Der Hauptdarsteller (German Edition)
Kapitel 1
Das war es also gewesen. Traurig saß ich mit meiner Anwältin in dem kleinen Café direkt neben dem Gerichtsgebäude, in dem ich zuvor innerhalb von fünfzehn Minuten geschieden worden war. Sie schaute auf die Uhr und ich wusste, dass sie mich gleich alleine lassen würde. Sanft drückte sie meine Hand zum Abschied, stand auf und ging. Ich blieb noch eine kleine Weile sitzen, wo sollte ich auch hin? Die gemeinsame Wohnung meines ExMannes, Mark, musste ich innerhalb von zwei Wochen räumen und dann war ich so gesehen eine Obdachlose. Meine Eltern würden mich aber sicherlich wieder für eine Weile bei sich einziehen lassen. Zumindest so lange, bis ich wieder einen Job hatte. Den hatte ich zu allem Überfluss auch noch vor Kurzem verloren. Aber dies war abzusehen, denn ich war als
Sachbearbeiterin in der Firma von Mark und seinem Vater beschäftigt gewesen.
Wenn ich nun so zurückblickte, war ich doch sehr dumm gewesen, mich so abhängig von ihm zu machen. Entschlossen rührte ich in meinem Cappuccino und versprach mir selbst, mich nie wieder so abhängig von einem Mann zu machen. Aber vorerst hatte ich erst einmal gestrichen die Nase voll von Männern. Ich trank die Tasse aus und fasste mir ein bisschen Mut, bezahlte und ging hinaus ins verregnete Städtchen. Mit der Straßenbahn fuhr ich zu der Wohnung, die nicht mehr lange mein Zuhause sein würde. Insgeheim hoffte ich, Mark noch einmal anzutreffen, nur um ihm sagen zu können, wie wenig ich von ihm hielt. Aber es war schon besser so, dass er nicht da war, als ich die Tür aufschloss. Irgendwie kam mir die Wohnung nun viel kleiner vor und ich spürte, dass es gut war auch sie hinter mir zu lassen. Was hatte ich mir auch nur dabei gedacht, einzuwilligen, dass die Wohnung nur auf Marks Namen geschrieben wurde? Auf so etwas würde ich mich nie wieder einlassen. Schließlich war ich auch an den Ratenzahlungen beteiligt gewesen. Aus Fehlern lernt man, hoffentlich.
An der Wand im Wohnzimmer hingen Bilder von Marks und meiner Hochzeit, im Mai vor vier Jahren, damals glaubte ich noch an die große Liebe und nicht, dass er zwei Jahre später, eine Affäre mit der netten Kollegin von der Buchhaltung anfangen wird. Klar habe ich die Zeichen erkannt, aber ich wollte sie nicht wahr haben. Es war zu schmerzhaft. Ich ging ins Schlafzimmer und dort packte mich die Wut, denn ich wusste genau, dass die beiden sich in unserem Ehebett vergnügt hatten, immer donnerstags abends, wenn ich beim Yoga war. Auch das hatte er mir vorgeschlagen: “Mach doch Yoga, das tut dir gut. Da bekommst du ein bisschen Abwechslung und kannst mal abschalten vom stressigen Alltag.” So ein Idiot! Nein, ich war auch ein Idiot gewesen, wieso bin ich nicht früher darauf gekommen? Da ich die beiden vor einem Jahr inflagranti abends im Kopierzimmer der Firma entdeckte, war leugnen zwecklos. Er zog auch gleich anstandslos aus, vermutlich zu ihr, zu dieser Schlampe, Eileen, aber jetzt bestand er darauf, dass er die Wohnung zurückbekam. Aber das würde mich nicht weiter ärgern, schließlich verband ich nun mit diesen Räumen nur noch schlechte Erinnerungen auch wenn wir sicherlich ein paar schöne Erlebnisse hatten, aber die hatte ich bereits komplett aus meinen Gedanken gestrichen.
Kurz nach der Trennung war ich noch optimistisch gewesen, weiter in der Firma arbeiten zu können. Immerhin meinte sein Vater, Michael, dass er es beschämend von seinem Sohn fand, so ein Verhalten an den Tag zu legen und er würde sich für mich einsetzen, dass ich weiterhin in der Firma arbeiten könnte. Vielleicht nicht mehr so nah bei Mark. Wie es immer so ist, kam am Ende alles anders. Marks Schlampe wurde zur Assistentin der Geschäftsführung befördert und mich hatte man zuerst zum Postverteilen degradiert, was nicht gerade schön war, denn ich musste diesen zwei Turteltauben jeden Tag die Post bringen. Vor drei Wochen erhielt ich dann meine Kündigung von Michael mit den Worten: “Das ist nichts für dich Kindchen. Such dir etwas kreativeres. Du hast doch immer so gerne Theater gespielt. Mit deinem Aussehen hast du sicherlich viele Chancen auf ein Job am Theater.” Er hatte Recht, ich spielte gerne Theater, aber mit einer Laienschauspielgruppe, damit verdient man kein Geld. Was der Spruch mit meinem Aussehen zu tun hatte, verstand ich nicht so ganz. Ohne eingebildet zu wirken musste ich zugeben, dass ich schon ein gepflegtes Äußeres hatte. Ich war für eine Frau mit 1,70 m recht groß, war nicht zu dünn
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