hatte und in den Tod gefahren war, bedurfte keiner weiteren Überprüfungen, weil es keinerlei Hinweise auf Fremdverschulden gab. Stephan würde die entsprechenden Ermittlungsakten einsehen, aber es stand zu vermuten, dass die Behörden ordentlich gearbeitet hatten. Gleiches würde wahrscheinlich für die Untersuchung des Einbruchs in Liekes Wohnung gelten. Anne van Eyck ging es offensichtlich darum, Erklärungen zu finden, die in der juristischen Bewertung bislang keine Rolle spielten, und Stephan war sich sicher, dass sie mit jeder Antwort würde leben können, wenn nur eine intensive Recherche betrieben würde, die sie in eigener Person nicht leisten und von der Staatsanwaltschaft nicht erwarten konnte.
»Sie wissen, dass mir und Marie keine weiteren Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen als jeder anderen Privatperson auch«, gab Stephan zu bedenken. »Wir haben nicht die Instrumente und rechtlichen Befugnisse, die die Strafverfolgungsbehörde hat.«
»Ich weiß«, nickte sie. »Aber Sie wissen wahrscheinlich auch, dass es auf diese Instrumente gar nicht ankommen wird. Ich bin mir sicher, dass Sie die Wahrheit ohne irgendeinen Fahndungsapparat finden werden. – Und um Ihre Frage vollständig zu beantworten, Herr Knobel: Ich bin auf Sie gekommen, weil Sie nach meiner Recherche weit und breit der einzige Anwalt sind, dessen Kanzleiprofil für meine Zwecke geeignet erscheint. Ich will keine größere Kanzlei, die mit irgendwelchen Detekteien zusammenarbeitet und die mir gegen stattliches Honorar am Ende lediglich eine schnöde Bestätigung dessen bietet, was ich ohnehin schon weiß. Meine bisherigen Erfahrungen sind nicht gut. Ich dachte zunächst, dass ich mit einer namhaften Großkanzlei am besten bedient wäre. Aber das Gegenteil ist der Fall. Dort hat man, als ich mein Anliegen vortrug, lediglich bedauernd mit den Schultern gezuckt und mir mit warmen Worten zu vermitteln versucht, dass ich lernen solle, den schmerzlichen Verlust meiner Schwester zu akzeptieren und die Feststellungen der Staatsanwaltschaft als abschließend zu betrachten. Da war kein Interesse, erst recht kein Engagement, zumal man mir nahelegte, dass ich mit meinen Fragen bei einem Anwalt doch eher falsch aufgehoben sei. – Aber ich sehe das anders«, betonte sie. »Es geht auch um die rechtliche Bewertung, denn ich möchte die Ergebnisse der Recherche juristisch einzuordnen wissen, insbesondere dann, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass meine Schwester umgebracht wurde und es um eine Wiederaufnahme der Ermittlungen geht. Verstehen Sie, Herr Knobel, das bin ich meiner Schwester schuldig.«
Stephan nickte.
»Als Unternehmensberaterin habe ich eine Nase dafür, was Menschen leisten können und was sie leisten wollen«, fuhr sie fort. »Über Sie habe ich in Erfahrung gebracht, dass Sie der namhaften Kanzlei Hübenthal und Löffke den Rücken gekehrt und sich selbstständig gemacht haben, obwohl Sie Partner dieser Sozietät waren. Das ist ein mutiger Schritt, und das zeigt mir auch ohne Kenntnis Ihrer damaligen Beweggründe, dass Sie unbequeme Wege gehen und Verantwortung annehmen können. Oder täusche ich mich?«
Er lächelte. »Welche Antwort erwarten Sie auf diese Frage, Frau van Eyck?«
»Selbstverständlich Ihre Bestätigung!«, lachte sie. »Nein, ganz ernsthaft: Ich habe bei Ihnen ein gutes Gefühl, und es würde mich freuen, wenn Sie sich meiner Sache annehmen. Ich fordere nur Ihr Bemühen ein und den Ernst, sich bei Ihrer Tätigkeit meiner Schwester verpflichtet zu fühlen, die Sie, wenn Sie sie jemals kennengelernt hätten, gemocht hätten. Dessen bin ich mir sicher. – 250 Euro für jede angefangene
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